Bestattungen in Remscheid „Jeder hat eine Verabschiedung verdient“

Remscheid · Kerstin und Peter Hrabar, Inhaber von Bestattungen Ernst Roth, sprechen über Beerdigungen in Corona-Zeiten.

 Kerstin und Peter Hrabar, Inhaber von Ernst Roth Bestattungen, mit Azubi Merlin Hannes.

Kerstin und Peter Hrabar, Inhaber von Ernst Roth Bestattungen, mit Azubi Merlin Hannes.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Herr und Frau Hrabar, wie viele Trauergäste sind normalerweise bei einer Beerdigung?

Peter Hrabar Das lässt sich pauschal nicht sagen es ist abhängig vom Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis und variiert stark zwischen 0 bis über 100 Personen. Vor zwei Wochen hatten wir an mehreren Tagen Trauerfeiern mit mehr als 100 Personen.

Wie viele sind es momentan?

Peter Hrabar Aktuell, laut Anordnung der Stadt Remscheid, ist die Anzahl der Personen auf den engsten Familienkreis beschränkt, maximal jedoch zehn Personen, zusätzlich Pfarrer beziehungsweise Redner, Träger, Bestatter.

Inwiefern ändert das Ihre Arbeit?

Peter Hrabar Die Kapellen und Trauerhallen sind geschlossen, Trauerfeiern dürfen ausschließlich draußen gehalten werden. Wir sind dazu angehalten, darauf zu achten, dass sich tatsächlich nicht mehr Personen bei der Trauerfeier aufhalten und der Mindestabstand von 1,50 Meter gewahrt wird. Der Bundesverband der Bestatter empfiehlt uns Beratungsgespräche im eigenen Institut mit maximal zwei Personen zu führen und im Moment auf Hausbesuche zu verzichten, da dort die Hygienesituation nicht kontrolliert werden kann. Vorsorgegespräche führen wir zurzeit nur noch telefonisch.

Aber die Angehörigen reagieren entsprechend verständnisvoll auf die Einschränkungen?

Peter Hrabar Die wünschen sich natürlich auch etwas anderes. Bei einer von den Angehörigen und uns vor Corona geplanten Trauerfeier, für die bereits alle Einladungen verschickt wurden, sämtliche Termine standen, stellte sich die Situation schwierig dar, es musste improvisiert werden. Die Angehörigen hatten zu entscheiden, wer an der Trauerfeier teilnehmen darf und wer nicht. Das Reuessen musste abgesagt werden. Diese Situation war belastend für die Angehörigen, da sie mit vielen Trauergästen gerechnet hatten. Freunden und Bekannten wurde die Gelegenheit genommen, dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen und ihn zur Grabstätte zu begleiten, hinterher nochmal gemeinsam Erinnerungen auszutauschen, dies blieb nur dem engsten Familienkreis vorbehalten.

Kerstin Hrabar Die Angehörigen nehmen es unterschiedlich auf. Zu den meisten war es tatsächlich noch nicht vorgedrungen, dass Beisetzungen beziehungsweise Beerdigungen keine Ausnahmen darstellen und auch dort Beschränkungen gelten. Im ersten Moment sind sie konsterniert, letztendlich verstehen und akzeptieren sie die Situation. Gerade erst haben wir zum Beispiel bei wunderbarem Sonnenschein eine schöne Trauerfeier inklusive Dekoration und Orgelspiel draußen gehalten.

Kann man geplante Bestattungen nach hinten verschieben?

Peter Hrabar Bei einer Feuerbestattung ist die Urne sechs Wochen nach der Kremation beizusetzen, nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt ist eine Fristverlängerung möglich. Bei einer Erdbestattung haben wir eine Frist von zehn Tagen, bis der Sarg beigesetzt werden muss. Hier ist eine Fristverlängerung nur sehr begrenzt möglich.

Kann die Krise auch für Sie finanzielle Auswirkungen haben?

Kerstin Hrabar Das wird sich zeigen. Wenn die Menschen ihre Arbeit verlieren, ist eine Bestattung eine zusätzliche Belastung, die es zu stemmen gilt.

Ich habe gehört, dass die Särge von Verstorbenen, die an Corona erkrankt sind, speziell gekennzeichnet werden müssen. Was hat es damit auf sich?

Peter Hrabar An Covid-19 Verstorbene müssen gemäß dem Infektionsschutzgesetz behandelt werden. Dazu gehört unter anderem die spezielle Kennzeichnung des Sarges, um sofort zu signalisieren, hier sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, zum Beispiel für die Mitarbeiter des Friedhofes und des Krematoriums.

Kerstin Hrabar Der Verstorbene wird in zwei desinfektionsgetränkte Tücher gelegt, mit einem luftdichten Foliensarg verschlossen und anschließend in den eigentlichen Sarg gebettet.

Haben Sie ausreichend Desinfektionsmittel?

Peter Hrabar Ja, wir haben ausreichend Hilfsmittel gelagert, es ist aber schwierig, Mundschutz und Desinfektionsmittel nachzuordern. Das Bestatterhandwerk ist trotz seiner wichtigen Funktion aktuell noch nicht in allen Bundesländern als „systemrelevante“ Berufsgruppe anerkannt. Aus diesem Grund ist der Bundesverband der Bestatter mit allen betreffenden Landesministerien und dem Bundesgesundheitsministerium im intensiven Austausch, damit unser Handwerk auch bei der Beschaffung von Desinfektions- und Schutzmaterial in die weiteren Überlegungen und in die Verteilung einbezogen wird.

Sind Sie auf den Worst Case, also viele weitere Tote durch Covid-19, vorbereitet?

Peter Hrabar Im Grunde sind wir natürlich vorbereitet, was den eigentlichen Ablauf betrifft. Wir hoffen jedoch, in Remscheid nicht die Verhältnisse zu bekommen wie in Italien.

Was würde sich denn bei einer hohen Todesrate für Ihre Arbeit ändern?

Peter Hrabar Wie gesagt, wir sind vorbereitet. Der Sarglieferant hat uns zugesichert, dass es keinerlei Engpässe an Särgen gibt. Sollten sich tatsächlich über mehrere Wochen die Sterbefälle in Remscheid erheblich erhöhen, bedeutet das sicherlich für jeden Bestatter hier am Ort eine besondere Herausforderung und weniger Zeit für den einzelnen Angehörigen. Aber es ist immer wichtig, eine Verabschiedung zu haben. Die Menschen haben lange gelebt, haben Freunde, Bekannte, Familie. Sie alle haben eine Verabschiedung verdient. Das sollte auch ermöglicht werden.

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