Leichtathletik Drei Weltrekorde beim Para-Heimspiel

Leverkusen · Die deutsche Sprint-Staffel der Männer schreibt auf der Anlage des TSV Bayer Geschichte und wirbt damit für die Wiederaufnahme der 4x100-Meter ins paralympische Programm. Viele weitere Bestmarken fallen.

 Die Para-Sprinterinnen Maria Tietze (TSV Bayer), Kimberly Alkemade und Kiki Hendriks (v.l.) auf der Bahn in Manfort.

Die Para-Sprinterinnen Maria Tietze (TSV Bayer), Kimberly Alkemade und Kiki Hendriks (v.l.) auf der Bahn in Manfort.

Foto: IMAGO/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/B.Hoffmann

Das Para-Leichtathletik Heimspiel des TSV Bayer 04 ist auch in der dritten Auflage seinem Ruf als Rekordschmiede treu geblieben. Die Weltbestmarke für die 4x100-Meter-Staffel der deutschen Sprinter mit Amputation und der niederländischen Frauen sowie der Niederländerin Fleur Jong über 100 Meter waren aber nur drei der vielen hochklassigen Leistungen, die im Manforter Stadion gezeigt wurden.

Es war aber zunächst zu befürchten, dass es der Rückenwind in diesem Jahr zu gut meinte mit den paralympischen Sprintern. Reihenweise hagelte es Bestzeiten in den Vorläufen, oft war aber die Windunterstützung zu stark für eine Wertung. Der Ex-Leverkusener Felix Streng, der mittlerweile in London trainiert, sprintete mit 10,56 Sekunden schneller als je zuvor. Johannes Floors lieferte flotte 10,68 Sekunden ab und Phil Grolla lief mit 10,87 Sekunden zum dritten Mal in der Saison unter elf Sekunden – aber wieder war der Rückenwind zu stark. Dem Wolfsburger gelang es aber im Finale, die magische Marke zu knacken: Mit 10,88 Sekunden lief er deutschen Rekord bei den armamputierten Sprintern. 100-Meter-Paralympics-Sieger Streng gelang mit 10,69 Sekunden die schnellste Zeit des Tages, Floors ließ es über 200 Meter mit 20,79 Sekunden krachen – nur eine Zehntel langsamer als sein Weltrekord.

Was aus den schnellen Zeiten klar wurde: Nie stand die Chance für einen Weltrekordversuch mit der 4x100-Meter-Staffel besser. Denn das Quartett bestehend aus Grolla, Floors und Streng wurde von Markus Rehm komplettiert, der im Weitsprung auf 8,49 Meter kam. „Direkt danach bin ich zur Staffel. Wir haben das vor einigen Jahren zum letzten Mal gemacht und hatten genau so viel Spaß wie damals“, sagte Rehm. 2015 und 2017 war die deutsche Staffel Weltmeister, 2016 Paralympics-Sieger und 2018 Europameister – doch bei der Heim-EM in Berlin wurde sie letztmals gelaufen, ehe sie gestrichen wurde.

Dass sich die Staffel lohnt, wurde beim Heimspiel deutlich. Die mehr als 500 Zuschauer blickten gespannt auf die Rundbahn. Als die Zielzeit bei 40,52 Sekunden stehen blieb, brandete Jubel auf. 40,73 Sekunden war der Weltrekord der USA von der WM in Lyon 2013, nun war die reaktivierte Staffel 21 Hundertstelsekunden schneller gesprintet. „Dass so eine Zeit rauskommt, haben wir gehofft, aber dass es echt so kommt, ist umso schöner“, sagte Rehm und Streng, der in Leverkusen ausgebildet wurde, jetzt aber für das Sprint-Team Wetzlar startet, ergänzte: „Ich glaube, wir wollen alle die Staffel wieder zurückhaben.“ Rehm wollte die guten Bedingungen am zweiten Wettkampftag zudem nutzen, um seinen eigenen Weltrekord (8,66 Meter) anzugreifen. Mit 8,31 Metern schaffte der Weitspringer das nicht, sendete aber eine Kampfansage: „Dann mache ich das eben nächstes Jahr – ich bin noch nicht fertig.“

Das wurde auch von der weiblichen Konkurrenz unterstrichen. Das niederländische Team Para Atletiek lief mit Kiki Hendriks, 100-Meter-Weltrekordhalterin Fleur Jong, Doppel-Paralympics-Siegerin Marlene van Gansewinkel und Speerwerferin Noelle Roorda erstmals die Staffel und verbesserte in 51,92 Sekunden auf Anhieb den Weltrekord. Vorab hatte Fleur Jong in 12,46 Sekunden bereits den Weltrekord bei den Sprinterinnen mit zwei Unterschenkel-Prothesen verbessert.

Stark präsentierten sich auch die heimischen Athleten – allen voran Doppel-Weltmeisterin Irmgard Bensusan. Sie sprintete erst 12,81 Sekunden mit zu viel Rückenwind über 100 Meter und bestätigte die gute Leistung im Finale mit 12,93 Sekunden. Zudem lief sie die 400 Meter in 60,57 Sekunden. Pia Stemski hatte ihrer Mitbewohnerin Nele Moos und Bensusan Tempo gemacht, für Moos sprang dabei eine persönliche Bestzeit von 62,20 Sekunden heraus. In ihrem Windschatten und mit Unterstützung von Jonas Klein unterbot auch Franziska Dziallas im gleichen 400-Meter-Rennen ihren deutschen Rekord auf 65,92 Sekunden.

So waren alle zufrieden. „Wir hatten erstmals über 500 Zuschauer hier und dank der Zusammenarbeit mit Bayer 04 Leverkusen Fußball einen Livestream, durch den viele Menschen zuhause unser Sportfest verfolgen konnten“, sagte Jörg Frischmann, Geschäftsführer der Para-Leichtathleten im TSV. „Ich freue mich neben den tollen Leistungen auch, dass so viel Sport-Prominenz den Weg zu uns gefunden hat.“

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