Nettetal Probleme von Kindern nehmen zu

Nettetal · Im Jugendhilfeausschuss wurden Zahlen präsentiert. Im Gespräch mit Claudia Küppers, Soziale Dienste der Stadt Nettetal, versuchen wir, die Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen hinter den Zahlen heraus zu finden.

 Ein zehnjähriger Junge mit aufgerissenen Augen ist zu sehen. Kindern mit ADHS fällt es oft schwer, lange aufmerksam zu sein.

Ein zehnjähriger Junge mit aufgerissenen Augen ist zu sehen. Kindern mit ADHS fällt es oft schwer, lange aufmerksam zu sein.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Als Claudia Küppers, heute Sachgebietsleiterin Soziale Dienste bei der Stadtverwaltung Nettetal, vor rund 30 Jahren im Jugendbereich anfing, war die Bezeichnung ADHS noch nicht üblich. Erst seit 15, 20 Jahren wird von der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung gesprochen. Oder Kriseninterventionen: Früher gab es bei Jugendlichen Probleme in der Pubertät, heute fallen vielfach schon in der Kindheit gravierende Probleme an.

Bei Problemen im Bereich Kinder und Jugendliche wie junge Erwachsene ist Nettetal zwar keine Insel der Seligen. Aber die Fallzahlen in Nettetal sind relativ niedrig, die Vergleichszahlen des LVR mit anderen Städten zeigen, dass sich das Stadt-Land-Gefälle abflacht. Wie in anderen Kommunen steigen die Fallzahlen auch in Nettetal.

Bei Kindern und Jugendlichen wächst hoher, intensiver Betreuungsbedarf. Personell sei man in diesem Bereich bei der Stadt Nettetal gut ausgestattet. Die Mitarbeiter müssten sich Zeit für jeden Fall nehmen, eng in Kontakt mit den jeweiligen Betroffenen sein.

Was aber zunehmend ein Problem wird, es gibt bundesweit zu wenig Plätze für eine stationäre Hilfe. Je nach Problemfall empfehle es sich, das Kind oder den Jugendlichen nicht wohnortnah unterzubringen. Für die verantwortlichen Mitarbeiter bedeutet es eine lange Suche nach geeigneten Plätzen und nach gelungener Unterbringung oftmals lange Fahrten an den Besuchsterminen.

Warum die Fälle im Kinder- und Jugendbereich so sehr zunehmen, wäre noch zu untersuchen. Schnell ist man mit dem Begriff gesellschaftlicher Wandel bei der Hand. Viele Faktoren werden dabei mitspielen. Claudia Küppers stellt in ihrem Bereich fest, dass die Ressourcen der Eltern immer begrenzter werden. Wie Verantwortung wahrgenommen wird, hat sich ebenfalls verändert. Regeln, Normen, Werte gelten nicht mehr so absolut wie früher. Eltern sind außerdem oft selber verunsichert, weil es in Kursen, Büchern und im Internet auch so viele verschiedene Ratschläge zur Erziehung gibt. Auch der Zusammenhalt der Generationen ist in einer mobilen Gesellschaft geringer geworden. Konnten früher die Großeltern schnell mal einspringen, wenn die Not oder die Verlegenheit groß war, so sind Eltern und Großeltern heute vielfach räumlich Hunderte von Kilometern getrennt. Im Kindergartenbereich kommt erschwerend hinzu, dass etliche Eltern mit Migrationshintergrund kein oder schlecht Deutsch sprechen, was die Kommunikation zwischen Kita und Eltern erschwert.

Als segensreich haben sich die Besuchsdienste im Säuglingsalter erwiesen. Viele junge Mütter müssen erst einmal das Wickeln lernen, wissen nicht, wie man ein Kind tröstet. Viele Techniken werden in Familien und Gesellschaften gar nicht mehr vermittelt. Das gilt generell und nicht nur für Problemfälle. So müssen manche Eltern das Vorlesen wieder erneut lernen, weil sie es oftmals selber nicht erlebt haben. Was überhaupt noch nicht klar zu benennen ist, betrifft die Nutzung des Smartphones. Wie wirkt sich aus, wenn die Eltern mehr mit dem Handy beschäftigt sind, als sich dem Kind zu widmen. Hin und wieder sieht man Mütter, die beim Stillen ihr Smartphone checken.

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