Initiatorin von „Korschenbroich liest“ Die Welt durch Lesen erfahren

Korschenbroich · Lesen ist für Rita Mielke unverzichtbar. Vor zehn Jahren gründete sie rund um den Kulturbahnhof die Aktion „Korschenbroich liest“. Die Zuhörer kommen mit Autoren ins Gespräch.

 Sie hat die Aktion „Korschenbroich liest“ begründet, auch weil sie selbst eine begeisterte Leserin ist: Rita Mielke.

Sie hat die Aktion „Korschenbroich liest“ begründet, auch weil sie selbst eine begeisterte Leserin ist: Rita Mielke.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

„Wer nicht liest, ist doof!“ So beschrieb Elke Heidenreich vor einigen Jahren Ursache und Wirkung in einer Welt von Nicht-Lesern. Das ist natürlich ein drastischer Satz. Für Dr. Rita Mielke ist es kaum vorstellbar, das Leben nicht durch Lesen zu erfahren und zu bereichern. Denn wie sollte man sonst „einen differenzierten Blick auf die Welt bekommen“ oder „aus einer Vielzahl von Perspektiven den eigenen Blick“ schärfen? Lesen ist für die Literaturwissenschaftlerin unverzichtbar. Vor zehn Jahren, als sie im Kulturbahnhof Korschenbroich tätig war, begründete sie die Aktion „Korschenbroich liest“.

„Es begann mit einer Ausstellung, in der ein Korschenbroicher Buchliebhaber seine Sammlung Kinderbücher im Kulturbahnhof zeigte,“ erinnert sich Mielke. Daraus habe sich die Idee entwickelt, dass etwa der damalige Bürgermeister Heinz-Josef Dick oder Dietmar Mittelstädt von der Sparkasse im Kulturbahnhof von ihren Kinderbucherinnerung berichteten und sogar ihre ersten Bücher mitbrachten. „Man lernte da ganz andere Facetten von den Menschen kennen.“ Nun stand Rita Mielke vor der Frage, wie man das Thema Lesen als wiederkehrendes Programm verstetigen könne. Da halfen auch Schülerinnen und Schüler des Korschenbroicher Gymnasiums mit, als sie über Schriftsteller in Straßennamen der Stadt recherchierten und ihre Erkenntnisse in Schubladen sammelten. „Da gab es sogar eine Lade mit einem faulenden Apfel, so wie ihn einst der Dichter Schiller zum Anregen seiner Schreiblust brauchte.“ Ein Pater aus Jerusalem brachte dann den Durchbruch. Als er im Kulturbahnhof über Israel berichtete und ein Erinnerungsbuch vorstellte, war der Saal voll. Inzwischen gehört „Korschenbroich liest“ zum festen Bestandteil im Kulturkalender der Stadt mit interessanten Autoren und einem sehr aufmerksamen Publikum.

Aber wie schafft man es, junge Menschen zum Lesen zu verführen? „Es ist ein einsames Geschäft“, sagt Rita Mielke. Es gebe Menschen, die offen fürs Lesen seien, andere eben nicht. „Und manche, die früher gerne gelesen haben, kehren zum Buch zurück, wenn Lebensphasen vorbei sind, wie etwa Kindererziehung oder berufliche Verpflichtungen.“ Aber auch die Schule könnte einen größeren Beitrag zur Leselust leisten. Rita Mielke vermisst es, dass in den Gymnasien bestimmte Klassiker nicht mehr an erster Stelle stehen. „Die Auswahl von Lektüren ist manchmal nicht nachzuvollziehen. Wolfgang Köppen zum Beispiel ist nicht der erste, den ich beim Thema Nachhaltigkeit der Literatur des 20. Jahrhunderts nennen würde.“ In der Tat: Köppen war wichtig in der Zeit, in der er lebte. Zeitlose Themen lagen ihm eher nicht. „Pro Jahr erscheinen 90.000 Titel, viele Klassiker verstauben im Regal.“

Literatur verführt zum Gespräch: Das ist für Rita Mielke auch ein positives Ergebnis dieser einsamen Tätigkeit. Worüber sie sich stets gerne unterhalten kann, ist Thomas Mann, mit dessen „Zauberberg“ sie sich am Ende ihres Studiums in der Abschlussarbeit beschäftigte. Die Werke Thomas Manns würde sie auch mit auf eine einsame Insel nehmen, aber auch Themen heutiger Autoren. „Ich schätze vor allem fiktionale Literatur mit Schwerpunkten aus dem Leben von Frauen, der Zeitgeschichte oder überhaupt alles, was dazu beiträgt, unsere Zeit und die Zeitgeschichte zu verstehen.“ So gibt es nicht das eine Buch, das Rita Mielke mitnehmen würde. „Zwar schätze ich keine elektronischen Bücher, aber vielleicht würde ich wegen der größeren Auswahl so ein Lesegerät tatsächlich auf die Insel mitnehmen.“ Vorausgesetzt es gibt dort Strom.

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