Engagement in Dormagen Ein Bundesfreiwilligendienst im Krankenhaus

Dormagen · Im Rheinland Klinikum Dormagen arbeiten nicht nur Pfleger, Ärzte und Putzkräfte. Auch Bundesfreiwillige packen dort an. Sana Dlair, Hedda Florian und Tom Fischer waschen Patienten und bringen sie zu OPs. Sie sehen sich aber auch mit dem Tod konfrontiert.

 Vier Bundesfreiwillige von insgesamt sechs, die im Dormagener Krankenhaus arbeiten: Tom Fischer, Hedda Florian, Sana Dlair, Eva Kronenberg (v.l.n.r.).

Vier Bundesfreiwillige von insgesamt sechs, die im Dormagener Krankenhaus arbeiten: Tom Fischer, Hedda Florian, Sana Dlair, Eva Kronenberg (v.l.n.r.).

Foto: Michaelis, Judith (jumi)/Judith Michaelis (jumi)

Ganz am Anfang sei sie nervös gewesen, sagt Sana Dlair. „Ich hatte Angst, dass ich umkippe, wenn ich bei der Blutentnahme zusehe.“ Inzwischen hat die 19-Jährige auch schon eine Bein-Amputation gesehen. Wie fünf andere Freiwillige leistet Dlair einen Bundesfreiwilligendienst im Rheinland Klinikum Dormagen. Zwölf Monate lang unterstützt sie dort das Pflegepersonal.

„Morgens beginne ich mit der Messung der Vitalwerte. Ich frage die Patienten außerdem, wie es ihnen geht“, sagt Hedda Florian, die wie Dlair 19 Jahre alt ist und auch einen Bundesfreiwilligendienst im Dormagener Krankenhaus macht. Die Freiwilligen messen aber nicht nur den Puls, die Temperatur oder den Blutdruck, sondern bringen Patienten auch zu Operationen und waschen Menschen, die das nicht selber können, den Oberkörper oder die Beine. „Am Anfang zeigen dir die Schwestern alles“, sagt Dlair, die für ihren Freiwilligendienst aus Neuss nach Dormagen pendelt.

Die Freiwilligen sind über verschiedene Stationen verteilt. Dlair arbeitet auf der chirurgischen Station, wo der Schwerpunkt auf Gefäßchirugie und auf OPs im Bauchraum liegt. Ihre Kollegin Florian hilft auf der Notfallchirurgie und auf der Alterstraumatologie, wo ältere Patienten behandelt werden, die zum Beispiel gestürzt sind und nicht mehr so schnell fit werden. Auf der orthopädischen Station der Klinik ist außerdem der Freiwillige Tom Fischer im Einsatz. Der 20-Jährige hilft Patienten dort, nach Hüft- oder Knieoperationen wieder mobil zu werden. „Ich zeige Patienten, wie sie sich bewegen sollen“, sagt Fischer. Zu seinen Aufgaben gehöre es auch, den Verbandswagen wieder aufzufüllen. Fischer geht außerdem zu den Patienten, wenn diese um Hilfe klingeln. Manchmal ist ihnen ein Ladekabel heruntergefallen, das sie selbst nicht wieder aufheben können, manchmal möchten sie wissen, welche Medikamente sie einnehmen sollen und manchmal bekommen sie keine Luft mehr. Dann muss Fischer Hilfe holen.

427 Euro Taschengeld bekommen die Freiwilligen pro Monat für ihre Arbeit. Außerdem bekommen sie Punkte. Dlair, Florian und Fischer würden alle gern Medizin studieren. Die Studienplätze sind aber begehrt. Um direkt ins Studium starten zu können, muss der Notendurchschnitt bei vielen Unis bei 1,0 liegen. Wer aber vorher in der Pflege arbeitet oder einen Bundesfreiwilligendienst im Krankenhaus absolviert, sammelt Punkte, mit denen die Chancen steigen, einen Studienplatz zu bekommen. Für die drei Freiwilligen zählen außerdem die Erfahrungen. „Ich wollte wissen, wie es überhaupt ist, Kontakt zu Patienten zu haben“, sagt Dlair.

Die Arbeit im Krankenhaus konfrontiert die Freiwilligen mit Themen, mit denen sie vorher nichts oder nur wenig zu tun hatten. Fischer ist etwa der Pflegekraftmangel aufgefallen. Pflegekräfte opferten ihre Freizeit, Stationsleitungen vollbrächten Meisterwerke, wenn sie die Schichten doch noch irgendwie besetzt bekämen. „Weil durch Corona Kollegen ausfallen, hat sich die Situation noch einmal verschlechtert. Manchmal muss ein Patient länger warten, bis wir ihn waschen können oder wir messen die Vitalwerte erst am Nachmittag“, sagt Fischer. Das Ausmaß des Pflegekraftmangels habe er sich vorher nicht vorstellen können, obwohl er davon gehört hatte. Wenn ganze Schichten ausfielen, würden die Freiwilligen gefragt, ob sie einspringen könnten. Die Stationsleitung achte aber sehr darauf, dass sie möglichst keine Überstunden machen, so Fischer. Einmal habe ihn eine Situation an seine Grenzen gebracht. Eine alte Dame mit einer Lungenkrankheit habe sehr schlecht Luft bekommen. Sie habe Sauerstoff bekommen, das habe aber nur bedingt geholfen. Die Dame habe Fischer dann gebeten, ihr etwas zu bringen, was ihr Leid beende. Fischer habe sich daraufhin an ihr Bett gesetzt und ihre Hand gehalten. „In solchen Situationen muss man sich die Zeit nehmen und andere Aufgaben nach hinten verschieben“, sagt Fischer.

Die Freiwilligen müssen auch damit umgehen, dass manchmal Patienten sterben. „Man muss irgendwie damit zurechtkommen. Es hilft, mit den anderen Pflegern darüber zu sprechen“, sagt Florian, die vor dem Freiwilligendienst nicht mit dem Thema Tod in Berührung gekommen war. „Manche Kollegen stellen sich ans Bett und wünschen der verstorbenen Person noch einmal alles Gute. Das finde ich schön. Manche öffnen auch das Fenster, um die Seele herauszulassen“, so Florian.

Alle drei Freiwillige sagen, der Freiwilligendienst habe sie verändert. „Ich erkenne besser, wenn jemand Hilfe braucht, zum Beispiel wenn eine alte Dame mit schweren Flaschen im Supermarkt hantiert“, sagt Florian.

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