Leverkusen CDU wirbt mit Lustfaktor, SPD mit Harmonie

Leverkusen · Knallhart war einmal in der politischen Plakatelandschaft. Axel Kaechele von der Leverkusener Werbeagentur Herrmann-Kaechele sagt: "Früher war Wahlwerbung rot. Eine Zeit lang hatten SPD, CDU und Linke alle rote Schriftzüge. Für den Betrachter wirkte das alles gleich, nämlich hart."

Leverkusen: CDU wirbt mit Lustfaktor, SPD mit Harmonie
Foto: Uwe Miserius

Knallhart war einmal in der politischen Plakatelandschaft. Axel Kaechele von der Leverkusener Werbeagentur Herrmann-Kaechele sagt: "Früher war Wahlwerbung rot. Eine Zeit lang hatten SPD, CDU und Linke alle rote Schriftzüge. Für den Betrachter wirkte das alles gleich, nämlich hart."

 Lokale Verbundenheit: Helmut Nowak und Karl Lauterbach (r.) werben intensiv mit ihren Plakaten im Wahlkreis Leverkusen/Köln. Nowak ist auf diesem Plakat auf der B 8 am Chempark zu sehen. Das "Willkommen" gehört zur Chempark-Werbung. Lauterbachs Plakat hängt ein Stück weiter an der B 8 an der Stadtgrenze zu Flittard.

Lokale Verbundenheit: Helmut Nowak und Karl Lauterbach (r.) werben intensiv mit ihren Plakaten im Wahlkreis Leverkusen/Köln. Nowak ist auf diesem Plakat auf der B 8 am Chempark zu sehen. Das "Willkommen" gehört zur Chempark-Werbung. Lauterbachs Plakat hängt ein Stück weiter an der B 8 an der Stadtgrenze zu Flittard.

Foto: Schütz, Ulrich (us)

Heute, sagt Werbe-Experte Axel Kaechele, sind die Farben weicher. Er schaute sich für die RP die Werbewirkung von Plakaten Leverkusener Kandidaten genauer an:

Leverkusen: CDU wirbt mit Lustfaktor, SPD mit Harmonie
Foto: Schütz, Ulrich (us)

Karl Lauterbach (SPD)

Leverkusen: CDU wirbt mit Lustfaktor, SPD mit Harmonie
Foto: Schütz, Ulrich (us)

Der Hintergrund verläuft von Rot ins Violette, "das ist weniger hart als rot, strahlt Vertrautheit, Wärme und Nähe aus", urteilt Kaechele. Auf Nähe baut das Plakat auch beim Kopf, "der ist angeschnitten, wirkt dadurch nah. Es wird auf die Sympathie des Gesichts gesetzt. Lauterbach ist eine markante Persönlichkeit, durchs Fernsehen bekannt. Selbst die Fliege passt in die Choreografie des Bildes."

Leverkusen: CDU wirbt mit Lustfaktor, SPD mit Harmonie
Foto: Schütz, Ulrich (us)

Für schwierig hält Kaechele den Absender: Das rote SPD-Logo, das "im Violett relativ stark absäuft, sticht nicht prägnant hervor." Anmerkenswert: Lauterbach verweist auf seine eigene Homepage. "Das kann man machen. Stärker wäre es aber in einem Bundestagswahlkampf, auf die allgemeine Seite der Partei zu verweisen." Insgesamt findet Axel Kaechele das "Plakat fast schon zu harmonisch".

 Die FDP setzt auf Themen und den Kandidatenkopf, die Grünen auf Authentizität, die Linken auf viele Worte, die Piraten auf Großbuchstaben.

Die FDP setzt auf Themen und den Kandidatenkopf, die Grünen auf Authentizität, die Linken auf viele Worte, die Piraten auf Großbuchstaben.

Foto: Schütz, Rzepka

Helmut Nowak (CDU)

 Die FDP setzt auf Themen und den Kandidatenkopf, die Grünen auf Authentizität, die Linken auf viele Worte, die Piraten auf Großbuchstaben.

Die FDP setzt auf Themen und den Kandidatenkopf, die Grünen auf Authentizität, die Linken auf viele Worte, die Piraten auf Großbuchstaben.

Foto: Schütz, Rzepka

Apropos Harmonie: Die neue CDU-Farbe ist Orange, auch die stehe für Wärme, auch Frische, Aktivität und Lust. Hat jedenfalls Laurenz Meyer, Ex-Generalsekretär der CDU, in einem Interview mit der Wochenzeitung "Zeit" gesagt: Die Farbe habe einen "Lustfaktor".

Kaechele formuliert: "Beide großen Parteien zielen auf Vertrauen und Menschlichkeit." Für den Werbeexperten fehlt auf dem Nowak-Plakat Dynamik. Entweder hätte das Porträt mehr Gesicht zeigen müssen oder "Gegenstände um ihn herum oder eine Handbewegung."

Interessantes Detail: Nowak trägt (wie Lauterbach) ein blaues Oberhemd. "Das korrespondiert mit den Großplakaten der Partei. Auch dort ist Blau zu sehen. Orange und Blau sind Komplementärfarben. Blau spiegelt Vertrauen wieder." Wohl auch deshalb hat sich Blau zur beliebten Firmenfarbe gemausert.

Guido Fischer (FDP)

Die Farbwirkung des in den FDP-Farben Gelb und Dunkelblau gehaltenen Plakats analysiert Kaechele so: "Der Vorteil ist, man erkennt es — aber nur, weil die Farben seit 20 Jahren gleich sind. Die hat der Betrachter gelernt." Kaechele beurteilt die Gestaltung als "handwerklich nicht so gut" gemacht. Der Hintergrund sei nicht erkennbar. "Ist das etwa eine Achterbahn? — Für das Medium Plakat hat man als Werber nur ein, zwei Sekunden Zeit, um die Message rüberzubringen an Autofahrer, da dürfen die nicht über den Hintergrund grübeln müssen." Den Gesichtsausdruck wünscht der Werbemann sich weniger skeptisch.

Rainer Blum (Grüne)

Lob vom Experten: "Der Kopf ist angeschnitten, sprengt etwas den Rahmen. Das wirkt, als ob er aus dem Bild rauskommt, das ist dynamisch. Der grüne Hintergrund ist authentisch." Zu kleinteilig findet Kaechele die Kulisse Leverkusens als Hintergrund. "Motive aus dem Wahlkreis, sind eine gute Idee, ein bis zwei Elemente hätten dem Betrachter aber mehr geholfen."

Die Grünen haben auch Themenplakate aufgehängt — mit der Frage "Und Du?" versehen. Kaechele: "Ich gehe davon aus, dass Politiker etwas für mich tun. ,Und Du' suggeriert, dass ich etwas tun soll. Aber was? Mutig finde ich, dass kein Absender auf den Plakaten ist. Hier setzen die Grünen auf gelernte Farbgebung. Ein Plakat ohne Absender kann aber nach hinten losgehen."

Die Linken

"Sie machen mit Themen Wahlkampf. Da steht zu viel Kleingedrucktes. Das kann man so schnell nicht erfassen. Der Betrachter steht mit fettgedruckten Worten wie ,Revolution' alleine da." Die Linken nutzen weiterhin Rot in ihrem Logo.

Piraten

Sprüche wie "Warum hänge ich hier eigentlich?" findet Kaechele nicht gut. Die Plakate böten wenig Zusammenhalt. "Bei der Gestaltung hat eher keine Agentur mitgewirkt, sondern das Ehrenamt." Die Farbgebung in Orange und Schwarz erinnert ihn an "einen großen deutschen Elektronikhändler". Dass die Partei auf Großbuchstaben setzt, hält er für "eine Herausforderung für Autofahrer. Versalien sind schwer zu lesen". Pikant: "Als Partei, die für neue Medien steht, haben sie auf den Plakaten, die ich gesehen habe, gar nicht ihre Internetadresse notiert."

(RP)
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