Nettetal Alles im grünen Bereich

Nettetal · Kaldenkirchens stinkender, verdreckter und verwahrloster Bahnhof wird beim Verkehrsverbund neuerdings als vollkommen in Ordnung eingestuft. Warum das so ist, obwohl dort nichts verändert wurde, ist ein exklusives Rätsel.

 Nur wer sich durch stinkende Tunnel wagt, erreicht die Bahnsteige in Kaldenkirchen. Jeder Reisende ist froh, wenn er in den Zug steigen und wohlbehalten abreisen kann.

Nur wer sich durch stinkende Tunnel wagt, erreicht die Bahnsteige in Kaldenkirchen. Jeder Reisende ist froh, wenn er in den Zug steigen und wohlbehalten abreisen kann.

Foto: Busch

Innerhalb von drei Jahren hat der Kaldenkirchener Bahnhof die Farbe gewechselt. 2009 war er noch tiefrot, 2010 trug er die Farbe gelb, und für 2011 zeigt er sich nun im satten Grün. Die Farben symbolisieren den Zustand von Bahnhöfen im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Wieso Kaldenkirchens Bahnhof allerdings jetzt als absolut tadellos dargestellt wird, dürfte das große Geheimnis des VRR sein.

Im vergangenen Jahr hatte die Stadt in ihrer Not mit der Deutschen Bahn AG einen Workshop installiert, der sich intensiv mit dem unhaltbaren Zustand des Bahnhofs befasste. Die Vertreter von "Station und Service" beschönigten nichts — wie hätten sie auch im Angesicht einer kaum mehr zu überbietenden Verwahrlosung? Sie sahen erheblichen Veränderungsbedarf hinsichtlich Sauberkeit, Erreichbarkeit, von Serviceleistungen für Reisende und des Zugangs.

"VRR-Profitester"

Umso verblüffender ist das Ergebnis, das der Verkehrsverbund auf seinen Internetseiten präsentiert. "Das Gesamterscheinungsbild der Stationen im VRR zeigt deutliche Verbesserungen innerhalb der letzten drei Jahre. Dies ist ein Ergebnis des Stationsberichtes 2011, mit dem der VRR zum fünften Mal eine ausführliche Darstellung des Stationszustandes im Verbundgebiet vorlegt. Die Ergebnisse des Berichts basieren auf den viermal jährlich durchgeführten Stationsaufnahmen durch die VRR-Profitester sowie regelmäßigen Fahrgastbefragungen", heißt es dazu.

Ob die "Profitester" jemals einen Fuß in den Bahnhof Kaldenkirchen gesetzt haben, darf lebhaft bezweifelt werden. "Noch 2009 galt Kaldenkirchen als schlechtester Bahnhof im Kreis Viersen", stellt der Nettetaler Ratsherr Axel Witzke fest, der sich intensiv mit Bahn-Angelegenheiten befasst. Geändert habe sich seither nichts Der Bahnsteig birgt Stolperfallen, die Bahnsteigkante ist extrem niedrig, die Unterführungen dienen als Urinal, Graffitis verschmieren die einst versehentlich weiß gestrichenen Wände, das Bahnsteigdach ist undicht, von Barrierefreiheit kann keine Rede sein, der Zuweg wird nicht gereinigt, es gibt keinen Winterdienst, Reparaturen bleiben aus, das gesamte Umfeld ist verwahrlost.

Dass der Bahnhof dennoch seine Farbe in "grün" wechselte, liegt möglicherweise daran, dass seinerzeit eine neue Beleuchtung installiert wurde. Man sieht nun wenigstens, wohin man fällt oder in welchen Haufen man tritt. Resiende finden das nicht lustig.

Die Klassifizierung des Bahnhofs hat bei der Verkehrsgesellschaft Kreis Viersen (VKV), die die Schnittstelle zwischen Kommunen und VRR bildet, Erklärungsbedarf ausgelöst. Das Unternehmen wird dem VRR mitteilen, dass weder VKV noch Stadt Nettetal die Einstufung nachvollziehen könnten und um Aufklärung bitten. Dies kündigte gestern VKV-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Marcus Optendrenk an. KOMMENTAR/FRAGE DES TAGES

(RP)
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