Ofen bleibt aus Bäcker aus Neuss leiden unter den hohen Energiekosten

Neuss · Bäcker ächzen unter den hohen Energiepreisen. Bis zu 13 Mal mehr müssen sie jetzt für Strom oder Gas zahlen. Das hat dramatische Folgen für die Produktion. Was das für Betriebe und Kunden bedeuten könnte.

 Bäckerin Anke Klein (l.) und Tochter Jenny Hammer in ihrem Familienbetrieb.

Bäckerin Anke Klein (l.) und Tochter Jenny Hammer in ihrem Familienbetrieb.

Foto: Georg Salzburg (salz)

„Für kleine Handwerksbetriebe ist es existenzbedrohend“, lautet Anke Kleins klare Aussage zu den steigenden Energiepreisen im Bäckerhandwerk. Die spüren ihr Mann Wilhelm-Josef und sie im eigenen Familienbetrieb, Bäckerei Wiljo Klein, in Uedesheim. Mindestens 140 Euro für 100 Liter Heizöl müsse man derzeit einplanen. Noch im Februar seien es 60 Euro gewesen. „Wir haben einen Tank von 5000 Litern, früher haben wir den einfach voll gemacht, heute kann man das nicht mehr zahlen, da wird einem ja schlecht“, so die Bäckerin.

Früher habe man nach Bedarf arbeiten können, auch für kleine Brotmengen noch mal den Ofen angeworfen, ohne die ganze Ofenfläche auszunutzen. „Jetzt geht das nicht mehr. Da könnten wir den Leuten das Brot auch schenken und noch Geld drauf legen.“

 Bäcker Thomas Puppe sorgt sich um die Energiepreise.

Bäcker Thomas Puppe sorgt sich um die Energiepreise.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Die Worte der Bäckerin sind deutlich. Deutlich sind aber auch die Preissteigerungen. Davon weiß ihr Bäckerkollege Thomas Puppe zu berichten, dessen Filialen sich überall im Rhein-Kreis befinden: „Ich zahle in meinem aktuellen Stromvertrag 4,25 Cent pro Kilowattstunde. Nächstes Jahr mit einem neuen Vertrag wird es dramatisch. Dann muss ich mit 28,86 Cent und mehr rechnen. Selbst ohne EEG-Umlage sprechen wir da von 260.000 Euro mehr im Jahr.“ Beim Gas sei die Steigerung noch krasser, so Puppe. Er zahle aktuell 1,6 Cent pro Kilowattstunde, Kollegen, die derzeit neue Verträge abschließen, müssten mindestens 20 Cent zahlen. „Wenn das passiert, dann habe ich mit meinen Betrieben im Jahr gut 500.000 Euro Mehrkosten für Energie. Es ist unbeschreiblich, ich weiß nicht, wie ich das umsetzen soll.“

Für die Bäcker sind es aber nicht die Energiekosten alleine. Hinzu kämen die steigende Inflation, steigende Rohstoffkosten und die Anhebung des Mindestlohns. Rudolf Weißert, Obermeister der Bäckerinnung Niederrhein, weiß, dass schon Corona vielen Bäckern geschadet hat: „Es gab Betriebe, die mussten zehn Tage am Stück schließen, weil die gesamte Belegschaft krank war.“ Auch Schließungen von Cafés habe die Betriebe getroffen. Und jetzt die Energiekrise. Gerade die Bäckerei sei mit der Nutzung von Öfen, aber auch Kühlsystemen besonders energieaufwändig: „Es ist nicht abzusehen, wie im Winter gebacken werden soll. Einfach Briketts in den Ofen werfen, funktioniert nicht mehr. Ich will es mir nicht vorstellen, aber ich befürchte, dass einige Kollegen die Reißleine ziehen müssen.“ Und das, obwohl die Bäckereien im Rhein-Kreis eigentlich finanziell stabil waren.

Ob die Bäcker wollen oder nicht, die hohen Kosten wirken sich auch auf ihr Sortiment aus. Thomas Puppe versuche derzeit seine Produktpalette zu reduzieren und nutze dadurch rund 25 Prozent weniger Ofenfläche. Bei Gasöfen versuche er den Verbrauch um 20 Prozent einzudämmen, einige bleiben ganz aus. In der Bäckerei Klein musste es seit Jahren wieder eine Preisanhebung geben, am Beispiel Brötchen, von 35 auf 40 Cent das Stück. Obermeister Weißert sieht dort ein echtes Problem. Auf der einen Seite habe auch der Verbraucher weniger Geld zur Verfügung, auf der anderen Seite sei die Liquidität der Bäcker bedroht. Preissteigerungen alleine funktionieren aber nicht: „Bei zehn Prozent Preisanstieg, haben wir am Ende nicht mehr Gewinn, die Leute wechseln dann zum Discounter.“

Er sehe auf Bäcker ein ähnliches Problem zukommen wie auf Spargel- und Erdbeerbauern, die ihre Waren noch in der Erntesaison mangels Nachfrage wieder untergepflügt hätten. Auch Anke Klein und Thomas Puppe wollen solche Zustände vermeiden. „Brot darf ja kein Luxusgut sein“, so Puppe. Doch auch auf Qualität könne man eben auch nicht verzichten.

Weißert hofft für die Zukunft, dass die Bäcker im Rhein-Kreis flexibel genug seien, die Krise zu überstehen: „Doch das geht nicht ohne die Politik. Verbraucher wie Bäcker brauchen direkte Hilfen. Zum Beispiel einen Wegfall der CO2-Abgaben.“

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