Hilden Pogromnacht – Hilden bleibt wachsam

Hilden · Ein eindrucksvolles Zeichen der Hoffnung in der Itterstadt: Junge und alte Menschen gehen gemeinsam gegen das Vergessen auf die Straße und wenden sich gegen wachsenden Rechtspopulismus in Deutschland.

  Anne Kathrin Stroth  vom Arbeitskreis Stolpersteine erzählt die Ereignisse der Pogromnacht anhand zweier Schicksale.

 Anne Kathrin Stroth  vom Arbeitskreis Stolpersteine erzählt die Ereignisse der Pogromnacht anhand zweier Schicksale.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

In diesem Jahr ist es 81 Jahre her, dass in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Nationalsozialisten und deren Anhänger jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstörten, ausraubten und mehr als 2000 Synagogen anzündeten.

Acht Jahrzehnte später stellen sich Menschen die Frage: „Müssen wir uns erinnern?“ Bei einem Sternmarsch aus allen Richtungen Hildens hin zum Gedenkstein für die ermordeten jüdischen Bürger und antifaschistischen Widerstandskämpfer in der Itterstadt haben Hildener am Samstag im Stadtpark klargemacht, dass der Kampf gegen rechtes Gedankengut wieder genauso aktuell ist wie vor über 80 Jahren und ein Erinnern wichtiger ist als je zuvor.

Nicht nur Senioren, die das Dritte Reich noch miterlebt haben, erkennen die Gefahr durch das Erstarken der Rechts- (und auch Links-)Populisten. Auch die Jugend setzt Zeichen gegen das Vergessen.

„Menschenhass ist keine Exklusivität der 1930er Jahre“, sagte ein 77-jähriger Mann. In seinen Bekanntenkreisen seien genug Menschen, die heute nichts mehr von der damaligen Zeit wissen wollten oder politisch sogar nach weit Rechts tendierten. „Es ist wichtig, dass wir von solchen Aktionen wie heute berührt werden und dieses Gefühl an unsere Kinder weitergeben“, betonte Magdalena Gärtner (72). Für die Jugend sei die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr so nah. Deshalb biete sich hier die Gelegenheit, darüber ins Gespräch zu kommen.

Svenja (20) und Maike (20) sind zwei von denen, die sich gegen das Vergessen einsetzen: Sie waren am Samstag dabei, als auf Initiative des Arbeitskreises „Stolpersteine in Hilden“ und mit Jugendparlament, Schülern der Theresienschule und dem Helmholzgymnasium an den Orten, an denen Stolpersteine in Hilden verlegt sind, Informationen zu den von den Nazi-Schergen ermordeten Menschen vorgetragen wurden.

„Ich finde die Ergebnisse der jüngsten Wahlen beängstigend“, sagte Maike mit Blick unter anderem auf die Landtagswahlen in Thüringen. „Hatten wir das nicht schon? Es ist wichtig, dass das Thema in den Schulen aufgegriffen wird und nicht in Vergessenheit gerät“, betonte die 20-Jährige.

In Hilden begann die Pogromnacht am 9. November 1938 im Alten Helmholtz-Gymnasium an der Gerresheimer Straße mit einer Veranstaltung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Danach gingen viele zum „Deutschen Haus“, heute Benrather Straße 20. Von dort aus startete die Menschenjagd.„Viele schauen weg, wenige helfen, die Ordnungsbehörden sind abwesend“, erinnerte Bürgermeisterin Birgit Alkenings bei der Veranstaltung an die Vorgänge vor 80 Jahren.

Und sie berichtete weiter: „Die Pogromnacht war in Hilden schlimmer als anderswo. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sterben hier die meisten Menschen: Unser Gedenken gilt Eugenie und Ernst Willner, Nathan Meyer, Dr. Siegmund Sommer, Hendrika Grüter, Carl und Bertha Herz.“

Birgit Alkenings fand eine klare Antwort auf die Frage, ob man sich heute noch an die Vorgänge vor 81 Jahren erinnern müsse: „Wir sind schon wieder mitten in dem Prozess von unbegründeter Besorgnis, Vorurteil, Definition von Andersartigkeit, Ausgrenzung aus der Gesellschaft und Entmenschlichung, der schon einmal viele Opfer gefordert hat und den wir nie wieder haben wollten. Wir wollen uns erinnern, weil unsere Demokratie nie wieder so schwach werden darf, dass sie Diskriminierung, Rassismus, Nationalismus und Gewalt gegenüber anderen hilf- und wehrlos gegenüber steht.“

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