Hilden Wie Hilden vom Dorf zur Stadt wurde
Hilden · Vor 160 Jahren, am 18. November 1861, unterzeichnete König Wilhelm I. in Berlin die Urkunde über die „Verleihung der Rheinischen Städteordnung an die Gemeinde Hilden“. Hier sind sieben Fakten, die Sie vielleicht noch nicht kennen.
1) Die damaligen Stadtväter, allen voran der Fabrikant Wilhelm Kampf, betreiben ab 1859 den Antrag auf Stadtrechte. Der damalige Landrat Freiherr Raitz von Frentz setzt sich 1860 im Rheinischen Provinzial Landtag mit Sitz im Ständehaus Düsseldorf dafür ein. Unterstützung erfährt Hilden auch durch den Bankier Karl von der Heydt aus Elberfeld. Er referiert, dass „die Gemeinde Hilden, begünstigt durch ihre Lage und durch ein ungewöhnlich schnelles Aufblühen der Industrie schon seit Jahren in ihrer ganzen Erscheinung das Ansehen einer Stadt gewonnen hat“.
2) Am 6. November 1860 wird die Petition in der Plenarsitzung genehmigt und auf den Weg zur königlichen Unterzeichnung gebracht. Vorher sind noch steuerrechtliche Fragen sowie die Ablösung Hildens aus dem Gemeindeverband mit Eller zu klären. Da vor 160 Jahren Kommunikation länger dauert, trifft die offizielle Nachricht vom verliehenen Stadtstatus erst kurz vor Weihnachten ein. Deshalb kann Bürgermeister Albert Koennecke erst am 21. Dezember 1861 zum ersten Mal eine „Stadtverordneten-Versammlung“ einberufen.
3) 1888 wird die Mittelstraße gepflastert und der Lärm des zunehmenden Straßenverkehrs beginnt Rat und Verwaltung sehr zu stören. Besonders wenn die eisenbeschlagenen Räder der Fuhrwerke über das Pflaster holpern. Die Stadtverordneten und Bürgermeister Heitland sind es 1898 so leid, dass sie den Abriss des Verwaltungsgebäudes und den Neubau eines richtigen großen Rathauses an gleicher Stelle beschließen. Architekt Walter Furthmann aus Berlin, ein gebürtiger Hildener, ergattert den Auftrag und errichtet ein – wie es damals heißt – „Prachtgebäude im Stil der Spätrenaissance“ aus Waiberner Tuff- und Lauterthaler Sandstein, das auf allgemeine Begeisterung stößt. Deshalb sieht man über zwei kleine Schönheitsfehler einfach hinweg. Statt der veranschlagten 130.000 Mark kostet das prächtige Rathaus am Ende stattliche 163.633 Mark. Und es ist ein Schwarzbau. Drei Wochen vor der offiziellen Einweihung am 18. Dezember 1900 (Hilden zählt jetzt 11.000 Einwohner) macht Landrat von Kühlwetter Bürgermeister Heitland darauf aufmerksam, dass er vergessen hat, eine Baugenehmigung einzuholen. Das wird diskret nachgeholt.
4) 30 Jahre nach Verleihung der Stadtrechte (1865) reift bei den Stadtverordneten der Entschluss, sich auch noch ein Wappen zuzulegen. Wer den Anstoß gibt, lässt sich nicht mehr feststellen. Wolfgang Pagenstecher hat in einem Aufsatz das Hin und Her dargestellt. Vier Entwürfe werden gezeichnet, diskutiert und anschließend von den Heraldikern beim Regierungspräsidenten und dem Königlichen Heroldsamtes in Berlin zerpflückt, kritisiert und schließlich korrigiert. Erst der fünfte von Zeichner Peter Wymar (er hat schon vier Vorlagen geliefert) findet schließlich Gnade vor den Augen der Obrigkeit.
5) Von den ursprünglichen Ideen der Hildener Stadtväter bleibt am Ende nicht viel übrig. Beispiel: Sie hatten sich „drei Blüten“ vorgestellt, die Handel, Gewerbe und Industrie versinnbildlichen sollten. Das sei „ohne besondere Belehrung“ nicht zu erkennen, mäkelt Geheimer Archivrat Dr. Harleß vom Staatsarchiv Düsseldorf – und schlägt stattdessen Rad und Sichel vor. Er sorgt auch dafür, dass der Querbalken die rote statt schwarze Farbe hat, weil Rot und Weiß (Silber) seit alter Zeit bergische Farben darstellten. Bergische Löwen im Wappen werden den Hildenern verwehrt, weil Territorial- und Hoheitszeichen nicht mehr aufgenommen werden dürften, belehrt der Regierungspräsident. Die Itter, dargestellt als silberner Faden, gefällt dem Königlichen Heroldamt in Berlin nicht. Namentlich in verkleinerter Siegeldarstellung werde diese Figur „eher als ein hagerer Aal“ denn als Fluss gedeutet.
6) Nach fünf Jahren Hin und Her ist es schließlich am 2. April 1900 doch noch geschafft. Hilden hat ein Stadtwappen, mit dem alle Instanzen leben können. Bis auf die Mauerkrone sieht es schon so aus wie das heutige Wappen. Und die Genehmigung kommt gerade noch so rechtzeitig, dass die Steinmetze es über dem Haupteingang des nahezu vollendeten neuen Rathauses (heute Bürgerhaus Mittelstraße 40) und in den Glasbildern des Sitzungssaales (alter Ratssaal) in Erscheinung treten lassen können.
7) Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. 1938 nehmen die Nazis dem Hildener Stadtwappen die Mauerkrone weg. 1954 beschließt der Kulturausschuss, das Stadtwappen in alter Form wieder herzustellen. Ein tüchtiger Heraldiker wird mit einem Entwurf beauftragt. 1957 findet sich dann ein Vermerk, das alte Stadtwappen sei wiederhergestellt.
Christoph Schmidt