Hambacher Forst Polizei räumt weiter und lässt Bäume fällen - Bewohner widersetzen sich

Kerpen · Im Hambacher Forst hat die Polizei am Freitag mit der Räumung einer der größten Baumhaussiedlungen begonnen. Das Camp „Oaktown“ umfasst etwa acht Baumhäuser. Die Bewohner kündigten Widerstand an. Seit Beginn des Einsatzes am Donnerstag wurden nach Polizeiangaben vier Baumhäuser entfernt.

Hambacher Forst: Räumung und Proteste der Umweltschützer gehen weiter
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Räumung und Proteste im Hambacher Forst gehen weiter

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Foto: dpa/Marius Becker

Im Hambacher Forst hat die Polizei am Freitag mit der Räumung einer der größten Baumhaussiedlungen begonnen. Die Bewohner des Dorfes „Oaktown“ mit etwa acht Baumhäusern kündigten gewaltlosen Widerstand an. Sie warfen der Polizei vor, mindestens 20 Bäume gefällt zu haben, um Platz für die Räumfahrzeuge zu schaffen. Die Polizei gab einzelne Fällungen zu. Sie beschuldigte die Baumhausbewohner, sie mit Exkrementen und einem brennenden Holzscheit beworfen zu haben. Verletzt wurde niemand. Insgesamt wurden 17 Menschen in Gewahrsam genommen. Von den bereits am Donnerstag festgenommen sechs Personen wurden fünf wieder auf freien Fuß gesetzt (die aktuellen Entwicklungen lesen Sie in unserem Liveblog).

Die Grünen im Landtag forderten die schwarz-gelbe Landesregierung auf, die Rodungen zu stoppen. „Die Landesregierung muss gegenüber RWE auf ein Rodungsmoratorium im Hambacher Wald drängen und die begonnenen Räumungen und Baumfällarbeiten umgehend stoppen“, sagte Grünen-Politikerin Wibke Brems. Der Energiekonzern hat einen gerichtlich mehrfach bestätigten Anspruch auf die Rodung des Waldes, um dort den Braunkohletagebau weiter voranzutreiben. Der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Landesregierung die Rodungen vor diesem Hintergrund stoppen könne, wich Brems aus. Ebenso der Frage, was die Grünen als Koalitionspartner der rot-grünen Vorgängerregierung unternommen haben, um die Rechtsgrundlage für die Abholzung des Waldes zu verhindern. Brems sagte zu der von den Grünen mitverfassten Leitentscheidung aus dem Jahr 2016: „Wir haben erreicht, dass der Tagebau Garzweiler verkleinert wird. Auch den Tagebau Hambach zu verkleinern, war nicht drin.“

Die Baumhausbewohner warnten die Polizei, dass sich unter „Oaktown“ Tunnel mit Menschen darin befänden – deshalb müsse man vorsichtig sein. Eine Polizeisprecherin sagte, man habe keine Hinweise auf Tunnel. Der Protest erreichte am Freitag auch Berlin. Etwa 20 Kohlegegner blockierten vorübergehend die NRW-Landesvertretung. Nach einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs trugen Polizisten sie aus dem Gebäude.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster lehnte einen Stopp der Räumungen ab. Die Baumhäuser seien Rückzugsorte für gewaltbereite Waldbesetzer, hieß es. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bezeichnete die Waldbesetzer als „kriminelles Personal auch aus dem Ausland“. RWE-Vorstandsmitglied Lars Kulik sagte, die Abholzung sei unvermeidbar, um die Stromproduktion in NRW zu sichern.

Als Begründung für die Räumung führen die Behörden nicht die Abholzung, sondern fehlenden Brandschutz in den Baumhäusern an. Umweltaktivisten halten das für vorgeschoben. Auch der SPD-Fraktionsvize im NRW-Landtag, Jochen Ott, bemängelte, die Auseinandersetzung über das Baurecht zu führen, sei „politisch mangelhaft“ (Reaktionen auf die Räumung finden Sie hier).

Der Streit um den Hambacher Forst entzweit die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission. „Der Tagebau Hambach ist genehmigt und bisher in allen Instanzen bei gerichtlichen Überprüfungen bestätigt worden“, sagte Kommissionsmitglied Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Dagegen sagte Kommissionsmitglied Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace, die „unverantwortliche Räumung unter vorgeschobenen Gründen“ belaste „die Zusammenarbeit in der Kohlekommission“. Die Kommission soll bis Ende des Jahres eine Strategie zum Ausstieg aus der Kohleverstromung ausarbeiten.

(mit Material von dpa)

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