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Klosterkirche Brodowy macht höheren Blödsinn zum Nachsinnen

Remscheid · Was ist ein „Chief director for a high level bullshit“? Diesen Posten hat sich der Musik-Kabarettist Matthias Brodowy selbst gegeben.

 Kabarettist Matthias Brodowy in Aktion.

Kabarettist Matthias Brodowy in Aktion.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Er ernannte sich zum Vertreter für gehobenen Blödsinn. Auf Englisch klingt es zwar weltgewandter, aber seine Gags zündete er in Deutsch.

In der Klosterkirche gab er eine beeindruckende Vorstellung seiner Profession. Sein Credo: „Wir sind eine Gesellschaft mit beschränkter Haltung.“ Natürlich sind immer die anderen die Haltungslosen und nicht die Besucher seines Programms. Sie zeigen allein dadurch Haltung. Nach diesem einführenden Publikumsstreicheln legte er gleich los: Das Smartphone verbiegt schon allein durch den erzwungenen Blick die Körperhaltung, die mentale Haltung lassen wir uns verbiegen durch die damit einhergehende Totalüberwachung unseres Lebens, verbunden mit allgegenwärtiger Bevormundung.

Vom Seitenbacher-Bergsteiger-Müsli – gut für die Verdauung, besonders am Hang in 4000 Meter Höhe – bis zum Tod bei Amazon: Den Kunden, denen Ihre Urne gefällt, gefällt auch dieser Sarg. Der Mensch reagiert darauf mit grundsätzlicher Beliebigkeit: Alles ist egal. Das hat Brodowy persönlich getroffen. Ein Veranstalter sagte ihm, das Klavier sei nicht vorhanden. Aber kein Problem: Er könne ja die Lieder einfach weglassen. Da wird dem Blödsinnsvertreter wohl der Kragen geplatzt sein: Brodowy ruft auf zur humoristisch-anarchischen Agitation. Etwa einen Flashmob in der Fußgängerzone provozieren durch „Da ist nix“-Schreien oder in der Türkischen Botschaft mit einer Deutschlandfahne als Jan Böhmermanns Cousin auftreten, um ein Gedicht für Erdokan aufzusagen. Von hier war der Weg in der Klosterkirche nicht mehr weit ins Absurde.

Zu elegischem Klaviergeklimper erzählte Brodowy seinen Alptraum als Papst Heinz mit Ketchupfleck auf der blütenweißen Soutane, gefolgt von einer Ode auf ein Fußbad mit dem Horn-Haut-Hobel. Er hauchte die Alliteration H-H-H ins Mikrofon, dachte an Rucola mit Parmesan und versprach: „Beim nächsten Antipasti-Teller träumen Sie von mir.“ Im aberwitzigen „Institut für angewandte Gegenwartsbewältigung“ sinnierte er über den Satz „Erinnerungen, die noch nicht stattgefunden haben, sind umgehend nachzuholen“ und landete nach einem Umweg über Nah- und Fernpinkler bei Sanifair auf einem Nordseedeich mit dem sehnsuchtsvollen Blick in die Ferne. Von jetzt an wurde es heimelig. „Das Leben ist zu schön und zu kurz, um sich ständig mit Untergangsszenarien zu beschäftigen“, sagte Matthias Brodowy. Stattdessen solle man die Stille genießen und tief durchatmen. Dann werde etwas automatisch passieren: „Sie nehmen Haltung an.“ Mit diesem Hinweis schloss er das Publikum auf sehr menschliche, einfühlsame und emphatische Art in seine Arme.

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