Düsseldorf Robbie Williams geht der Schwung aus

Düsseldorf · Der 40-Jährige tritt zwei Mal im ISS Dome in Düsseldorf auf. Er überzeugt jedoch nicht vollends.

2014: Robbie Williams rockt den ISS Dome
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Er hätte vor der Pause Schluss machen sollen, dann wäre das ein befriedigender Abend gewesen. Weil Robbie Williams nach einer 20-minütigen Unterbrechung seiner Show aber einen zweiten Akt hinzufügte, geriet das Konzert im ISS Dome allzu blass. Der 40-Jährige wirkte in dieser letzten Halbzeit uninspiriert, mitunter fahrig. Die Arrangements waren lieblos, die Stimme machte nicht mit, und als er an "New York, New York" scheiterte, wird er selbst gemerkt haben, dass das wenig glanzvoll war. Also hetzte er durch ein Medley seiner Hits, spielte jeden nur sekundenlang an, legte den Klassiker "Angels" nach und war bald verschwunden.

Dabei hatte das erste seiner beiden Düsseldorfer Konzerte vor je 10 000 Fans gut begonnen. Williams trat im Frack auf die Bühne, tanzte vor einem gerafften und sehr lilafarbenen Vorhang, warf die Beine in die Luft und ließ den Himmel auf seine Sohlen blicken. 14 Musiker begleiteten ihn, acht Tänzer kamen hinzu, denn es sollte ja kein klassisches Popkonzert werden, sondern ein Swing-Abend; passend zum aktuellen Album "Swings Both Ways".

Die Bühne sah denn auch aus wie der Treppenaufgang zu den besten Suiten der "Titanic", Dekadenz als Zitat, und dazu sang Robbie Williams "Puttin' On The Ritz" und "Mr. Bojangles". Das Charmante an dieser Vorstellung war, wie Williams zusammenführte, was nicht zueinander passt, das Ordinäre nämlich und den Glamour, Nostalgie und Sarkasmus, 20er und 50er Jahre. Im Grunde war das die Persiflage einer Las-Vegas-Show, schlechter Geschmack auf hohem Niveau, gespickt mit Sinatra-Zitaten und Varieté-Anleihen, mit Musical-Atmosphäre und Rock-Attitüde.

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Foto: dpa/Jens Meyer

Robbie Williams ist am besten, wenn man ihn spielen lässt, wenn er überjuxen kann, kokettieren und ironisieren, wenn er komplizenhaft mit den Augen zwinkert. Also imitierte er die Posen und Gesten von Dean Martin und Co.: Augenaufschlag und Schmeichelei - nur dass die Vorbilder des sogenannten Rat Pack eben keine Tätowierungen auf den Händen und hinter dem Ohr hatten. Und sie hätten "I Wanna Be Like You" von King Louie und Balu aus dem "Dschungelbuch" vermutlich nicht im Affenkostüm gesungen.

Williams braucht die Rückkopplung des Publikums viel stärker als US-Superstars wie Madonna und Beyoncé, die sich selbst genug sind. Er ist zu gleichen Teilen Interpret und Comedian, und er erkennt sein Können erst, wenn er sich in dessen Wirkung spiegeln kann. Insofern war "That's Amore" ein Höhepunkt, da verstellte er seine Stimme, hörte sich an wie eine Mischung aus Robert de Niro und Mario Lanza. Mitten im Lied bat er Jessy aus Münster nach oben. Ob sie seine "Showbiz-Gattin" werden wolle, fragte er. Sie wollte, und dann heirateten die beiden in der Wedding Chapel. Das wurde eine hinreißend alberne Einlage, an deren Ende die erfreulich kesse Jessy den Popstar mit einem Kuss auf den Mund verblüffte.

Bis hierhin war der in blau-rotes Licht getauchte Auftritt charmant anzusehen. Doch dann kam die Pause und danach nurmehr Langeweile. Williams las die Texte mehrerer Plakate vor, die ihm Fans in den ersten Reihen entgegenhielten. Früher hätte er daraus eine ergreifende Nummer gemacht, an diesem Tag war der Dialog zäh und übertrieben lang. Er sang die mühsame Ballade "If I Only Had Brain", ein emotionsloses Duett mit seinem Vater und einen Song für seine kleine Tochter, der "Go Gentle" heißt und an der eigenen Kitschigkeit erstickte. Die Coverversion von Alicia Keys' "New York State Of Mind" mit "New York, New York" von Frank Sinatra zu vermählen, ist eine gute Idee. Aber sie wurde hier so lieblos umgesetzt, dass die Zwangsehe scheiterte.

Es war, als habe Williams den Zauberstab verloren, mit dem er kulturellen Giftmüll, Zotenhaftigkeit und Vulgarität in etwas Bewegendes verwandelt - Hingabe, Instinkt und Finesse waren ihm abhanden gekommen. Immerhin: "Angels", der Schlussakkord eines jeden Williams-Konzerts, gelang. Bezeichnend ist, dass Williams das Lied nicht in einer Swing-Version, sondern im Original darbot.

(RP)
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