2. Handball-Bundesliga TSV Bayer Dormagen präsentiert sich zu schwankend

Dormagen · Auch unter Neu-Trainer Matthias Flohr steht die Abwehr der Dormagener Zweitliga-Handballer stabil, während der Angriff zu viele Chancen liegenlässt. Im ersten Saisonabschnitt mangelte es teils an Emotionalität, der Sieg gegen Nordhorn lässt aber hoffen.

Sören Steinhaus hat sich in der Hinrunde zu einem ganz wichtigen Spieler im Kader des Handball-Zweitligisten TSV Bayer Dormagen entwickelt.

Sören Steinhaus hat sich in der Hinrunde zu einem ganz wichtigen Spieler im Kader des Handball-Zweitligisten TSV Bayer Dormagen entwickelt.

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

So eng die Leistungsdichte in der 2. Handball-Bundesliga im ersten Saisonabschnitt beisammen lag, so gering war bei der Mannschaft des TSV Bayer Dormagen auch der Unterschied zwischen einem guten und einem miesen Gefühl beim Gang in die WM-Pause. Hätten die Dormagener nach dem ganz schwachen Derbyauftritt bei der Niederlage in Essen am zweiten Weihnachtstag auch das Heimspiel gegen Nordhorn-Lingen verloren, hätte wohl der Haussegen ziemlich schief gehangen am Höhenberg. TSV-Manager Björn Barthel hatte im Vorfeld des Jahresfinales deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er alles in allem insbesondere mit dem emotionalen Auftreten der Mannschaft seit Saisonbeginn überhaupt nicht zufrieden war.

Auch ein Grund dafür, wieso der TSV mit gerade einmal drei Punkten mehr (den für die Tabelle irrelevanten Sieg gegen Zaporozhye abgezogen) als zum gleichen Zeitpunkt der katastrophalen Vorsaison noch gefährlich nah an der Abstiegszone stand. Dann gelang aber ausgerechnet mit einem durch Verletzungen und Erkrankungen extrem ausgedünnten Kader eine bärenstarke Vorstellung gegen den Aufstiegskandidaten Nordhorn. Mit dem Sieg (29:25) gestaltet sich für die Dormagener nicht nur der Blick auf die Tabelle deutlich angenehmer, während der Partie sprang auch endlich mal der Funke auf die Zuschauer über. Ein Ereignis, von dem sich Rückraumspieler Ian Hüter sogar Schwung für seine WM-Auftritte mit den USA erhofft: „Das hat gezeigt, was auch als Außenseiter möglich ist, wenn man als Mannschaft zusammensteht und alles in die Waagschale wirft.“ Björn Barthel wird hoffen, dass der letzte Auftritt des Jahres beim Publikum in den Köpfen bleibt und im neuen Jahr ab dem ersten Heimspiel am 28. Januar gegen die Gastmannschaft von Zaporozhye der Zuschauerschnitt nach oben geht. Denn in dieser Statistik rangiert Bayer mal wieder ganz weit hinten, was nach den zwei ganzen schweren Spielzeiten im Zeichen der Corona-Pandemie mit Blick auf die Finanzen und die Attraktivität für Sponsoren alles andere als ein gutes Zeichen ist.

Eine weitere Statistik, in der die Dormagener ganz weit hinten stehen, ist die der Angriffsleistung gemessen an den erzielten Toren. Womit sie eine der größten Schwächen der Vorsaison, die fast im Abstieg geendet wäre, unter dem neuen Trainer Matthias Flohr fortgesetzt haben. War der TSV im Sommer mit 24,93 Tore pro Spiel das schlechteste Zweitligateam, so geht der Trend in dieser Spielzeit zwar leicht nach oben, doch aktuell ist er nach 17 Partien mit 459 Treffern absolut wieder der Besitzer der ungeliebten Roten Laterne, wobei Nordhorn bei einem Spiel mehr mit einem Schnitt von 26,22 im Vergleich zu 26,41 Toren sogar noch einen Hauch schlechter ist.

Die Gründe für die Offensivschwäche sind vielschichtig. Im Gegensatz zur Schlussphase der Vorsaison präsentiert sich die Mannschaft unter Matthias Flohr viel zu schwankend in ihren Leistungen. Der Trainer betont zwar immer wieder zu Recht, dass ein Handballspiel sich in Wellen abspielt, er hat aber auch erkannt, dass die Ausschläge nach unten oftmals zu lange dauern, was viele Punkte gekostet hat. Dabei erspielen sich die Dormagener viele gute Chancen, lassen aber auch viel zu viele klarste Möglichkeiten liegen. Hinzu kommt eine zu hohe Zahl an technischen Fehlern und in entscheidenden Phasen ein Mangel an Cleverness.

Wobei die fehlende Cleverness auch damit zusammenhängen wird, dass der TSV generell über eine sehr junge Mannschaft verfügt. Eine erneut erschreckend hohe Zahl an Ausfällen, darunter in Ole Klimpke, Artur Karvastki und André Meuser auch einige Dauerverletzte, aber auch große Formschwankungen bei den etablierten Akteuren haben dazu geführt, dass die jungen Spieler schon mehr Verantwortung übernehmen mussten, als den Verantwortlichen lieb gewesen sein dürfte. So musste nach dem Ausfall des kompletten rechten Rückraums etwa Ian Hüter ganz oft eine Position nach rechts rücken und sich der erst im Dezember 19 gewordene Sören Steinhaus auf der Mitte beweisen. Das machte der Youngster allerdings richtig gut, er hat den nächsten Entwicklungssprung vollzogen. Generell hat der TSV in der personell angespannten Lage von dem großen Potenzial im eigenen Nachwuchs profitiert.

Dass die Dormagener trotz der Fortsetzung ihrer Angriffsschwäche einen gewissen Abstand zur Abstiegszone haben, liegt daran, dass sie auch ihre gute Abwehrarbeit weitergeführt haben, sich unter Matthias Flohr sogar noch leicht verbessert haben. Kassierten sie in der vorigen Saison noch im Schnitt 26,73 Gegentore pro Spiel bei 38 Partien, sind des aktuell nach 17 Spieltagen 26,41. Nur Eisenach, Nordhorn und Essen sind da aktuell besser. Es ist davon auszugehen, dass Flohr, der zu seiner aktiven Zeit unter anderem für sein aggressives Abwehrspiel bekannt war, es im zweiten Saisonabschnitt hinbekommt, diesen Trend fortzusetzen oder sogar noch eine Verbesserung hinzubekommen. Und wenn es dann noch gelingt, die Offensive treffsicherer zu machen, stehen die Chancen gut, die Weichen zeitig Richtung Klassenverbleib stellen zu können. Wobei es sicher helfen wird, wenn die Langzeitverletzten nach und nach in den Kader zurückkehren.

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