Streik in Remscheid 160 Busfahrer stellen die Arbeit ein

Remscheid · Am Dienstag streiken in Remscheid die Busfahrer. Das Einstiegsgehalt von 1500 Euro netto für einen Ledigen sei nicht weiter akzeptabel, sagen die Gewerkschafter.

 Streikposten stehen an der Wagenhalle.

Streikposten stehen an der Wagenhalle.

Foto: Christian Peiseler

Auf dem Hof der Stadtwerke an der Neuenkamper Straßen standen alle Räder still. Hinter den Scheiben der geschlossenen Tore reihte sich die Busflotte Wagen für Wagen auf. Nur in dem Erfrischungsraum der Busfahrer brannte Licht. 160 Fahrer beschäftigen die Stadtwerke. Statt hinterm Steuer zu sitzen, trugen sich die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter in Listen ein, um ihr Streikgeld zu bekommen. Anschließend ging es wieder nach Hause. Nur eine Handvoll Streikposten hielt auf dem weiträumigen Gelände Wache.

Unter ihnen auch Benjamin Ibach. Der 43-Jährige macht deutlich, wie ernst es den Beschäftigten ist. Es geht um angemessenen Lohn für verantwortungsvolle Arbeit. Dabei kommt er immer wieder auf das Einstiegsgehalt eines Busfahrers zu sprechen. Ibach rechnet vor: Mit Steuerklasse eins bekommt er am Ende des Monats 1500 Euro netto aufs Konto überwiesen. „Wer will für dieses Geld die hohe Verantwortung als Busfahrer übernehmen?“, fragt Ibach. Ganz zu schweigen von der Aussichtslosigkeit, mit diesem Einkommen, auch wenn es bei Steuerklasse drei etwas höher wird, später mal eine Familie zu ernähren. Deshalb zeigen sich Ibach und seine Kollegen kampfbereit und erwarten von den nächsten Verhandlungen der Arbeitgeber in Düsseldorf, dass die Entgeldordnung angepasst wird. Ibach wird mit am Tisch sitzen. Er gehört zur Landestarifkommission von Verdi.

Wertschätzung der Arbeit drücke sich durch angemessene und gerechte Bezahlung aus. Ungerecht empfindet Ibach die Zweiklassengesellschaft innerhalb der Gruppe der Busfahrer. Die alten Hasen, die schon seit Jahrzehnten auf dem Bock sitzen, bekommen ein Gehalt, von dem die jungen Fahrer nur noch träumen können. „Ich habe niemals die Chance bei gleicher Arbeit und gleicher Lebensarbeitszeit später auf das Gehalt zu kommen, was die älteren Kollegen verdienen“, sagt Ibach. Die Gewerkschaften haben den Unterschied berechnet. In der Endstufe liegt er bei 602,43 Euro. Für die Streikenden eine nicht mehr zu akzeptierende Ungerechtigkeit. „Wir wollen Druck machen und endlich mal zum Zuge kommen“, sagt Benjamin Ibach.

Zu normalen Zeiten wären die Busfahrer mit ihren rot-weißen Verdi-Fahnen auf die Straße gegangen, um auch der Bevölkerung ihre Lage und Gründe zu erklären. In Corona-Zeiten zu demonstrieren, stelle alle vor Herausforderungen. Zumal Remscheid sich seit ein paar Tagen noch zu einem Risikogebiet entwickelt hat. Auf dem Gelände der Stadtwerke herrschen strenge Hygieneregeln. Selbst im Freien tragen alle Beschäftigten Masken. Auf Abstand wird peinlich geachtet. Nicht auszudenken, wenn sich plötzlich eine Gruppe von streikenden Fahrern mit dem Corona-Virus infizieren würde und der Fahrplan dadurch gefährdet sei.

Die Busfahrer kämpfen in diesem Herbst auf zwei Ebenen. Sie wollen einen einheitlichen Manteltarifvertrag, der in der gesamten Bundesrepublik gilt. Und eine Erhöhung der Entgeldordnung, die auf der Landesebene verhandelt wird. 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. „Das wird bestimmt nicht unser letzter Streik in diesem Jahr gewesen sein“, sagt Benjamin Ibach. Der nächste Verhandlungstermin in Düsseldorf ist für den 9. Oktober verabredet.

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