Korschenbroichs Klimaschutzbeauftragte Julia Federer „Kreativer werden für mehr Klimaschutz“

Interview | Korschenbroich · Jede kleine Änderung kann helfen, die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Die Stadt Korschenbroich gibt Tipps, wie jeder Bürger etwas für die Verringerung der CO2-Emissionen tun kann.

 Ein Sonnenblumenfeld steht vor einem Kohlekraftwerk und Windrädern. Nicht nur bei der Art der Energiegewinnung auch beim Verbrauch gibt es CO 2 -Einsparungspotenzial.

Ein Sonnenblumenfeld steht vor einem Kohlekraftwerk und Windrädern. Nicht nur bei der Art der Energiegewinnung auch beim Verbrauch gibt es CO 2 -Einsparungspotenzial.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Was sind konkret Ihre Aufgaben?

 Klimaschutzbeauftragte Julia Federer.

Klimaschutzbeauftragte Julia Federer.

Foto: Stadt Korschenbroich

JULIA FEDERER Ich bin damit beauftragt, ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Korschenbroich zu erstellen. Dazu zählt, dass sich die Stadt positioniert, was wollen wir im Klimaschutz kurz-, mittel- und langfristig erreichen? Zielsetzung sind die nächsten fünf Jahre für konkrete Maßnahmen.

Sie haben im Mai 2020 – mitten in der Corona-Pandemie – Ihren Job angetreten. Was konnten Sie bereits umsetzen?

FEDERER Ich arbeite vorrangig an der Konzepterstellung. Parallel habe ich zudem kleinere Kampagnen der Stadt übernommen wie das Stadtradeln oder den „Klimaschutzpreis“, der vergangenes Jahr ausgelobt wurde.

Wie arbeiten Sie derzeit: Im Homeoffice oder sind Sie viel draußen unterwegs?

FEDERER Es sind natürlich schon erschwerte Bedingungen, mit Bürgern in Kontakt treten zu können. Aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Deshalb haben wir z.B. die Klimaschutz-Umfrage online gestartet. Es ist sehr schade, dass ich nicht im direkten Dialog mit Bürgern stehen kann. Aber wir versuchen, so transparent wie möglich zu sein.

Gab es bereits Ideen von Bürgern, die Sie direkt angehen konnten?

FEDERER In der Online-Umfrage gibt es zum Teil sehr praktische Vorschläge. Das reicht von Anregungen für eine Abstellanlage für Räder bis hin zu einem Lastenrad-Verleih. Es gibt zudem sehr spezifische Angaben z.B. Orte, wo extreme Hitzebelastung aufgetreten ist.

 Georg Onkelbach, Beigeordneter der Stadt.

Georg Onkelbach, Beigeordneter der Stadt.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

GEORG ONKELBACH Ein paar der Ideen wie beispielsweise einen Lastenrad-Verleih hatten wir auch bereits im Rat. Diese Anträge sind zunächst abgelehnt worden. Es ist eine sehr aufwändige Aufgabe, die Frau Federer hat. Ihr gelingt es aber sehr gut, alle Beteiligten – Verwaltung, Politik und Bürger – einzubinden.

Wie wird die Auswertung der Klimaschutz-Umfrage erfolgen?

FEDERER Bei der Stadt gibt es eine Projektgruppe, in der alle Ämter vertreten sind. Gemeinsam besprechen wir, was umsetzbar ist. Im nächsten Schritt muss die Politik miteinbezogen werden. Denn sie entscheidet letztlich darüber, welche Maßnahmen erfolgen und ob Mittel bereitgestellt werden sollen.

Wann ist denn mit ersten Umsetzungen zu rechnen?

FEDERER Frühestens im September können wir damit beginnen.

ONKELBACH Wir haben ja auch noch als Verwaltung einige andere Aufträge von der Politik erhalten. So sind wir gehalten, ein Mobilitätskonzept zu erstellen. Viele der Ideen, die im Rahmen der Klimaschutz-Umfrage eingehen, müssen eventuell auch darin berücksichtigt werden.

Wo sehen Sie die größten Defizite im Bereich Klimaschutz in Korschenbroich?

FEDERER Ich möchte nicht von Defiziten sprechen. Es geht vielmehr darum, zu bündeln, was bislang an Aktivitäten gelaufen ist. Denn es ist ja auch bevor ich gekommen bin, schon einiges passiert. Den Klimaschutz-Preis beispielsweise gibt es schon lange. Ebenso wie den Umweltmarkt, der sehr gut angekommen ist. Von daher geht es auch darum, eventuell Vorhandenes wieder neu aufleben lassen und in das Konzept aufzunehmen. Ein externes Büro ist zudem damit beauftragt, herauszufinden, wo wir das größte Potenzial haben, Treibhausgase einzusparen.

Die Erarbeitung eines ganzheitlichen Klimaschutzkonzeptes zählt zu Ihren vorrangigen Aufgaben. Was heißt ganzheitlich? Welche Bereiche erachten Sie als zwingend?

FEDERER Dazu muss man wissen: Die Treibhausgas-Bilanz teilt sich in vier Bereiche auf. Verkehr, Energieverbrauch der Bürger, der Unternehmen und der Kommune. Diese vier Bereiche beziehen wir in das ganzheitliche Konzept mit ein und definieren dann Handlungsfelder.

Wie ist es um die CO2-Bilanz der Stadt Korschenbroich bestellt?

FEDERER Die sieht nicht schlecht aus. Das liegt u.a. daran, dass sich die Treibhausgas-Bilanz auf die Stadt bezieht und von daher keine Autobahnen miteinbezogen sind. Die Emissionen, die auch Korschenbroicher auf den Autobahnen verursachen, werden somit nicht angerechnet.

Können Sie Zahlen nennen?

FEDERER Aktuell liegen wir bei sechs Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr pro Einwohner. Im Bundesvergleich liegt der Durchschnitt bei elf Tonnen. Das heißt: Korschenbroich steht ganz gut da. Das heißt aber nicht, dass wir nichts machen müssen. Denn das Ziel der Bundesregierung ist, bis 2050 auf eine Tonne pro Einwohner herunterzukommen.

Die Emissionen um fünf Tonnen pro Einwohner bis 2050 zu reduzieren, klingt ordentlich …

FEDERER … In der Tat. Deshalb kann jede kleine Änderung helfen. Auch wenn wir nicht mit den höchsten Werten starten, müssen wir kreativer schauen, wie wir Emissionen senken können. Deshalb können Maßnahmen für uns wichtig sein, die auf den ersten Blick kein besonderes Einsparpotenzial haben.

Inwiefern kann die Stadt Privatpersonen beim Erreichen der Klimaschutzziele fördern?

FEDERER Gerade im Bereich der Energieberatung für private Hausbesitzer ist sicherlich viel möglich. Wir haben von unserer Homepage auch einen Rechner verlinkt, mit dem man seine persönliche CO2-Bilanz überprüfen kann.

Haben Sie Tipps für Korschenbroicher Bürger, wie diese helfen können, die CO2-Bilanz ihrer Stadt zu verbessern?

FEDERER Das sind vermeintliche Kleinigkeiten, die schon helfen können: Im Privathaushalt beispielsweise darauf achten, Elektrogeräte nicht im Stand-by-Modus zu halten, sondern auszuschalten. Den Weg zur Arbeit oder zum Einkauf vielleicht zu Fuß oder mit dem Rad zu machen und das Auto stehen zu lassen. Regional Obst und Gemüse kaufen und auf die „Flug-Mango“ aus Mexiko zu verzichten.

Wie klimaschutzfreundlich sind Sie persönlich unterwegs?

FEDERER Ich versuche schon das umzusetzen, was ich selber predige. Ich habe kein Auto, nutze den ÖPNV und das Fahrrad. Ich esse möglichst regional und saisonal, bin zudem Vegetarierin. Das sind meine Ansätze, etwas für den Klimaschutz zu tun.

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