Leverkusen nach der Explosion Fünf Tote – eine Stadt weint und trauert

Leverkusen · Drei weitere Tote wurden nach der Explosion im Entsorgungswerk von Currenta geborgen. Das Mitgefühl mit Opfern und Angehörigen bricht sich vor allem in den sozialen Medien Bahn.

 Kerzen für die Opfer – Trauerbekundung nach der tödlichen Explosion im Entsorgungszentrum Bürrig.

Kerzen für die Opfer – Trauerbekundung nach der tödlichen Explosion im Entsorgungszentrum Bürrig.

Foto: Uwe Miserius

 Zwei Tage nach der verheerenden Explosion in der Chemie-Entsorgung des Chemparks verharrt Leverkusen weiter in Schockstarre. Noch bleibt unklar, wie giftig die ausgetretenen Stoffe tatsächlich waren, die sich über eine gigantische dunkle Rauchwolke über Häuser, Gärten und Spielplätze der Stadt und umliegender Gebiete verteilt hatte. Ergebnisse einer Analyse des Landesumweltamts werden für Ende der Woche erwartet. Davon wird abhängig gemacht, welche Schutzmaßnahmen weiter gelten sollen (siehe Info). So hatte die Stadt vorsichtshalber die Spielplätze gesperrt und Verhaltensregeln im Umgang etwa mit vom Ruß kontaminierten Gegenständen ausgegeben.

Auch das Schicksal der noch vermissten Mitarbeiter ist weiter ungewiss, die sich zur Zeit der Explosion im Werk aufhielten und von denen seither jede Spur fehlt. Die Chance, sie noch lebend aus den Trümmern zu bergen, wird von den Verantwortlichen als äußerst gering eingeschätzt. Am Donnerstagnachmittag wurden dann drei tote Menschen am Unglücksort geborgen. Durch die Explosion am Dienstagmorgen waren zunächst zwei Mitarbeiter des Werks getötet worden. 31 wurden verletzt. 

 Vor dem Currenta-Gebäude im Chempark wehen die Fahnen auf halbmast.

Vor dem Currenta-Gebäude im Chempark wehen die Fahnen auf halbmast.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Zur Identität der Toten machen die Ermittler bisher keine Angaben. Wie der SC Germania Reusrath gegenüber unserer Redaktion bestätigte, handelt es sich bei einem der beiden Opfer um ein langjähriges Mitglied des Vereins. Der Langenfelder Fußball-Landesligist hatte auf Facebook einen Trauerpost mit Name und Foto des Verstorbenen veröffentlicht, der aber inzwischen wieder entfernt wurde. „Unsere Gedanken sind bei deiner Familie, deinen Freunden und allen dich Liebenden“, heißt es darin.

 Schadstoff-Messwagen der Currenta fahren wie hier in Bürrig weiter durch die Straßen.

Schadstoff-Messwagen der Currenta fahren wie hier in Bürrig weiter durch die Straßen.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Der Mann war Schichtmeister bei Currenta und in dem Verein in vielfältigen Funktionen tätig, unter anderem als Jugendvorstand, als Torwarttrainer und bei den Alten Herren. Er hinterlässt eine Frau und zwei Söhne. Die Trauer unter den Mitgliedern sei groß. Der Verein habe viele Reaktionen erhalten, heißt es aus dem Vorstand. Der Facebook-Post sei mit der Familie abgestimmt, dann aber wegen des großen Medieninteresses zurückgezogen worden. 

Von Currenta beauftragte Seelsorger kümmern sich um die Angehörigen der Opfer und Vermissten. Currenta-Vorstandschef Frank Hyldmar hatte am Mittwoch Unterstützung für die Angehörigen zugesagt. In den Sozialen Medien äußern Menschen ihre Anteilnahme. Auf der Currenta-Seite wurde das Unternehmenslogo mit schwarzem Hintergrund versehen. Dort sammeln sich Beileidsbekundungen: Bilder mit Engeln, Herzen, Kerzen sind zu sehen.

„Mein herzliches Beileid gilt den Angehörigen der Verstorbenen. Man kann sich gar nicht vorstellen was sie gerade empfinden und wie sie gerade leiden und um ihre Liebsten trauern“, schreibt ein Leverkusener. „Morgens früh gingen ihre Liebsten wie immer aus dem Haus mit den Worten „bis später ….. Aber leider gab es kein später mehr.“ Und weiter: „Als Leverkusener gehen die letzten Tage leider nicht so schnell aus meinen Kopf raus. Es tut weh, unsere Stadt so leiden zu sehen.“ Das Unternehmen bedankt sich auf Facebook für die Anteilnahme mit diesen Worten: „Wir sind bewegt von der großen Anteilnahme der Community. Vielen Dank für all eure Kommentare und Nachrichten.“

Die Stadtverwaltung hatte Halbmast-Beflaggung vor dem Rathaus und Behördengebäuden angeordnet. Auch Currenta hat die Fahnen vor der Firmenzentrale im Chempark auf halbmast gesetzt. Das Unternehmen bereitet nach Angaben von Sprecher Maximilian Laufer einen Trauerort unweit des Werksgeländes vor, wo sich Menschen versammeln können. Auch sei eine Trauerfeier angedacht. Konkreteres will das Unternehmen in Kürze bekannt geben. „Das sind dunkle Stunden“, sagt der Currenta-Sprecher. „Hier gibt es viele weinende Menschen.“

Bayer 04 hat bei der Partie am Mittwochabend in Leverkusen gegen den FC Utrecht im Gedenken an das Unglück in Trauerflor gespielt. Vor dem Stadion sind die Fahnen auf halbmast. Nach RP-Informationen hat Bayer 04 vor dem Spiel die Anlage auf Partikelniederschlag geprüft, am Unglückstag die Windrichtung im Auge behalten, um das Spiel stattfinden lassen zu können. Am Dienstag hatte nach der Detonation das angesetzte Training drinnen stattgefunden.

Der Bayer-Konzern, der bis 2020 rund 60 Prozent der Anteile an Currenta gehalten hat, hat die Beflaggung vor der Konzernzentrale im Gedenken an die Opfer der Explosion auf halbmast gesetzt. Im Intranet gingen und gehen zahlreiche Kommentare der Bayer-Beschäftigten ein, „die tiefe Betroffenheit aber auch die Verbundenheit mit den Opfern, aber auch mit den Beschäftigten der Currenta“, zeigen, sagt ein Konzernsprecher. Bayer-Chef Werner Baumann hat gegenüber Currenta im Namen des Vorstands und aller Mitarbeiter seine Betroffenheit formuliert: „Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt allen, die bei diesem schrecklichen Unfall zu Schaden gekommen sind. Unsere Gedanken sind auch bei den Familien der Betroffenen.“ Zudem: „Wo immer wir den Kollegen der Currenta in der Aufarbeitung des Unfalls und seiner Folgen helfen können, geschieht das durch die entsprechenden Fachabteilungen“, merkt der Sprecher an. Auch Covestro hat Hilfe angeboten. Der Kunststoffhersteller und Lanxess haben Trauerbeflaggung angeordnet.

Von Bürgern kommt Kritik zu Tempo und Transparenz bei der Aufklärung. „Nicht ignorieren kann ich die lückenhafte und schleppende Aufklärung der zuständigen Firma nach dieser Druckwelle, die so viele Opfer gefordert hat“, sagt etwa die Leverkusenerin Victoria Ishag.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort