Gastbeitrag Felix Linden „Von Normalität sind wir sehr weit weg“

Niederrhein · Durch die Zwangspause aufgrund der Coronavirus-Pandemie ergab sich für viele Vereine die Möglichkeit, sich neu aufzustellen, findet Felix Linden, Trainer des Handball-Drittligisten HSG Krefeld. Es stellen sich aber noch viele Fragen.

 Felix Linden, Handball-Trainer des Drittligisten HSG Krefeld.

Felix Linden, Handball-Trainer des Drittligisten HSG Krefeld.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Mit seiner Mannschaft wieder in der Halle zu stehen, ist nach der langen Pause und der ungewissen Zeit ein tolles und schönes Gefühl. Man merkt allen an, dass sie die Gemeinschaft zu schätzen wissen. Es kehrt wieder etwas Normalität ein, aber von der altbekannten Normalität sind wir weiterhin sehr weit weg. Verbände, Organisationen und vor allem die Vereine und ihre Vertreter haben es sehr schwer. Oft gibt es wochenlange Ungewissheit, dann gibt es neue Gesetze, wie die Zuschauerhöchstgrenzen, die teilweise Ehrenamtliche in den Vereinen innerhalb von kurzer Zeit umsetzen müssen und sollen. Dies gelingt bei vielen sehr gut, und jeder Sportler wünscht sich Wettkämpfe unter Zuschauern.

Hier sind die gesetzlichen Bestimmungen in der nächsten Zeit interessant zu beobachten: Bleibt es bei den maximal 300 Zuschauern? Wieviel Zuschauer können die Klubs aus dem oberen Bereich zulassen? Jeder Verein ist auf Zuschauereinnahmen angewiesen. Auch hier sind Hilfen aus der Politik notwendig. Der Sport hat eine so wichtige gesellschaftliche Bedeutung, auch das Zuschauen von Sportwettkämpfen ist seit ca. 2000 Jahren nicht wegzudiskutieren frei nach dem Motto: „Panem et circenses/ Brot und Spiele“.

Hier stelle ich mir auch die Frage: Haben die Menschen Angst, diese Veranstaltungen zu besuchen? Befürchten sie eine neue Ansteckung? Ich hoffe, dass die Vereine hier gute Konzepte entwickeln um den Menschen diese Angst zu nehmen. Mit einem Besuch unterstützt man jeden Verein. Auch jedem Unternehmer, Sponsor und Unterstützer kann man nur danken, wenn er trotz schwieriger Zeiten den Vereinen die Treue hält.

Viele Kinder und Jugendliche hatten jetzt wenig Bewegung, aufgrund des Schulsports und des Vereinssports, der weniger wurde oder fast ganz ausfiel. Auch hier sind kreative und wohldurchdachte Lösungen und Ideen gefragt. Niemand kann erwarten, dass man mit einer sehr kurzen Vorbereitung in eine Saison geht. Den Trainerkollegen kann ich hier nur die Empfehlung geben, einen langsamen Vorbereitungsaufbau zu gestalten, damit ihre Sportler ihre Bewegungsautomatismen wiederbekommen.

Bei vielen Vereinen und Menschen habe ich aber auch wahrgenommen, dass sie diese Zeit zur (Selbst-)Reflexion genutzt haben. Alte (Vereins-)Strukturen und Denkmuster wurden aufgebrochen, neue Ideen eingebracht. So kommen sie gestärkt aus dieser Krise und können sich teilweise komplett neu aufstellen.

Es gibt einige Fragen, die mich beschäftigen für die nächste Zeit: Wie werden die Begrüßungsformen in Zukunft sein? Wird sich ohne Handschlag begrüßt? Werden Menschenmengen gemieden? Wird unterbewusst mehr Abstand eingehalten? Bei der Sportart Handball Abstand einzuhalten, ist fast undenkbar, der Begrüßungshandschlag zwischen den Teams vor und nach dem Spiel gehört ja fast zum Spiel wie das Tor und die Parade des Torwarts. Handball ohne Körperkontakt ist auch unmöglich. Jeder, der diesen Sport liebt, freut sich, wenn es endlich wieder losgeht. Bleiben Sie gesund und stark.

Info Autor Felix Linden, 31 Jahre, DHB-A-Lizenztrainer und zertifizierter DHB-Nachwuchstrainer, ist Buchautor und Trainer der HSG Krefeld Niederrhein in der Dritten Liga. Fast wäre er vor dieser Saison zum TuS 08 Lintorf in die Verbandsliga gewechselt.

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