Bei Nelson Müller in Essen Schnupperstunde beim Sternekoch

Duisburg/Essen · Der Australier Mike Donlevy ist zurzeit auf Familienbesuch im Duisburger Süden – und absolviert nebenbei ein Praktikum bei Nelson Müller in Essen. Ein Besuch auf der beliebten Essener „Rü“.

Zwei Spitzenköche unter sich: Mike Donlevy (links) und Nelson Müller im Restaurant des Sternekochs in Essen-Rüttenscheid.

Zwei Spitzenköche unter sich: Mike Donlevy (links) und Nelson Müller im Restaurant des Sternekochs in Essen-Rüttenscheid.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Erfahrungen in internationalen Küchen hat Mike Donlevy reichlich. Mit vollem Namen heißt der 47-jährige Michael James Donlevy, hat australisch-irische Wurzeln und in Hotels große Küchen geleitet. Stationen waren das Hyatt Regency und das Intercontinental Grand Standford in Hongkong und das Hilton in Kuala Lumpur. Hier war er Chief Executive, was bedeutet, dass er Hunderte von Mitarbeitern führte und für Einkauf, Management und alle Restaurants im Haus verantwortlich war. Wer sich in Südostasien auskennt, weiß um die Dimensionen solcher Hotels. Da ist alles größer, moderner und urbaner als in Europa. Umso spannender war die Erfahrung, die Mike Donlevy nun in vier Schnuppertagen bei Nelson Müller in Essen-Rüttenscheid machen durfte. Grund seines Aufenthaltes: Er besucht mit seiner deutschen Frau und der elfjährigen Tochter die Schwiegereltern im Duisburger Süden. Hier verbringt die dreiköpfige Familie ihre Sommerferien, bevor sie Ende Juli zurück nach Hongkong reist, um ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Und da Donlevy stets dazu lernen möchte, stand der Wunsch nach einem Schnupperpraktikum an oberster Stelle.

Sternekoch Nelson Müller hat seit einem Jahr in Rüttenscheid, der beliebten Essener Ausgehmeile, zwei Restaurants unter einem Dach und auf der gleichen Etage: „Müllers auf der Rü“ und die „Schote“, das Gourmet-Restaurant. So konnte Mike Donlevy, der hochgewachsene Hüne, neben einem internationalen Team aus Italien, Frankreich, Russland und Neuseeland, das dem Sternekoch zuarbeitet, sein Können zeigen und gleich beide Restaurants im Erdgeschoss am Rüttenscheider Stern bekochen. „Es war eine tolle Erfahrung, hier zu arbeiten“, sagt der 47-Jährige, der besonders die gute Stimmung und die kameradschaftliche Atmosphäre im Haus lobte. „Und es ist schön, immer noch neue Erfahrungen und Kniffe von Köchen wie Nelson Müller zu lernen. In dieser Branche lernt man nie aus“, so der Australier.

Gerade zwei Tage ist es an diesem Junitag her, dass die gesamte Crew abends in der Schote ein mehrgängiges Kaviarmenü für 32 Gäste kredenzt hat. Die Schote ist ein eleganter Raum mit dunklem Holz und Nischen, genug Platz zwischen den Tischen, mit viel diskretem Charme, der von herrlichen Kronleuchtern noch in Szene gesetzt wird. Der Raum ist luftig von der Brasserie abgetrennt, die gleich nebenan das quirlige Straßenleben direkt am Rüttenscheider Stern hautnah miterlebt.

Herrliche Waren in der Auslage locken zum Mitnehmen ein: frischer Fisch auf Eis, Wurstvariationen von der Metzgertheke, Sommersalate vom Keltenhof mit Freilandei, Jordan-Oliven und Schafskäse, aber auch Sardinen mit geröstetem Bauernbrot und Salat von alten Tomatensorten, die einfach herrlich schmecken. In der Brasserie, die einen Mittagstisch hat (Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 12 bis 15 Uhr und 18 bis 22 Uhr; von 15 bis 18 Uhr gibt es eine kleine Karte) gibt es auch urige Spezialitäten aus dem Ruhrpott. Denn den liebt Nelson Müller für seine authentische Küche und die Ehrlichkeit der Menschen. Nicht ohne Grund steht auf seiner Homepage „Es gibt Sonne und Sonne“, solche und solche Menschen und Geschmäcker eben, und diese Erfahrungen hat der Sternekoch auf seine Brasserie-Küche übertragen.

Wer erlesen essen möchte, kann in der Schote ausgezeichnete Menüs genießen. Ob Vier-,  Acht- oder gar Elf-Gänge-Menü mit passender Weinbegleitung, Einstimmung auf den Abend und süßem Ausklang – diese Aufenthalte dürften ein kulinarisches Erlebnis sein.

Die Vita des 41-jährigen Sternekochs, der im September 2011 seine erste Michelin-Auszeichnung bekommen hat, ist spannend. Geboren in Ghana, von schwäbischen Eltern adoptiert und in Stuttgart aufgewachsen, hat Nelson Müller nach seiner Kochausbildung reichlich Erfahrungen in der „Résidence“ bei Hénri Bach in Essen-Kettwig gesammelt. So kam er ins Ruhrgebiet, wo er die Herzen der Menschen rasch gewann und sich vor allem in die Mentalität gut hineinversetzen konnte.

Inzwischen ist Nelson Müller längst richtig angekommen: als renommierter Koch, der auch Auftritte im Fernsehen und drei Kochbücher verfasst hat. Musik liebt er sowieso, als Soulsänger hatte er manche Auftritte. Wie er die Zeit in der Corona-Krise überstanden hat? Auch seine beiden Restaurants hatten einige Wochen zu. „Das war eine herausfordernde Zeit“, betont er im Gespräch.  Herausgekommen als gute Idee sind die „Müllers at home Genussboxen“, die inzwischen im ganzen Land verschickt und in der Brasserie zum Mitnehmen verkauft werden.

Nun hat das Leben wieder ein wenig an Normalität zurückgewonnen. Im Inneren gelten die gleichen Regeln wie in allen anderen Restaurants: es herrscht Nasen-Mundschutzpflicht, bis die Gäste an den Tischen sind und überall sind große Desinfektionsmittelspender angebracht. Die Plätze sind an diesem Junitag gut belegt, das junge Team hat viel zu tun. Der Laden brummt. Was meint Nelson Müller:  „Home is where the heart is“. Eben mitten in Essen. Ein Stückchen davon nimmt Mike Donlevy sicher mit, wenn er nach Hongkong zurückkehrt.

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