Handball Neusser singen: "Nie mehr Oberliga"

Neuss · In einem Herzschlagfinale hat der Neusser HV den Aufstieg in die Dritte Handball-Liga unter Dach und Fach gebracht: Gegner HSG Rheinbach-Wormersdorf fehlte bei seinem 22:20-Sieg im Relegations-Rückspiel ein einziges (Auswärts-)Tor.

 Als hätten sie's gewusst: "Der NHV rangelt sich in Liga 3", stand auf dem Aufstiegsplakat der Neusser Handballer zu lesen – und genau so schaffte der Meister der Oberliga Niederrhein auch den Sprung in die Dritte Liga. Denn die Schlussphase des Relegations-Rückspiels war Überlebenskampf pur, am Ende ein erfolgreicher.

Als hätten sie's gewusst: "Der NHV rangelt sich in Liga 3", stand auf dem Aufstiegsplakat der Neusser Handballer zu lesen – und genau so schaffte der Meister der Oberliga Niederrhein auch den Sprung in die Dritte Liga. Denn die Schlussphase des Relegations-Rückspiels war Überlebenskampf pur, am Ende ein erfolgreicher.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Es gibt Meister der Herzen. Seit Samstagabend gibt es auch einen Meister der Herzinfarkte. Denn vor 800 Zuschauern in der restlos ausverkauften Hammfeldhalle machten es die Handballer des Neusser HV höllisch knapp in Sachen Drittliga-Aufstieg: Nach der 20:22-Niederlage (Halbzeit 10:6) im Relegationsrückspiel gegen die HSG Rheinbach-Wormersdorf entschied nur die höhere Anzahl der erzielten Auswärtstore — das Hinspiel hatte der NHV mit 23:21 gewonnen — zugunsten des Meisters der Oberliga Niederrhein.

"Eine Minute länger und wir wären 'raus gewesen", gab René Witte nach den sechzig überaus dramatischen Minuten unumwunden zu. Der Trainer des Neusser HV musste mehr oder minder machtlos mit ansehen, wie seine Schützlinge innerhalb von dreißig Minuten den Lohn einer grandiosen Saison zu verspielen schienen.

Gegen im ersten Durchgang klar unterlegene Gäste schmolz der zwischenzeitliche Fünf-Tore-Vorsprung (10:5, 24.) dahin wie Schneereste in der Frühlingssonne. Halbzeit-übergreifende 16 (!) Spielminuten blieben die Hausherren ohne eigenen Treffer, weil vor allem Mittelmann Simon Schlösser seine Nerven nicht in den Griff bekam und die Versuche, ihn zu ersetzen, nicht fruchteten: "Die Alternativen haben nicht gegriffen", sah Witte als spielentscheidend an, der zunächst mit Max Murawski, dann mit Jens Todtenhöfer versuchte, das Neusser Angriffsspiel neu zu beleben.

Vergebens. Rheinbach hatte acht Minuten nach der Pause erstmals seit 1:1 wieder ausgeglichen. Und als Dominik Gunkel die Gäste beim 12:11 (43.) zum ersten Mal an diesem Abend in Front warf, hatte nicht nur CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe auf der Tribüne Schweiß auf der Stirn stehen. Die Neusser, in Halbzeit eins mit einer beeindruckenden Abwehrleistung scheinbar auf der Siegerstraße, kämpften ums schiere Überleben.

Doch selbst eine Rote Karte für den hart gegen Todtenhöfer einsteigenden Gunkel (45.) brachte den Gästeexpress nicht aus der Spur. HSG-Trainer Dietmar Schwolow setzte alles auf eine Karte, verordnete sechs Minuten vor Schluss bei eigener 17:16-Führung eine offene Manndeckung übers ganze Feld. Doch diesmal stellten sich die Neusser dagegen ein wenig cleverer an als im Hinspiel, schafften wenigstens immer wieder den Gleichstand. Als aber Kim Neuenhofen 98 Sekunden vor dem Schlusspfiff ebenfalls "Rot" sah, Philipp Schwarz die Gäste wenig später auf 20:19 und Mike Ribbe 40 Sekunden vor Schluss sogar auf 21:19 davonziehen ließ, schien der Aufstiegstraum zum Trauma zu werden für die Hausherren.

Doch ausgerechnet Simon Schlösser warf den NHV zehn Sekunden vor Spielende in die Dritte Liga — Ribbes finaler Treffer war genau ein (Auswärts-)Tor zu wenig für die Rheinbacher. Die mit dem Schlusspfiff wussten, was ihnen die Stunde geschlagen hatte — während die Neusser erst einmal ungläubig zur Anzeigetafel schauten. Es dauerte eine halbe Minute, bis auch der letzte begriffen hatte, dass das 20:22, die erste Heimniederlage seit November 2012, den Aufstieg bedeutete.

Danach freilich gab es kein Halten mehr. "Das war die schönste Niederlage, die ich je kassiert habe", bekannte Kapitän Jens Todtenhöfer, bevor er sich mit Teamkollegen, Verantwortlichen und Fans dem Feiern ergab — erst im Hammfeld, später im Drusushof, wo die Mannschaft beim Anschneiden der Aufstiegstorte sich dann auch gesanglich als meisterschaftswürdig entpuppte: "Nie mehr Oberliga, nie mehr, nie mehr" wurde zum Ohrwurm der (langen) Nacht.

(NGZ)
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