Bildung in Moerser Schulen „Bin ich rechts?“

MOERS · Mit dem Klassenzimmer-Stück nähern sich die 27. Penguin‘s Days ihrem Ende. Gestern spielten Philip Gregor Grüneberg und Matthias Damberg an der Anne-Frank-Gesamtschule in Rheinkamp das Zwei-Personen-Stück.

 Philip Gregor Grüneberg und Matthias Damberg besuchten die Anne-Frank-Gesamtschule.

Philip Gregor Grüneberg und Matthias Damberg besuchten die Anne-Frank-Gesamtschule.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Das Pferd von hinten aufzuzäumen lohnt in diesem Fall. Der Klassenraum an der Anne-Frank-Gesamtschule in Rheinkamp ist Spielort und zugleich Tatort. Die beiden Schauspieler Philipp Gregor Grüneberg und Matthias Damberg vom Treibkraft Theater Hamm sind die Akteure in verschiedenen Rollen, die beim Kinder- und Jugendtheater den Politomaten im Klassenzimmer installieren.

Das Stück „Bin ich rechts?“ aus der Feder von Erpho Bell dauert über zwei Stunden und richtet sich interaktiv und multimedial gegen Rechtspopulismus. Die Leistungskurse Pädagogik und Biologie erleben eine turbulente Vorstellung, die darin gipfelt, dass sich Grünberg und Damberg als Jens und André heftig attackieren. Damberg wird mit Packband komplett einwickelt.

Eine Entwicklung, die an dem Punkt vom jugendlichen Publikum nicht mehr auszuhalten ist, nachdem auch der verbale Schlagabtausch heftig ausfiel. Entgleiste Situation, dramaturgischer Effekt oder einfach nur Theater?

Provokation war im Vorfeld nur eines der dramaturgischen Mittel, die die Situation zum Siedepunkt brachte. „Das geht so nicht“, meinte dann eine Schülerin und griff beherzt ein, schnitt das Klebeband auseinander. Zivilcourage funktioniert also noch. Grüneberg und Damberg schlüpfen zu Beginn in Politikerrollen von Michael Schmidt und Ferdinand von Berg und liefern sich Rededuelle, wie sie in Wahlkampfzeiten üblich sind. Live zugeschaltet ist aus Berlin die Zentrale für Politische Bildung, die beobachtet, wie politische Arbeit als Schülerprojekt funktioniert und wie der Aufbau einer neuen Partei vor Ort organisiert werden kann. Die Jugendlichen arbeiten zuvor an parteirelevanten Themen wie Inklusion, Türkisch als Schulfach, Grenzzaun im Süden, Zugang zum Bildungssystem oder ökologische Landwirtschaft. Sympathisch, visionär, selbstsicher oder rebellisch – die Gruppen feilen am entsprechenden Politikerprofil. Grünberg und Damberg agieren in ihren Rollen nach den vorgegebenen Argumenten, plädieren je nach Parteicouleur für die Abschiebung von Geflüchteten, halten die Fahne für ein niedrigschwelliges Bildungssystem hoch. Dann geht es zur Wahl, die allerdings getrickst ist.

Das Spiel mit der politischen Manipulation hat längst begonnen, wie bei der Auszählung der Wahlzettel die Schüler festzustellen. Alles nur Vorgeplänkel. Steht man in der Nazi-Ecke, bloß weil man sich im globalen Zeitalter sorgt? Darf man Verbrechen wie den Holocaust leugnen, bloß weil man sie nicht selbst begangen hat? Die Bildung einer eigenen politischen Meinung ist aufwändiger als die Übernahme extrempolitischer Schlachtrufe, so die Botschaft. Gibt es klare Antworten auf Fragen wie „Was hasst du an Deutschland?“, „Wofür würdest du sterben?“.

Das Problem wird schnell deutlich, denn eine konkrete wie reflektierte Antwort gibt es kaum. Ein harter Stoff, mit dem sich die Jahrgangsstufe 13 auseinander setzen muss.

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