Finanzhaushalt Erkrath Ratsmehrheit für Haushaltssicherung in Erkrath

Erkrath · CDU, BmU, FDP und AfD haben nach langer Debatte durchgesetzt, dass die Stadt, die im Minus steckt und viele große Bauvorhaben vor der Brust hat, ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept vorbereitet. Die geplante Grundsteuererhöhung ist vom Tisch.

 Stadtflagge am Rathaus Bahnstraße in Alt-Erkrath.

Stadtflagge am Rathaus Bahnstraße in Alt-Erkrath.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Schon im Vorfeld der Ratssitzung hatte sich abgezeichnet, dass es wegen einer darin bereits eingepreisten Grundsteuererhöhung kein Durchwinken des städtischen Haushaltsplans für 2022 geben würde. Bis auf die SPD, die sich sogar für eine Verdopplung der von der Stadt angepeilten Anhebung (von 50 auf 100 Punkte) ausgesprochen hatte, waren alle Parteien gegen die Grundsteuererhöhung. Auch die CDU, die den Bürgermeister stellt.

Eine Erhöhung sei der falsche Weg, unterstrich CDU-Fraktionschef Wolfgang Jöbges in seiner Haushaltsrede. Bevor die Stadt sich im kommenden Jahr zwangsweise einem Haushaltssicherungskonzept unterziehen müsse, weil durch ungedeckte Ausgaben zu viel Eigenkapital verzehrt werde, solle sie sich jetzt schon in eine freiwillige Sicherung begeben. „Ohne ein solches Konzept sehen wir keine Zukunft für die Finanzen der Stadt, es ist die richtige Therapie. Wir werden dem Haushalt nur zustimmen, wenn auf höhere Grundsteuern verzichtet und einem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept zugestimmt wird“, so Jöbges.

Der Kämmerer gehe bereits davon aus, dass das geplante Defizit für 2021 sich von 6,51 auf 8,29 Millionen Euro verschlechtere. „Wir kommen 2021 zu einem Eigenkapitalverzehr von etwa 5,4 Prozent und liegen damit über der Fünf-Prozent-Grenze, die bei zweimaliger Überschreitung ein verpflichtendes Haushaltssicherungskonzept bedeutet“, mahnte Jöbges. Peter Knitsch von den Grünen sieht keine Notwendigkeit für ein solches Konzept. Die Stadt müsse ihre Mehrausgaben in den Griff bekommen. Dafür hätten die Grünen ausreichend Vorschläge gemacht, etwa den Verzicht auf „unnötige und teure Straßenbauprojekte wie an der Berg- und Kattendahler Straße“, auf die mehr als zwei Millionen teure Erschließung der Neanderhöhe und auf neue Wohngebiete auf der grünen Wiese wie Erkrath-Nord, die ebenfalls mit Millionenaufwand erschlossen werden müssten, während erschlossene Flächen wie der ehemalige Sportplatz an der Gink für den Bau preiswerter Wohnungen genutzt werden könnten. Überhaupt müssten alle geplanten Neubauprojekte überprüft werden, nicht zuletzt unter den Aspekten Klima- und Umweltschutz.

Die SPD hat keine Einsparvorschläge vorgelegt, sie hält alle im Stadthaushalt angesetzten Ausgaben für „notwendig und zwingend“ – und fordert als Lösung des Finanzierungsproblems „eine Wende zu deutlichen Einnahmeverbesserungen“, sprich zur deutlich erhöhten Grundsteuer, der einzig verlässlichen Einnahmequelle der Stadt. Die von der Stadtspitze vorgeschlagene Grundsteuererhöhung um 50 Hebesatzpunkte reiche nicht aus, um die sich weiter vergrößernde Finanzierungslücke wirksam zu reduzieren, betonte Fraktionschef Detlef Ehlert in seiner Haushaltsrede. Die Lage sei noch wesentlich verschärft, da nach Einbringung des Haushaltsentwurfs eine Gewinnwarnung der Stadtwerke (=noch eine Million weniger als geplant im Stadtsäckel) aufkam.

Von der CDU, die keine Steuererhöhung will und eine Haushaltssicherung fordert, hat Ehlert bei den Haushaltsberatungen Einsparvorschläge vermisst. „Kein Antrag auf die geforderten Einsparungen, der nicht nur das Wiederaufleben alter Ressentiments belegt hätte (8000 Euro für das Sozialforum); kein Vorschlag, welche städtische Institution denn geschlossen werden solle, um Personal- und Betriebskosten wirklich zu reduzieren; keine Idee, wie denn das jetzt geforderte, freiwillige Haushaltssicherungskonzept inhaltlich aussehen könne, welche Maßnahmen darin mit Aussicht auf Mehrheiten im Rat zu erwarten wären“, so Ehlert.

Einig mit der CDU zeigte sich die BmU, deren Fraktionschef Bernhard Osterwind schon lange eine freiwillige Haushaltssicherung für Erkrath fordert, nicht zuletzt weil defizitäre Haushalte „uns am Umwelt- und Klimaschutz hindern“. Einen auskömmlichen Haushalt erreiche man nur durch konzeptionelles Handeln, bei dem Leitplanken festgeklopft werden müssten und „vielleicht auch ganz normale Ansprüche nicht mehr erfüllt werden können“. Die von der BmU vorgelegten Anträge und Mahnungen zur Aufstellung eines freiwilligen Haushaltssicherungskonzepts dienten diesem Zweck. Je später man dieses Mittel nutze, desto unsozialer die Folgen.

Am Ende einer langen Debatte mit Beratungsunterbrechung gab es keinen Kompromiss, aber eine Mehrheit für ein freiwilliges Sicherungskonzept, die auch mit den Stimmen der FDP zustande gekommen war. Sie hatte der Politik immer wieder einen fehlenden Willen zum Sparen attestiert und forderte den Bürgermeister in der Ratssitzung auf, „echte Reformen der städtischen Finanzen“ anzustoßen. Zuvor war die FDP selbst mit vielen, unpopulären Einsparvorschlägen – unter anderem kompletter Abbau von Zuschüssen für Begegnungsstätten, Kürzung von Personalkosten für Musik- und Volkshochschule, Einsparungen bei den Hilfen für junge Menschen und deren Familien – in die Fachausschüsse gegangen. Sie hatte zudem einen Kostendeckel von 38 Millionen Euro für den Neubau der Feuer- und Rettungswache vorgeschlagen, aber letztlich für keinen ihrer Vorschläge eine Mehrheit gefunden.

Jetzt soll also ein Haushaltssicherungskonzept die Stadtfinanzen langfristig in Ordnung bringen und ab 2025 ausgeglichene Haushalte ermöglichen. Dabei werde, unterstreicht die FDP, externer Sachverstand mit einbezogen und soweit möglich auch langfristig auf Steuererhöhungen verzichtet. Ohne höhere Grundsteuer und abzüglich der Gewinnwarnung der Stadtwerke liegt das vom Kämmerer für 2022 errechnete Defizit bei rund vier Millionen Euro. Zuzüglich 10,2 Millionen Euro Pandemie-Schaden, der jedoch in einem Sonderhaushalt isoliert und ab 2025 über 50 Jahre hinweg abgeschrieben werden kann.

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