Radevormwald Nur wenig Privatsphäre in evangelischen Pfarrhäusern

Radevormwald · Dass im Pfarrhaus der Evangelisch-reformierten Kirche auch zur späten abendlichen Stunde noch ein Licht brennt, scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Pfarrer Dr. Dieter Jeschke plauderte am Freitagabend aus dem „Nähkästchen“:

  Pfarrer Dr. Dieter Jeschke referierte auf Einladung des BGV über das Leben in einem Pfarrhaus .

Pfarrer Dr. Dieter Jeschke referierte auf Einladung des BGV über das Leben in einem Pfarrhaus .

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Abendliches Licht bei ihm und seiner Ehefrau zu Hause werde schon einmal gerne als Einladung gesehen, trotz der späten Stunde an der Haustüre zu klingeln. „Ich schaute in einem Fall natürlich nach und bat den vor der Türe stehenden Mann ins Haus“, berichtete Jeschke am Freitagabend im Mehrzweckraum des Bürgerhauses, als er auf Einladung des Bergischen Geschichtsvereins, über die Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses referierte. Ein langes intensives Gespräch, das offensichtlich von dem späten Gast erhofft war, konnte Jeschke bieten.

Das Pfarrhaus als Ort für Hilfesuchende in allen Lebenslagen. „Beruf und Privatleben verlaufen in einem Pfarrhaus ineinander“, sagte der Pfarrer. In Zeiten der immer schneller werdenden Abläufe, Hektik und Probleme werde ein Pfarrhaus als ein Ort gesehen, wo alles geordnet zugeht, der Takt des Lebens von unschätzbarem Wert sei. Symbole einer heilen und beständige Welt seien wichtiger denn je. 

Zu Beginn des Vortrags ging Jeschke weit in die Geschichte der Reformatoren Martin Luther und Ulrich Zwingli zurück. Er erzählte aus dem Leben des Schweizer Zwingli und dessen schwere Pest-Erkrankung und Genesung durch die Unterstützung der Witwe Anna Reinhard. „Seine Heirat mit ihr war 1524 die Geburtsstunde des Pfarrhauses“, berichtete der Referent. Seither gäbe es in den Pfarreien auch Häuser für die jeweiligen Pfarrer und deren Familien. „Die Häuser verfügten über viele kleine Zimmer, denn die Pfarrfamilien waren meist kinderreich“, erzählte Jeschke.

Heute hingegen werden Pfarrhäuser offensichtlich nicht mehr gerne von der jungen Generation Pfarrer bewohnt. So würden Bewerbung auf Pfarrstellen, bei der freie Wohnungssuche angegeben ist, viel häufiger eingehen. „In erster Linie ist es auch eine Kostenfrage, ein großes Pfarrhaus zu bewohnen“, sagte Jeschke. Weiter sieht er die Problematik, dass die Trennung Beruf und privat im Pfarrhaus nicht gegeben ist. 

 Er erzählte schließlich noch weiter von bekannten Persönlichkeiten, die aus Pfarrhäusern stammten. In Radevormwald gibt es heute nur noch zwei Gemeinden mit jeweils einem Pfarrhaus.

(sig)
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