Spritpreise in Krefeld Tankwarte leiden unter aggressiven Kunden

Krefeld · Die horrenden Spritpreise machen viele Autofahrer wütend. Oft lassen sie ihrer Aggression an der Tankstelle freien Lauf. „Wenn das so weitergeht, muss ich zum Psychiater“, klagt ein Tankwart.

 Alessandro Padulo, Kassierer einer Star-Tankstelle, leidet unter der aggressiven Grundstimmung der Kunden.

Alessandro Padulo, Kassierer einer Star-Tankstelle, leidet unter der aggressiven Grundstimmung der Kunden.

Foto: Sven Schalljo

Die aktuell hohen Spritpreise sind für viele Menschen ein Ärgernis, für viele auch ein echtes Problem. Doch eine Gruppe leidet besonders stark: die Kassierer und Tankwarte an Tankstellen. „Am Ende sind wir die Fußabtreter. Viele Autofahrer sind sehr ungehalten. Sie schimpfen je nach Gusto über Putin, die Grünen oder beide, und wir dürfen uns alles anhören. Gern sind wir auch schuld, weil sie denken, wir würden die Preise machen“, erzählt die Leiterin einer großen Ketten-Tankstelle im Innenstadtbereich, die ihren Namen nicht genannt wissen möchte.

Es ist ein Bild, das sich wiederholt. Die Konzerne haben oft die Vorgabe erteilt, sich nicht zu äußern. Darum machen Tankwarte und ihr Personal  Aussagen nur unter Zusicherung der Anonymität.

Eine Ausnahme ist Alessandro Padulo, Kassierer einer Star-Tankstelle. „Ich habe erst heute zu meinem Kollegen gesagt: Wenn das so weiter geht muss ich zum Psychiater“, klagt er. Oft werde er persönlich angegangen. „Die Leute schimpfen, ich hätte schon wieder die Preise erhöht. Oder sie wollen von mir wissen, wann sie wieder runter gehen und was denn heute die beste Zeit zum Tanken sei. Ich muss dann immer sagen: ‚Keine Ahnung‘“, erzählt er. Faustregeln, wie sie noch vor einiger Zeit galten, dass beispielsweise früh morgens und spät abends die Preise am niedrigsten waren, würden längst nicht mehr gelten. „Wir haben bis zu vier Preisänderungen pro Stunde. In alle Richtungen. Es gibt keine Regeln mehr“, sagt er.

Besonders ärgern Padulo zwei Dinge: „Viele beklagen sich über den Dieselpreis, hamstern aber gleichzeitig Heizöl, also Diesel, aus Angst vor einem Versorgungsengpass. Ich muss kein Wirtschaftsweiser sein, um den Zusammenhang zu erkennen“, sagt er. Der zweite Punkt: „Meiner Beobachtung nach regen sich die Menschen, die es sich eigentlich leisten könnten, am meisten auf. Ich habe fast nie jemanden mit einem Fiat Punto oder Smart, der schimpft. Aber die dicken Porsche Cheyenne werden mit E10 statt Super Plus betankt, weil es ein paar Cent billiger ist. Dass es den Motor schädigt, ist egal. Umso lauter schimpfen die Fahrer“, erzählt er.

Anstrengend seien auch, so erzählen verschiedene Angestellte, die immer gleichen Witze. „Mein persönlicher Favorit ist: „Hab ich jetzt die Tankstelle gekauft?“. Den höre ich gefühlt alle fünf Minuten“, erzählt Christian, Tankwart einer Tankstelle im Krefelder Norden. Dort allerdings sei die Wut der Autofahrer nicht so groß. Ein Erklärungsansatz? „Mindestens die Hälfte der Menschen, die hier tanken, tun dies mit Tankkarten, haben also Firmenwagen. Denen sind die Preise schlicht egal“, vermutet er. Dann kommt ein Kunde herein. „Das kostet ja so viel wie Gold“, sagt er.

An einer freien Tankstelle im Westen der Stadt kommt es zwischen zwei gereizten Kunden fast zu einer Schlägerei. „Das ist aktuell Standard. Viele Kunden sind sauer und lassen das dann am ebenfalls wütenden nächsten Kunden aus“, erzählt der Kassierer. Sein Hass-Spruch: „Oft höre ich „Ich wollte gar nicht die Säule kaufen“. Dabei immer zu lächeln, ist nicht leicht“, sagt er. Die Inhaberin sieht allerdings auch Möglichkeiten der Handhabe. „Wir haben auch eine Tankstelle im ländlichen Raum. Dort sind die Leute entspannter. Wichtiger ist aber: Wie gehe ich auf sie zu. Bei besonders genervten Kunden frage ich zum Beispiel manchmal: ,Brauchen Sie eine Therapiesitzung? Wir haben Kaffee hier und können reden‘. Das hat bisher immer dazu geführt, dass wir gemeinsam lachen und die Sache entspannter wird“, sagt sie.

Wichtig ist den Angestellten aber vor allem, dass sie ebenfalls Opfer sind. „Ich fahre selbst einen Diesel. Ich zahle diese Preise doch auch und kann nichts dafür“, sagt Markus, Kassierer einer Tankstelle im Zentrumsbereich. Wichtig auch: „Wir machen die Preise nicht, wir kennen die zukünftigen Preise nicht, wir sind nicht verantwortlich“, fährt er fort.

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