Kleine Kundgebung am Mahnmal Promenadenstraße in Neuss Gedenken an Neusser Holocaust-Opfer

Neuss · Zum Tag Jom Hashoa wurden die Namen von 204 Mitbürgern verlesen, die Opfer der Nazis wurden.

 Bert Römgens (r.) und Bürgermeister Reiner Breuer verlasen an der Gedenkstätte Promenadenstraße alleine die 204 Namen der Holcaust-Opfer.

Bert Römgens (r.) und Bürgermeister Reiner Breuer verlasen an der Gedenkstätte Promenadenstraße alleine die 204 Namen der Holcaust-Opfer.

Foto: Andreas Woitschützke

Ein Mensch ist niemals eine Nummer. Und indem man seinen Namen nennt, erinnert man nicht nur an ihn, sondern würdigt ihn auch in seiner Einmaligkeit. Diese Überzeugung steht hinter dem Jom- Hashoa-Tag, dem „Tag des Gedenkens an Holocaust und Heldentum“ in Israel, der am Dienstag auch in Neuss begangen wurde. Zum nunmehr sechsten Mal wurden die Namen aller 204 Holocaust-Opfer aus Neuss öffentlich verlesen – und doch war alles anders als in den Jahren zuvor.

Geplant war, berichtet Bert Römgens von der jüdischen Gemeinde, dass am Rathaus an die Neusser Juden erinnert werden sollte, die während der Nazizeit deportiert und ermordet wurden. Doch angesichts der Auflagen, die in der Corona-Pandemie gelten und die öffentliche Versammlungen verbieten, wurde die Kundgebung zum Holocaust-Mahnmal an der Promenade verlegt und der Teilnehmerkreis auf zwei Personen reduziert. Römgens, seit kurzem Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Neuss, schloss sich am Nachmittag zur Namensverlesung nur Bürgermeister Reiner Breuer an.

„Es gibt Dinge, die muss man einfach tun“, sagte Breuer. Schon die Grundsteinlegung zur Erweiterung des jüdischen Alexander-Bederov-Gemeindezentrums zu einer Synagoge habe vor einigen Wochen im Stillen vollzogen werden müssen, nennt er ein anderes Beispiel. Das Miteinander und die Zusammenarbeit der Stadt und der jüdischen Gemeinde seien gut, und es sei wichtig, das auch zu unterstreichen. „Denn Krisenzeiten sind immer auch antisemitische Zeiten“, sagt Breuer mit Hinweis auf eine Äußerung von Charlotte Knobloch, der ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, die auf ein Ansteigen von Antisemitismus in Zeiten der Corona-Krise hingewiesen hatte. Wenn, wie in Bamberg geschehen, Pappschilder auftauchen, auf denen „Coronavirus heißt Judenkapitalismus“ steht, ergänzt Römgens, bedeute das auch: „Antisemitismus ist nicht nur online, sondern auch wieder auf der Straße zu finden.“

Jom Hashoa sei ein Tag, um Menschen, die vor ihrer Ermordung entmenschlicht wurden, ihren Namen zurückzugeben. Denn, so Römgens, der Holocaust begann nicht erst mit Morden, sondern mit rassistischer Ausgrenzung.

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