Düsseldorf Karl-Arnold-Preis an Inger-Maria Mahlke

Düsseldorf · Bei der Jahresfeier der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste wurde die Berliner Schriftstellerin geehrt. Professor Ulrich Lehner wurde Ehrenmitglied - und Markus Lüpertz hielt eine feurige Rede.

 In der Bibliothek der NRW-Akademie (von links): Akademie-Präsident Professor Hanns Hatt, Karl-Arnold-Preisträgerin Inger-Maria Mahlke und das neue Ehrenmitglied der Akademie, Professor Ulrich Lehner.

In der Bibliothek der NRW-Akademie (von links): Akademie-Präsident Professor Hanns Hatt, Karl-Arnold-Preisträgerin Inger-Maria Mahlke und das neue Ehrenmitglied der Akademie, Professor Ulrich Lehner.

Foto: Andreas Endermann

Zwei Stunden lang hatte Professor Hanns Hatt als Präsident der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste bereits erfolgreich daran gearbeitet, aus einer Pflichtveranstaltung wie der Jahresfeier den einen oder anderen unterhaltsamen Funken zu schlagen, da trat endlich derjenige auf, dem man vermutlich das größte Überraschungspotential zugetraut hatte: Markus Lüpertz, Maler, Bildhauer und ehemaliger Rektor der Düsseldorfer Akademie. Er hielt, was man sich von ihm versprochen hatte: Unter dem Titel "Kunst und Politik - Verlust der Ästhetik" schrieb er seinen Zeitgenossen markige, zugleich beherzigenswerte Worte ins Stammbuch.

Der Festvortrag, um den die Akademie ihn gebeten hatte, war für Lüpertz willkommener Anlass, diejenigen zurückzuwatschen, die Anstoß an seinem "hässlichen" Beethoven-Denkmal genommen hatten, das kürzlich in Bonn enthüllt wurde. Nicht dieser Beethoven, so holte Lüpertz aus, sei hässlich, sondern viele derjenigen, die sich darüber aufregten: Menschen mit "zu langen Hosen", mit "Turnschuhklumpen" und "dicken Bäuchen". Lüpertz beschied sein hochgelehrtes Publikum: "Es ist nicht zulässig, diese Hässlichkeit zu dulden."

Ästhetik, so fuhr er fort, habe auch mit Politik zu tun. Im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus äußerte er: "Uniformierter Glanz ist mit Vorsicht zu behandeln." Ja, Ästhetik könne missbraucht werden. Den Menschen müssten die Augen für das wirklich Schöne geöffnet werden; Ziel sei "ein ästhetisches Miteinander".

Lüpertz klagte über fehlenden gegenseitigen Respekt im Alltag - ein Phänomen, das auf einem Mangel an Ästhetik beruhe. Die Politik missachte das leider, dulde die Mittelmäßigkeit. Lüpertz dagegen fordert: "Wir müssen ästhetische Hochgebirge erschließen."

Zuvor hatte die Jahresfeier der Akademie überwiegend wissenschaftliche Gebirge erschlossen. NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers (der bereits verschwunden war, als Lüpertz zu seiner Philippika anhob) und Akademie-Präsident Hatt hatten die Leistungen der bedeutenden Institution im zurückliegenden Jahr gewürdigt. Professor Ulrich Lehner, Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp und Deutscher Telekom, hatte gerührt dafür gedankt, dass die Akademie ihn der Ehrenmitgliedschaft für würdig befunden hatte, und erzählte auch von seiner Jugend, die er in unmittelbarer Nähe der Akademie in Bilk verbrachte - stets in dem Bewusstsein, dass die Akademie "den Gral, das Höchsterreichbare" darstelle.

Anregend hatte der Schriftsteller Burkhard Spinnen die Laudatio auf Inger-Maria Mahlke gehalten, die Autorin, der die Akademie den mit 10 000 Euro dotierten Karl-Arnold-Preis zugesprochen hatte. In höchsten Tönen lobte er ihren jüngsten, vor zwei Jahren erschienenen Roman "Rechnung offen": als literarischen Blick in ein Berliner Mietshaus, der die Essenz der Gegenwart enthalte. Spinnens Loblied gipfelte in der Feststellung: "Es gibt in der Literatur noch die Intention, aufs Ganze zu gehen."

Das Fukio-Ensemble, ein Saxophon-Quartett, trug mit dazu bei, dass die Akademie ihrem Titel gerecht wurde: als eine Einrichtung nicht nur der Wissenschaften, sondern - seit fünf Jahren - auch der Künste. Die elf neuen Mitglieder der Akademie werden diese junge Tradition gewiss fortsetzen.

(RP)
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