Duisburger Akzente Eine Hommage an Dani Karavan im „Earport“

Duisburg · Statt zeitgenössische Musik zu hören, gibt es im „Earport“ am Duisburger Innenhafen jetzt eine sehenswerte Foto-Ausstellung und einen preisgekrönten Dokumentarfilm zu sehen

 Avi Kaiser (l.) und Sergio Antonino (r.) mit Professor Christoph Brockhaus inmitten der Foto-Ausstellung.

Avi Kaiser (l.) und Sergio Antonino (r.) mit Professor Christoph Brockhaus inmitten der Foto-Ausstellung.

Foto: Olaf Reifegerste

Vor allem ist der von den Musikern und Komponisten Gerhard Stäbler und Kunsu Shim im Jahre 2000 gegründete „Earport“ im Duisburger Innenhafen bekannt als Ort für experimentelle Musik. Doch die diesjährigen Duisburger Akzente haben auf Anregung der Tänzer und Choreografen Avi Kaiser und Sergio Antonino dort ein Foto-, Film- und Performance-Projekt als Hommage an den im vergangenen Jahr verstorbenen bedeutenden Künstler Dani Karavan angesiedelt. Am Sonntag gab es die Vernissage einer sehenswerten Foto-Ausstellung und zugleich die erste Vorführung des Dokumentarfilms „High Maintenance“, der mehrere internationale Preise erwarb.

Auch Kaiser und Antonino betreiben ihr Tanz-Studio „The Roof“ am Innenhafen seit mittlerweile 20 Jahren. Der Blick aus ihrem Fenster des Dachgeschosses am Springwall fällt auf den nach Karavans Plänen angelegten „Garten der Erinnerung“. Die unmittelbare Nähe und Dichte dieses einzigartigen geistig-kulturellen Landschaftsraumes übe eine ungeheuer inspirative Kraft auf die beiden Künstler aus und habe Spuren in ihren tänzerischen Arbeiten hinterlassen, sagten sie anlässlich der Eröffnung der Foto-Ausstellung.

Zu sehen sind darin 18 Schwarzweiß-Aufnahmen von zwei künstlerischen Monumentalbauten Karavans in Israel: Erstens dem „Negev Brigade Monument“ in Be‘er Sheva im Süden Israels, erbaut in den Jahren 1963 bis 1968, und zweitens dem „Kikar Levana“, auch „The White Square“ genannt, erbaut in den Jahren 1977 bis 1988 in einem Vorort von Tel Aviv. Auf allen Fotos haben Kaiser und Antonino choreografische Posen in der Architektur beider Kunstwerke eingenommen, mal verkleidet, mal in Straßenkleidung. Fotografiert haben diese Motive zum einen der israelische Fotograf Sharon Zindany, der auch die visuelle Regie dieser fotografischen Inszenierung übernommen hat, zum anderen ein junges Talent aus der israelischen Kunstszene, die Fotografin Shavit Vos. Zu viert waren sie Anfang dieses Jahres fünf Wochen lang in Israel dafür unterwegs.

Der zweite Teil der Veranstaltung war dem Leben und vor allem der Arbeit von Dani Karavan (1930-2021) gewidmet, der mit einer äußerst genauen und kenntnisreichen Einführung über ihn durch den ehemaligen Direktor des Lehmbruck-Museums, Professor Christoph Brockhaus, begann und in einen fast schon privat anmutenden Dokumentarfilm von Barack Heymann mündete. Da Brockhaus und Karavan eine gut 40-jährige Freundschaft verband, waren Brockhaus‘ einführende Worte teils sehr persönlich und insbesondere mit Duisburger Lokalkolorit versehen. Durch ihn erfuhren die interessiert zuhörenden Anwesenden unter anderem, dass Karavan in Duisburg nicht nur den „Garten der Erinnerung“ (1999) im Innenhafen geschaffen hat, sondern auch die Betonskulptur „Dialog“ (1989) im Kantpark, die den Skulpturenhof des Museums mit dem Park verbindet, und das Stahlbrammen-Mahnmal (2004) auf dem Vorplatz des Duisburger Gewerkschaftshauses, das an durch Nationalsozialisten am 2. Mai 1933 ermordete vier Gewerkschafter erinnert.

Ob nun Höhepunkt des Abends oder auch nicht – der in mehreren Originalsprachen, vor allem in Hebräisch, gedrehte und mit englischen Untertiteln versehene Dokumentarfilm „High Maintenance“ (2020) des israelischen Filmemachers Barack Heymann, zeichnet ein authentisches und zugleich persönliches Portrait dieses bedeutenden zeitgenössischen Bildhauers. Karavan hat nämlich fast 100 Umweltinstallationen auf der ganzen Welt geschaffen und einige der renommiertesten internationalen Kunstpreise gewonnen. Doch Karavan zeigt sich nicht zufrieden. Denn seine monumentalen Bauwerke verfallen im Laufe der Zeit. Und fast schon parallel dazu holt auch ihn sein fortgeschrittenes Alter allmählich ein. So zeigt der Film ihn in der kritischen Begehung seiner Kunstwerke ebenso, wie zu verschiedenen Arztgängen und bei Krankenhausuntersuchungen. Heymann hat einen gradlinigen, dennoch aber auch vertrackten Film geschaffen, emotional, ohne melodramatisch zu sein, und ebenso schmerzhaft wie humorvoll und leidenschaftlich.

Die Foto-Ausstellung, als Teil des Foto- und Performance-Projektes „Die stille Karawane“, ist bis Sonntag, 3. April, immer sonntags von 15 bis 18 Uhr im „Earport“ zu besichtigen. An besagtem 3. April gibt es dann zusätzlich ab 18 Uhr erst eine Führung im „Garten der Erinnerung“ mit Professor Brockhaus, dann eine rund 30-minütige Tanzperformance („Die stille Karawane“) mit den Tänzern Kaiser und Antonino und abschließend eine weitere Vorführung des gut einstündigen Films „High Maintenance“.

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