Wirtschaft in Krefeld Kontroverse um Lanxess-Hydrieranlage

Krefeld · Lanxess will seine Kapazität erweitern. Umweltverbände protestieren. Einer Genehmigung steht aber wenig im Wege.

 Lanxess ist eines der größten Unternehmen im Chempark. Die neue Anlage wird eine bestehende ersetzen und die Kapazität deutlich erhöhen.

Lanxess ist eines der größten Unternehmen im Chempark. Die neue Anlage wird eine bestehende ersetzen und die Kapazität deutlich erhöhen.

Foto: Lanxess

Kunststoffe sind in der öffentlichen Diskussion in Verruf geraten. Die Bilder verschmutzter Meere und Strände haben sich fest in die Köpfe gebrannt. Damit sehen gerade Umweltschützer jede Erweiterung der Produktion kritisch. Das gilt auch für das aktuelle Lanxess-Projekt. Hier soll eine Hydrieranlage erneuert und damit die Produktionsmenge deutlich erhöht werden. Gegen dieses vorhaben erheben beispielsweise der Bund für Umwelt und Naturschutz und der Naturschutzbund Deutschland (BUND) Einspruch.

„Die Genehmigungen, mit denen die Anlage bis heute arbeitet, sind aus unserer Sicht nicht ausreichend. Sie stammen aus den 60er Jahren und wir denken, dass wichtige Dinge lückenhaft sind. Damit ist aus unserer Sicht auch die aktuelle Erweiterung nicht genehmigungsfähig“, sagt beispielsweise Angelika Horster vom BUND. Das allerdings sehen die Verantwortlichen bei Lanxess und der zuständigen Bezirksregierung anders. „Wir können alle Genehmigungen lückenlos beibringen. Formal ist hier alles in Ordnung. Außerdem sind die im fraglichen Verfahren verwendeten Substanzen durchgehend unbedenklich. Keine der Substanzen ist beispielsweise als besonders Gewässergefährdend eingestuft. Die Stoffe liegen in der niedrigsten Gewässergefährungsklasse eins. Zum Vergleich: Jede Tankstelle hat die höchste Klasse drei“, sagt der verantwortliche Leiter des Hydrierbetriebes, Lutz Frohn.

Ein Hydrierbetrieb bezeichnet eine Anlage, die in einem Behälter, dem Reaktor, mit Hilfe von Druck, entsprechenden Temperaturen und weiteren Stoffen, die bei der Reaktion helfen, sogenannten Katalysatoren, Wasserstoffatome an Moleküle bindet und damit deren chemische Eigenschaften verändert. Im fraglichen Fall geht es um eine Anlage, die Hexandiol herstellt. „Hexandiol ist ein Vorprodukt hochwertiger Kunststoffe, die zum Beispiel für hoch beanspruchte Lacke, für Kunstleder oder Werkstoffe in Hightechanlagen wie Windrädern zum Einsatz kommt. Mit Polyethylen, wie es für Kunststoffflaschen genutzt wird, oder dergleichen Substanzen, hat es wenig gemein“, erläutert Produktionsleiter Gerald John.

 Die großen Anlagen auf dem Unternehmensgelände sind für Außenstehende extrem unübersichtlich.

Die großen Anlagen auf dem Unternehmensgelände sind für Außenstehende extrem unübersichtlich.

Foto: Lanxess

Dem hält Horster entgegen, dass auch der beständigste Lack bei Beanspruchung abgerieben werde. „Dabei entstehen feinste Partikel, die sogenannten Mikrokunststoffe, die mittlerweile sogar in der Arktis oder in abgelegenen Wäldern, auch im idyllischen Bayern, nachgewiesen wurden“, sagt sie.

Lanxess beruft sich auf seine hohen Umweltstandards und verspricht, dass die neue Anlage die Sicherheit sogar erhöhen würde. „Wir haben eine thermische Abgasreinigung. Die im Prozess entstehenden Nebenprodukte sind Kohlenwasserstoffe, die komplett verbrennen. Es kommt aber vor, dass diese Reinigung ausfällt. Dafür gibt es zukünftig ein Notfallsystem, das zugeschaltet werden kann. Diese sogenannte Fackel kann schnell gezündet werden und im Falles eins Ausfalles die Abgase reinigen“, erläutert Frohn.

Die Umweltschützer fürchten durch die Fackel sowohl Lärmbelastung, als auch helles Licht und nicht zuletzt den Energieverbrauch. Sie wird mit Erdgas oder Brennbaren Abfallprodukten der Reaktion betrieben. Lanxess beruft sich darauf, dass die Fackel in einem Schornstein verbaut würde. Lärm und Licht seien damit keine Faktoren, zumal sogar eine zusätzliche Lärmschutzwand gebaut werde. Außerdem nehme das Unternehmen Umweltschutz sehr ernst und arbeite mit höchsten Standards. „Ist es da nicht besser, wenn wir hier produzieren, als ein Wettbewerber in China oder Indien mit geringeren Auflagen?“, fragt Frohn.

„Nein“, hält Horster entgegen. „Die Mär der geringen Umweltstandards im Ausland zählt nicht mehr. Andere Länder holen hier auf. Wir müssen weniger produzieren. Das ist der Weg.“ Damit aber stößt sie auch bei der Bezirksregierung auf wenig Zustimmung. Die Juristen ließen bereits durchblicken: Eine Genehmigung kann wohl kaum vorenthalten werden.

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