Diskussionen in Moers SPD-Mitglieder finden Gelbwesten gut

Moers · Fraktionsvize Anja Reutlinger eckt mit einem Facebook-Eintrag an. Ingo Brohl (CDU) wirft ihr vor, „die Gelbwesten und damit auch ihre Gewalt mit klassenkämpferischen Aufrufen zu glorifizieren“.

 Ein „klassenkämpferischer Aufruf“? Der strittige Facebook-Eintrag von Anja Reutlinger.

Ein „klassenkämpferischer Aufruf“? Der strittige Facebook-Eintrag von Anja Reutlinger.

Foto: josef pogorzalek/Josef pogorzalek

Mit einer Sympathie-Bekundung für die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich hat Anja Reutlinger Kritik auf sich gezogen. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Moers hat am Samstag das Bild einer Weste mit dem Schriftzug „Die da unten gegen die da oben – aufstehen“ bei Facebook gepostet. Die Gelbwesten-Proteste in Frankreich waren zuletzt von Krawallen und Gewaltexzessen begleitet, Menschen wurden verletzt, Autos in Brand gesteckt, Schaufensterscheiben eingeschlagen. „Sind Sie für gewaltsame Umstrukturierungen?“, musste sich Reutlinger prompt von einem Facebook-Nutzer fragen lassen.

Harald Hüskes, ebenfalls Fraktionsvize und Vorsitzender des SPD-Stadtverbands, hat den Facebook-Beitrag von Reutlinger geliked. „Eine soziale Bewegung auf Krawalle zu reduzieren und deren sich nicht deren Anliegen auseinanderzusetzen, wäre ungefähr wie den DFB für Fanausschreitungen wie gestern am Duisburger Bahnhof verantwortlich zu machen“, schrieb er zur Begründung. Antwort bei Facebook: „Erkläre dieses der Frau, die gestern als Unbeteiligte durch ein Dum-Dum-Geschoss ein Auge verloren hat.“

Am Montag distanzierte sich Reutlinger bei Facebook „von Gewalt in jeglicher Form“. Die Gelbwesten-Bewegung symbolisiere für sie „Aufstehen – zusammen gehen – Missstände aufdecken – Lösungen finden – Missstände beseitigen zum Wohle aller, zum Wohle der Gemeinschaft“, schrieb sie.

Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte die Sozialdemokratin: „Die Gelbwesten-Bewegung ist ein Phänomen, das ich mir für Deutschland in Teilen wünschen würde.“ Es fehle an gesellschaftlichem Zusammenhalt in vielen Fragen. Zum Beispiel bei den Tarifauseinandersetzungen bei Real in Moers, wo Mitarbeiterinnen bis zu ein Drittel des Lohns gestrichen werden solle.

Harald Hüskes unterstrich, dass es ein Grundrecht der Menschen in einer Demokratie sei, für ihre Anliegen auf die Straße zu gehen. Die Anwendung von Gewalt sei dabei „absolut nicht in Ordnung“. Allerdings dürfe die friedliche Mehrheit der Gelbwesten-Demonstranten nicht pauschal „in eine Ecke gestellt“ werden. Die Ziele der Bewegung, wie Steuererleichterungen für Menschen mit niedrigen Einkommen, könne er als Sozialdemokrat und Gewerkschafter nachvollziehen.

Ingo Brohl, CDU, zeigte sich empört. „Die Gelbwesten und damit auch ihre Gewalt mit klassenkämpferischen Aufrufen zu glorifizieren und legitimieren, geht gar nicht“, sagte er am Montag.

„Als Demokrat besorgt mich, wenn Gesetze, hier eine Treibstoffabgabe zur Finanzierung der französischen Energiewende, durch pure Gewalt gekippt werden.“ Brohl stellte die Bewegung auf eine Stufe mit Pegida: „Aussagen wie ,Die da unten gegen die da oben – aufstehen!‘ sind ähnliche Deckmäntelchen wie der Missbrauch von ,Wir sind das Volk‘ durch die Pegida.

Claus Peter Küster (Die Grafschafter) betonte, dass er sich mehr Engagement von Menschen für ihre Rechte und Anliegen wünschte – „aber immer friedlich. Miteinander reden und Beharrlichkeit zahlen sich aus“. Durch die Gewalt-Exzesse in Frankreich disqualifizierten die Gelbwesten derzeit sich selbst und ihre Ziele.

Reutlinger hat das Bild der gelben Weste mit der provokanten Aufschrift nicht selbst erstellt. Woher es ursprünglich stammt, weiß sie nicht genau. Jemand aus ihrem Bekanntenkreis habe es vor ihr geteilt, sie habe es dem Bekannten, der ein „bekennendes CDU-Mitglied“ sei, nachgemacht.

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