Mönchengladbach Gladbach als Fahrradstadt im Check

Mönchengladbach · Beim Fahrradklima-Test 2016 des Fahrradclubs ADFC landete Mönchengladbach in NRW und im bundesweiten Vergleich auf letzten Plätzen. Doch es bewegt sich einiges. Eine Bestandsaufnahme.

 Gladbach will attraktiver für Radfahrer werden. Ein E-Bike macht das Radeln für mehr Pendler interessant.

Gladbach will attraktiver für Radfahrer werden. Ein E-Bike macht das Radeln für mehr Pendler interessant.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Wer oft mit dem Fahrrad in Mönchengladbach unterwegs ist, wird drei Dinge bemerken: Erstens ist noch viel zu tun, bis die Stadt sich fahrradfreundlich nennen kann. Zweitens ist es vielerorts besser, als auf den ersten Blick zu vermuten ist. Und drittens bewegt sich in puncto Radverkehr einiges. Die Stadtspitze will den Anteil der Radfahrer erhöhen. Doch wo steht Mönchengladbach? Was ist geplant? Eine Bestandsaufnahme.

Radfahrer Bei der letzten Erfassung, wie viele Wege mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt werden, im Jahr 2010 lag der Anteil der Radfahrer bei 6,2 Prozent. Das liegt weit unter dem in den meisten Großstädten in der Nachbarschaft. Mönchengladbach ist eine Autofahrerstadt (Anteil rund 62 Prozent). Bis zum Jahr 2030 will die Stadtspitze den Anteil der Radfahrer auf 13 Prozent verdoppeln, bis 2050 sogar auf 50 Prozent steigern.

Radwege Das mit dem Masterplan Nahmobilität beschlossene Radverkehrsnetz hat nach Angaben des Verkehrs- und Planungsdezernenten Gregor Bonin eine Länge von etwa 420 Kilometern. Dazu gehören sämtliche Formen: Radwege auf Fahrbahnen oder kombiniert mit Gehwegen, die Fahrradstraße zwischen Gladbach und Rheydt („Blaue Route“), markierte Fahrradstreifen, auch Tempo-30-Straßen, auf denen der Radverkehr auf der Fahrbahn geführt wird, wurden mitgezählt. Reine Radverkehrsanlagen seien davon rund 200 Kilometer. Zu wenig, finden viele Radfahrer. Neue Radwege sollen aber in den nächsten Jahren nicht allzu viele hinzukommen. Dies nur dort, wo sie fehlen und im Zuge von ohnehin anstehenden Straßenbaumaßnahmen. Was dem schmalen Finanzspielraum Mönchengladbachs geschuldet ist. Es gehe weniger darum, das Radverkehrsnetz zu verlängern, so Bonin, sondern das bestehende Netz zu ertüchtigen. Nach und nach sollen die bestehenden Wege den geltenden Vorschriften angepasst und damit breiter werden. Aktuell geschieht das an der Limitenstraße. Dort wird auch eine Lücke im Netz geschlossen, ebenso auf der Konstantinstraße sowie im Bereich Gracht/ Friedensstraße.

Fahrradstraßen Seit etwa einem Jahr ist zwischen dem Rheydter Marktplatz und dem Berliner Platz entlang der Brucknerallee und Richard-Wagner-Straße Mönchengladbachs erste Fahrradstraße ausgewiesen. Dort haben Radfahrer Vorrang, dürfen nebeneinander fahren. Autofahrer haben kein Recht, sie zu überholen. Das Tempo wurde auf der Strecke auf 30 km/h begrenzt, mit dem Auto dürfen nur Anlieger auf der Strecke fahren. Noch nicht jeder Autofahrer hat sich daran gewöhnt. Deshalb soll es laut Stadt seitens der Polizei mehr Kontrollen geben. Einige Radfahrer bedauern, dass sie nicht mehr den Mittelstreifen benutzen dürfen. Den mussten sie sich vorher mit Fußgängern teilen, denen er jetzt ausschließlich zur Verfügung steht. Erste Erkenntnisse mit der Blauen Rote seien positiv, so Bonin. „Weitere Fahrradstraßen sind gut vorstellbar, teilweise wie bei der Blauen Route als Teil innerstädtischer Radschnellverbindungen oder als sonstige wichtige Fahrrad-Achse.“

Einbahnstraßen Was manchen Autofahrern noch nicht bewusst ist und – unberechtigt – zu Verärgerung führt: Viele Einbahnstraßen sind auch in Gegenrichtung für den Radverkehr freigegeben. Radler, die entgegenkommen, verhalten sich also nicht unbedingt ordnungswidrig. Derzeit prüft die die Stadt alle noch nicht freigegebenen Einbahnstraßen, die die von der Straßenverkehrsordnung vorgegebenen Kriterien für eine Freigabe erfüllen (z.B. Tempo 30). Ziel sei, unter Beachtung der Verkehrssicherheit alle verbliebenen Einbahnstraßen für den Radverkehr freizugeben.

Radschnellweg Eine Route, auf der Radfahrer schnell vorankommen können und die deshalb für Pendler geeignet ist, soll zwischen dem Borussiapark und Rheindahlen entstehen. Sie sei in Arbeit, heißt es aus dem Rathaus. Der geplante Radschnellweg in Richtung Willich und Krefeld sei mit den beiden Städten in Abstimmung. Eine Machbarkeitsstudie soll in Kürze starten.

Fahrradständer Diebe sind oft in der Stadt unterwegs – auch Fahrräder gehören in ihr Beuteschema. Deshalb sind Anlagen wichtig, an denen Räder sicher angekettet werden können. Daran mangelt es tatsächlich. Das merkt schnell, wer viel mit dem Rad in der Stadt unterwegs ist. Verkehrsschilder sind schnell belegt, das Wildparken sieht auch nicht sehr schön aus. Theater, Rathaus, Altstadt, Hindenburgstraße – Radständer sind rar. Nach Angaben der Stadt sind in der Gladbacher City 215 Abstellplätze im Bestand, das Ziel seien 167 mehr. In der Rheydter Innenstadt gebe es derzeit 544 Abstellplätze, auf 650 soll die Zahl erhöht werden. Nicht mitgezählt sind dabei die Radstationen an den Hauptbahnhöfen in Gladbach und Rheydt (siehe nächster Punkt).

Radstationen und Fahrradboxen Die Kombination aus Bahn-Rad-Pendlern hat die Stadt besonders im Blick. Die vor etwa einem Jahr eröffnete Radstation am Gladbacher Hauptbahnhof bietet Platz für fast 700 Räder. Seit 2012 betreibt die Diakonie eine Radstation am Hauptbahnhof Rheydt. Sicheres Unterstellen kostet dort nur 80 Cent am Tag. In beiden Stationen gibt es Reparaturwerkstätten. An den S-Bahnhöfen Lürrip, Wickrath und Herrath entstehen 50 Fahrradboxen, in denen das Rad  eingesperrt werden kann. Sie können per App gebucht werden.

Leihräder An beiden Radstationen können auch Fahrräder ausgeliehen werden. Ein weitflächiges Leihsystem wie in anderen Großstädten gibt es in Mönchengladbach allerdings noch nicht. Man sei dazu in Gesprächen mit Sponsoren beziehungsweise Anbietern, heißt es. Konkrete Ergebnisse gibt es aber noch nicht.

Wegweiser Im vergangenen Jahr wurde die Fahrradwegweisung fast komplett erneuert. Die Stadttochter hat – auf Initiative des Fahrradclubs ADFC – 760 neue Wegweiser mit einem Knotenpunktsystem aufgestellt. Damit lassen sich Routen durch die Stadt besser planen. Auf Basis des mit dem Masterplan Nahmobilität beschlossenen Radverkehrsnetzes wird laut Stadt derzeit die Fahrradwegweisung überplant, damit ein flächendeckendes Netz im Stadtgebiet ausgewiesen werden kann. Die Ausschilderung soll 2019 erfolgen.

Fahrradklima-Test 2016 hat der ADFC Fahrradfahrer aufgerufen, ihre Stadt aus der Perspektive zu bewerten. In Mönchengladbach machten 500 Radler mit und gaben schlechte Noten: Im Durchschnitt gab’s die Schulnote 4,4, was Gladbach in NRW auf den letzten, bundesweit auf den vorletzten Platz brachte. Besonders schlecht bewertet wurden Breite und Oberfläche der Radwege (jeweils 5,1), Falschparkkontrollen auf Radwegen und Führung durch Baustellen (jeweils 5,0), beste Noten gab es für geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung (3,2) und Erreichbarkeit Stadtzentrum (3,6).

((dr) )
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