Brauchtum in Düsseldorf Gänsereiten ohne Pferde – aber mit viel Spaß

Düsseldorf · Die Kirmes in Oberkassel fiel in diesem Jahr eher klein aus. Einige Schausteller hatten kurzfristig abgesagt oder waren gar nicht erst gekommen.

 Gänsereiten geht notfalls auch ohne Pferd. Jörg Klünder (r.) machte sich einen Spaß daraus, die Papp-Gans immer wieder in unerreichbare Höhen zu ziehen.

Gänsereiten geht notfalls auch ohne Pferd. Jörg Klünder (r.) machte sich einen Spaß daraus, die Papp-Gans immer wieder in unerreichbare Höhen zu ziehen.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Und wieder einmal mussten die Oberkasseler Schützen kreativ werden. Weil der Boden auf der „kleinen Rheinwiese“ in Oberkassel zu nass war, konnte das Gänsereiten am Samstag nicht in seiner gewohnten Form stattfinden. „Es besteht die Gefahr, dass die Grasnarbe bei der Veranstaltung durch die Pferde beschädigt wird, und sie reparieren zu lassen, wäre zu teuer“, erklärte Jörg Klünder, ehemaliger Regimentskönig und Verantwortlicher für den Wettbewerb. Also musste eine neue Idee her: Gleiche Veranstaltung, aber ohne Pferde. Und das hatte sogar einen großen Vorteil. Normalerweise können nur Reiter ihr Geschick beweisen. Diesmal durften alle versuchen, der Papp-Gans den hölzernen Kopf abzureißen.

Und so strömten viele zu dem Baum, von dem die Gans an einem Seil herunter hing. Schnell zeigte sich: Die Idee des Reitens ging auch am Samstag nicht verloren. Oberst Michael Boeckelmann nahm seine Enkelin Fabienne Arnolds auf die Schultern und „ritt“ mit ihr unter der Gans weg, während die ehemalige Pagenkönigin fest zugriff und am Kopf des Papp-Tieres zog.

Zu sehen gab es unterschiedliche Techniken. Einige fühlten sich in ein Pferd ein, galoppierten und wieherten. Andere imitierten den Reiter. Ein Anlauf mit Sprung führte genauso wenig zum Erfolg wie der Einsatz des vollen Körpergewichts mit Landung auf dem Hintern. Kleinkinder auf den Schultern von Erwachsenen bekamen großen Applaus und konnten es kaum erwarten, einen neuen Lauf zu starten. Sogar einen Versuch auf Krücken gab es. Für manche blieb die Gans allerdings unerreichbar, denn der ehemalige Regimentschef machte sich einen Spaß daraus, das Tier am Seil ruckartig zurückzuziehen.

Am Ende hielt Christopher Neweling den Kopf der Gans in der Hand und schien selbst ganz erstaunt. „Habe ich etwas falsch gemacht?“ Seine Freunde der Krefelder Karnevalsgesellschaft Freundeskreis 2016 waren begeistert. Neweling darf sich jetzt Gänsereiter-König nennen und hat bei den Oberkasseler Schützen den Status des Bürgerkönigs. Als Auszeichnung gab es die Gänsereiterkönigskette. Klünder ist zufrieden. „Nächstes Jahr wird wieder ein Gänsereiten stattfinden. Dann aber wieder mit Pferden“, sagt er.

Das Schützenfest des St.-Sebastianus-Schützenvereins von 1873 Oberkassel startete am Donnerstag mit dem Fassanstich. Anders als in den vorherigen Jahren fand der große Umzug mit Parade schon am ersten Tag des Festes statt. „Da der Rosenmontagszug eigentlich jetzt am Sonntag ziehen sollte, hatten wir unseren Umzug verlegt“, erklärte der 1. Chef Norbert Vogel. Abends gab es die große Vatertagsparty. Während am Freitag auf den Königsvogel geschossen wurde, gab es im Zelt den Seniorennachmittag mit Kaffee und Kuchen. Am Abend wurden die neuen Könige gekrönt, und Max Weyers brachte das Zelt zum Kochen. Der Samstag stand im Zeichen des Gänsereitens und des Brauchtumsabends. Am Sonntag endete das Schützenfest mit dem Ball der Kompaniekönigspaare.

„Es war gut, nach zwei Jahren wieder so viele Menschen zu treffen und Gespräche zu führen. Das war ein sehr schönes Fest“, fand Vogel. Ein Fest, das für die Schützen gar nicht so gut begann. Einige Schausteller hatten plötzlich wieder abgebaut oder waren gar nicht erst gekommen, so dass es keine Karussells auf den Rheinwiesen gab. Das sei für keinen gut, meinte der 1. Chef. Es gebe dadurch weniger Besucher, was für die anwesenden Schausteller und auch für den neuen Zeltwirt, Michael Baumeister, Verluste bedeute.

Seine Enttäuschung und auch Wut drückte Vogel zu Beginn des Festes in einer Rede aus. Worte, die er mittlerweile relativieren möchte. „Da hat sich einfach großer Frust aufgestaut, der raus musste. Ich weiß natürlich, dass es auch ganz andere Schausteller gibt und bei denen möchte ich mich entschuldigen“, sagt er offen. Bei Schaustellerin Sonja Grüne-Lemoine kam die Entschuldigung an. „Wir kommen seit 50 Jahren hierher, in guten wie in schlechten Zeiten, und haben noch nie einen Platz abgesagt. Das hat für uns auch etwas mit Ehre zu tun“, sagte sie.

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