Tolle neue Jazz-CD Vier Instrumente, drei Musiker

Düsseldorf · Das Trio Accordion Affairs hat eine neue Jazzplatte gemacht: „Petit Oiseau“ ist stilistisch sehr weit gefächert – von Robert Schumann bis Sting.

 Das Jazz-Trio Accordion Affairs mit Jörg Siebenhaar, Konstantin Wienstroer und Peter Baumgärtner (v. l.).

Das Jazz-Trio Accordion Affairs mit Jörg Siebenhaar, Konstantin Wienstroer und Peter Baumgärtner (v. l.).

Foto: Zbigniew Lewandowski/Accordion Affairs

Mit dieser Platte könnte man bei einem Publikumsrätsel im Fernsehen locker die tollsten Preise absahnen. Die Quizfrage lautet: Wie viele Musiker spielen hier?

Sogleich geht das Ohr auf Suche im Klang – und findet. Klar, ein Akkordeon. Und natürlich, ein Schlagzeug. Sicher, ein Kontrabass. Und da ist auch ein Klavier. Sind also vier Musiker.

Wer jetzt 200 Euro auf diese Antwort setzt, der hat sie direkt verloren. Es sind nämlich nur drei Künstler, weil der famose Jörg Siebenhaar mit der rechten Hand sein Akkordeon und mit der linken das Klavier bedient. Den Bass spielt Konstantin Wienstroer, das Schlagzeug Peter Baumgärtner. Als Trio, das in Düsseldorf eine feste Größe ist und viele Fans hat, nennen sie sich Accordion Affairs, und die neue Platte heißt „Le Petit Oiseau“, benannt nach einem kleinen Vogel, mit dem Siebenhaar, der blind ist, daheim in seinem Garten freundliche Begegnungen hatte.

Es geht tatsächlich ein wenig französisch zu, weil das Akkordeon ja Pariser Wehmut zu uns herüberwehen lässt, aber auch die Freiheit dessen, der nur von der Luft und der Liebe zum Jazz lebt. Es herrscht ein professionell entspanntes Klima auf dieser CD, die stilistisch eine erhebliche Spannweite hat. Das Spektrum reicht von einer melancholischen Robert-Schumann-Bearbeitung („Ich will meine Seele tauchen“) bis zu einer reizvollen Erkundung von Klangmöglichkeiten des Akkordeons („Home To Train“). Einmal gleiten Siebenhaar und Wienstroer an den originalen Akkordstrukturen über Bachs Präludium e-Moll entlang, dann laden sie Stings „Straight To My Heart“ rhythmisch auf, und „Mare Nostrum“ von Paolo Fresu lässt uns ein friedlich-elegisches Mittelmeer ahnen, das noch nichts von verheerenden Bränden weiß.

Die Musiker spielen mit herrlicher Dezenz, das ist eine eher leise Platte, deren Kostbarkeiten jedoch nicht schwer zu entdecken sind. Siebenhaars Multitasking ist wieder mal sagenhaft, Wienstroers Bass klingt wie der allerbeste Freund, der da ist, wenn man ihn braucht. Und Baumgärtner lässt sein Schlagzeug nicht nur herrlich klingen, sondern sogar duften.

Es ist also ziemlich viel Provence (und gottlob nur wenig Parfüm) in „Petit Oiseau“. Eine wirklich schöne Platte (erschienen bei Herzog Records).

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