Prozess gegen 36-jährigen Remscheider am Landgericht Ermittler stoßen auf Morddrohungen per WhatsApp

REMSCHEID/WUPPERTAL · Morddrohungen und Selbstmordpläne: Es waren Abgründe, die sich am mittlerweile zehnten Verhandlungstag am Wuppertaler Landgericht vor den Prozessbeteiligten auftaten. Auf der Anklagebank: Der 36-jährige Remscheider, der im September 2019 die Stiefgroßmutter seiner ehemaligen Lebensgefährtin ermordet haben soll.

 Vor dem Landgericht Wuppertal wird gegen den 36-jährigen Remscheider verhandelt.

Vor dem Landgericht Wuppertal wird gegen den 36-jährigen Remscheider verhandelt.

Foto: dpa/Volker Hartmann

Nachdem nun klar ist, dass der Angeklagte selbst nichts mehr zu den Tatvorwürfen sagen wird, kommt einer Frage auch mit Blick auf das Strafmaß eine besondere Bedeutung zu: War es eine Tat aus dem Affekt heraus und nach einer Demütigung? Oder hatte der Angeklagte das Tötungsdelikt schon vorher geplant, falls das Opfer die Bitte nach den erhofften tausend Euro abgelehnt hätte?

Ein entscheidender Hinweis könnten die WhatsApp-Nachrichten an eine Mitpatientin aus dem Tannenhof sein: Dort war eine Ermittlerin auf Morddrohungen gestoßen, die offenbar gegen die ganze Familie seiner Ex-Lebensgefährtin gerichtet waren. Er „wolle die Familie auslöschen“ – damit sei an erster Stelle seine Ex-Schwiegermutter gemeint. Man solle sie auf die gleiche Weise töten, wie es später beim tatsächlichen Opfer geschah: mit dem Messer den Hals aufschlitzen. Die Familie hatte der Angeklagte damit in Angst und Schrecken versetzt, ein Zeuge aus dem familiären Umfeld hat dem Gericht bestätigt: „Diese Drohungen kennen wir.“

Die Mitpatientin ist derzeit nicht vernehmungsfähig – sie soll während ihres Aufenthalts im Tannenhof eine engere Beziehung zum Angeklagten gehabt haben. Seine Probleme mit Ex-Frau und Kindern, die sich von ihm abgewendet hätten, und auch seine Spielschulden: Das seien häufige Gesprächsthemen gewesen. Seine Depressionen und der Plan, sich mit zwei Messern im Stadtpark umbringen zu wollen, seien für sie Gründe gewesen, die Beziehung zu beenden – was ihn sehr enttäuscht habe. Streit habe es gegeben über die Rückzahlung der geliehenen 400 Euro. Der Angeklagte habe ihr für den späteren Tattag die Rückzahlung angekündigt. Dass er das Geld nach dem Mord vom Konto des Opfers abgehoben hatte, habe sie erst bei ihrer polizeilichen Vernehmung erfahren und einen Nervenzusammenbruch erlitten.

Von dem Selbstmord-Plan des Angeklagten wusste auch ein als Zeuge geladener Zimmernachbar aus dem Tannenhof, der ihn aber in den zwei Wochen seines Aufenthalts als durchaus gesellig kennengelernt haben will. Beide wären sie von eleganten Auftragskillern aus amerikanischen Fantasy-Serien fasziniert gewesen, die mit Messern töten und unentdeckt bleiben würden. Er wisse von der Spielsucht des 36-Jährigen und habe auf einer Online-Wettkarte ein 100 Euro Guthaben gesehen. Aggressiv sei der aber nicht gewesen und von Morddrohungen will der Zeuge auch nichts gewusst haben. Auch über vermeintlich im Besitz des Angeklagten befindliche, schwarze Messer könne er nichts sagen. Er habe nur silberne gesehen – beim gemeinsamen Küchendienst in der Stiftung  Tannenhof.

Weitere Zeugen aus der Familie des Opfers relativierten die zuvor von einem Schwager beschriebenen, negativen Charaktereigenschaften der Getöteten. Das hätten sie so nie erlebt – sicher aber wäre die Verwandte resolut und selbstbewusst aufgetreten und sie habe auch den Wert des Geldes zu schätzen gewusst. So habe sie sich für das Beheben eines Computerproblems mit zwei Gläsern Marmelade aus ihrem Keller bedankt – aus Sicht des so Beschenkten viel persönlicher als ein neutraler Geldschein.

Weitere Zeugen sollen beim nächsten Termin zu den Drohungen des Angeklagten gegen die Familie befragt werden.

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