Grevenbroich Späte Ehre für Mumiensammler Schwalm

Grevenbroich · Bodo Schwalm begeisterte die Grevenbroicher vor Jahren mit seiner ägyptischen Sammlung. Die 250 Ausstellungsstücke aus der Villa Erckens sollen jetzt im Auftrag der Uni Bonn wissenschaftlich untersucht werden.

 Einst war diese Mumie in Grevenbroich zu sehen, jetzt beschäftigen sich Forscher im Auftrag des Ägyptischen Museums Bonn mit ihr.

Einst war diese Mumie in Grevenbroich zu sehen, jetzt beschäftigen sich Forscher im Auftrag des Ägyptischen Museums Bonn mit ihr.

Foto: Ägyptisches Museum Bonn

Bodo Schwalm brachte den Grevenbroichern das Land der Pharaonen vor die Haustür. Mit seiner Sammlung aus Mumien, Sarkophagen, Schmuck und Totenmasken zog er jahrelang die Besucher in die ägyptische Abteilung der Villa Erckens. Seine Vorträge, in denen der Mann mit dem Ehrendoktor-Titel von geheimnisvollen Göttern, versunkenen Tempeln und mystischen Zeremonien berichtete, waren proppenvoll. Doch Schwalm, der heute mit 72 Jahren zurückgezogen in Marl lebt, hatte nicht nur Anhänger.

Bodo Schwalm (72) lebt heute zurückgezogen in Marl.

Bodo Schwalm (72) lebt heute zurückgezogen in Marl.

Foto: M. Reuter

Der Museumsleiter wurde oft belächelt, weil nicht alles, was er ausstellte, mit dem Stempel "Original" versehen war. Als er sich 2006 in den Ruhestand verabschiedete und ein Großteil seiner Sammlung in den Besitz der Stadt überging, wurde sogar der Eindruck vermittelt, dass die meisten seiner Ausstellungsstücke wertloser Tinnef seien.

Was offenkundig falsch ist: Das Ägyptische Museum der Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, das vor sechs Jahren die städtische Sammlung in seine Obhut nahm, wirbt sogar mit Exponaten aus Grevenbroich. "Dank der Dauerleihgabe können wir sehr interessante und auch wichtige Stücke in unserer Ausstellung präsentieren", sagt Martin Fitzenreiter (50), Kurator des Museums.

Unter den 250 Exponaten, zu denen neben Originalen auch Nachbildungen zählen, seien etliche "Spitzenstücke" zu finden. Dazu zählt Fitzenreiter etwa Mumien von Katzen und Falken mitsamt Sarkophagen, vor allem aber einen prächtig verzierten Holzsarg aus ptolemäischer Zeit (etwa 300 bis 100 v. Chr.). Auf seinem kunstvoll bemalten Deckel sind die Götter Anubis und Osiris auszumachen, die über der Mumie eines Toten wachen. Doch wer war der Verstorbene?

Welche Stellung hatte er im Land der Pyramiden? "Auf diese Fragen wollen wir Antworten finden", erklärt der Kurator: "Dieses Objekt wird zurzeit wissenschaftlich erforscht." Das Ägyptische Museum hat Gelder beantragt, um die komplette Sammlung der Stadt zum Thema einer Forschungsarbeit zu machen. "Das ist hochinteressant", meint Fitzenreiter. "Wir möchten darstellen, unter welchen Gesichtspunkten ein halbprofessioneller Völkerkundler ein Museum zusammengestellt hat, das in einer relativ kleinen Stadt recht erfolgreich war."

Wie wählte Bodo Schwalm seine Exponate aus, welches Ägypten-Bild wollte er in Grevenbroich vermitteln — und was interessierte die Besucher am Land der Pharaonen? "Das wollen wir herausfinden und publizieren. Vorausgesetzt, die Gelder fließen", meint Fitzenreiter.

Die ägyptische Mumie, die in der Villa Erckens bei manchem eine Gänsehaut verursachte, wird dabei sicher auch eine Rolle spielen. Ausgestellt wird sie in Bonn aber nicht: "Ich bin dagegen, dass tote Menschen in einem Museum gezeigt werden", erklärt der Kurator. Zudem sind die Bestandteile der Mumie eher zweifelhafter Natur: Wie Scans unter dem Computer-Tomographen der Uniklinik Bonn zeigten, befinden sich unter dem eingewickelten Körper lediglich ein Kopf und ein Fuß, zusammengehalten von einem Drahtgestell. "Eine Frankenstein-Konstruktion", schmunzelt Martin Fitzenreiter.

(NGZ/rl)
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