Beratungsstelle in Hückelhoven Suchtberatung auch während der Pandemie gefragt

Hückelhoven · Ihren Jahresbericht 2020 legte die Beratungsstelle für Suchtfragen in Hückelhoven vor. Für die Klienten war die Erreichbarkeit stets gesichert.

 Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen, stellte mit ihrem neuen Kollegen Mirco Maaßen den Jahresbericht 2020 vor.

Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen, stellte mit ihrem neuen Kollegen Mirco Maaßen den Jahresbericht 2020 vor.

Foto: Eva Weingärtner

„Wir sind und waren in der Pandemie für unsere Klienten da.“ Dies stellte Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen in Hückelhoven in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Region Heinsberg in Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises Jülich, heraus. Sie und Mirco Maaßen, der seit dem 1. Januar zum Team der Beratungsstelle gehört, stellten den Jahresbericht 2020 vor, in dem es auch um Einschränkungen im Zuge der Pandemie ging.

„Zur Vermeidung von Ansteckungsgefahren hatten wir von Mitte März bis zum 24. April 2020 unsere Beratungsstelle für Besucher geschlossen“, so Marlies Trapp. In der Zeit habe eine intensive telefonische Betreuung stattgefunden, um Bindungen zu erhalten, sich mit den Klienten auszutauschen und mit neuen Interessenten zu sprechen. Ende April sei die Beratungsstelle wieder für Besucher unter Beachtung der Hygienestandards geöffnet worden. Ebenfalls blickte Marlies Trapp auf personelle Wechsel in dieser Zeit zurück. Zwei langjährige Mitarbeiter schieden aus, neu sind Danuta Kalman und Mirco Maaßen.

Dass der telefonische und persönliche Kontakt wichtig war und ist, dies unterstrich Trapp. Denn die Pandemie führte nicht nur zu Veränderungen des Arbeitsalltags, sondern die Klienten waren ebenfalls vor Herausforderungen gestellt. Dazu zählten z.B. der Verlust der Arbeitsstelle, finanzielle Einschränkungen durch Kurzarbeit, Homeoffice, Organisation von Homeschooling, und Betreuung der Kinder und Eltern. Auch die reduzierten sozialen Kontakte und Einschränkungen führten zu geringen Ablenkungsmöglichkeiten. „Wenn einem das über den Kopf wächst, ist der Griff zu Alkohol oft nahe liegend“, weiß Trapp. Für alkohol- oder drogenabhängige Menschen sei der Lockdown eine zusätzliche Bedrohung gewesen, weil viele Selbsthilfegruppen nicht stattfinden durften. Ablesbar an den Zahlen sei dies jedoch noch nicht, so Marlies Trapp.

Trotz der Herausforderungen habe man 2020 nur zehn Prozent weniger Klienten beraten als 2019. Konkret nahmen 527 Personen in 2020 (2019: 587) Beratungsgespräche in Anspruch, davon 355 mehrere und 172 suchten einmaligen Kontakt. Die Geschlechterverteilung entspricht mit Zweidrittel Männern und einem Drittel Frauen den Vorjahren und dem klassischen Verhältnis in der Suchtarbeit. 403 Klienten kamen wegen eigener Suchtmittelproblematik, 124 als Angehörige, davon die meisten wegen ihres konsumierenden Lebenspartners. Wie in den Jahren zuvor suchten die meisten Klienten wegen einer Alkoholproblematik, gefolgt von Cannabiskonsum Hilfe. „Nach wie vor ist Alkohol in unserer Gesellschaft Suchtmittel Nummer eins“, unterstrich Trapp. Hier zeige sich im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 196 auf 161 Klienten. „Dies scheint meiner These zu entsprechen, dass die Leute nicht weniger getrunken haben, sondern die Veränderungsbereitschaft in Zeiten von Corona nicht so hoch ist.“ Vieles, was nicht unbedingt notwendig war, sei ja auch in anderen Bereichen vermieden worden, mutmaßte Trapp. Der Weg aus der Sucht heraus sei nicht leicht, aber zu schaffen. Sie zitierte aus einem Bericht eines abhängigen Klienten, der die Situation eindrücklich beschreibt: „Wenn die Welt zusammenbricht und man anfängt, sich selbst neu zu erfinden.“ Es geht in dem Erfahrungsbericht um den Prozess zur Erkenntnis, abhängig zu sein und den „Teufelskreis endlich zu durchbrechen und professionelle Hilfe zu holen“. Dieser Weg führte von der Entgiftungsstation über die Suchberatung des Gesundheitsamts und die Selbsthilfegruppe bis hin zu der Ambulanten Rehabilitation Sucht (ARS) der Beratungsstelle für Suchtfragen. Die ARS richtet sich an Menschen, die von Alkohol, Cannabis oder Amphetaminen abhängig sind, davon loskommen wollen und in der Nähe des Wohnortes und neben der Berufstätigkeit oder Familienarbeit eine Therapie machen können. „Wir haben hier noch Plätze frei“, betonte Marlies Trapp.

Gleichzeitig verwies sie auf zwei neue Angebote. Jüngst startete die kostenlose Elterngruppe, in der Eltern, die sich Sorgen wegen ihrer Drogen konsumierenden Kinder machen, sich unter der Leitung von zwei Fachkräften austauschen und voneinander lernen können. Die Gruppe trifft sich alle 14 Tage, dienstags ab 18.30 Uhr. Auch hier sind noch Plätze frei. Ab Herbst findet in Kooperation mit allen vier Stadtjugendämtern des Kreises Heinsberg „Change-it“, ein kostenloses Trainingsangebot für Mütter oder Väter, die kleine Kinder haben und Erfahrungen mit dem Konsum von Alkohol oder Drogen machten, statt. Wie Mirco Maaßen erklärte, gehe es darum, die Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Beziehung zu den Kindern zu erarbeiten und Ressourcen der Eltern zu stärken. Zu dem Gruppenangebot (montags von 9.30 bis 11.00 Uhr) kann man sich ab sofort anmelden.Kontakt: Telefon 02433 98145200, E-Mail: suchtfragen@caritas-hs.de, www.caritas-hs.de.

(RP)
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