Pläne von Gesundheitsminister Laumann NRW richtet Kammer für Pflegekräfte ein

Düsseldorf · Die 200.000 Pflegekräfte in NRW sollen eine neue Interessenvertretung nach Vorbild der IHK bekommen. NRW-Gesundheitsminister Laumann will ihnen mehr Macht geben.

 Vor wenigen Monaten bestreikten die Pflegekräfte die Unikliniken Düsseldorf und Essen. (Archiv)

Vor wenigen Monaten bestreikten die Pflegekräfte die Unikliniken Düsseldorf und Essen. (Archiv)

Foto: Endermann, Andreas (end)

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bringt die Gründung einer landesweiten Kammer für die knapp 200.000 Pflegefachkräfte in NRW auf den Weg. Ähnlich wie Industrie- und Handelskammern soll die Pflegekammer hoheitliche Aufgaben übernehmen und sich über Zwangsbeiträge der Mitglieder finanzieren. „Wir planen bis zur Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf“, kündigte Laumann am Mittwoch an. Mit der Gründung der Kammer sei etwa 2021 zu rechnen.

Die Kammer soll berufliche Standards definieren, Fortbildungsangebote sichern und auch Prüfungen abnehmen dürfen. Die Mitgliedschaft soll für alle examinierten Pflegekräfte verbindlich werden. Als denkbaren monatlichen Zwangsbeitrag nannte Laumann fünf Euro. „Die Kammer wird die Macht der Pflegekräfte stärken“, sagte er, „in der deutschen Gesundheitspolitik wird zu oft über Pflege gesprochen, ohne dass die Pflege mit am Tisch sitzt.“ Das werde nach Gründung der Kammer nicht mehr möglich sein.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich angesichts der Gründung einer Pflegekammer in NRW auch für eine von den Pflegekräften getragene Kammer auf Bundesebene ausgesprochen.“Pflege braucht eine gute Interessenvertretung. Kammern können dafür eine Lösung sein“, sagte Spahn unserer Redaktion. Aber die müsse - wie jetzt in NRW - auch von den Pflegekräften getragen werden. „Nur mit diesem Rückhalt ist eine Interessenvertretung schlagkräftig - auch auf Bundesebene“, betonte der Bundesminister.

Deutlicher wurde der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus: „Ich hoffe sehr, dass die Gründung einer Pflegekammer nun auch in Nordrhein-Westfalen die letzten Dämme für eine Bundespflegekammer bricht.“ Er könne die Pflegeverbände nur dazu aufrufen, die ihr angebotene Verantwortung wahrzunehmen und analog der Bundesärztekammer eine eigene legitimierte Institution zu schaffen, die Ansprechpartner für die Politik ist, aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühls aller in Deutschland tätigen Pflegefachkräfte zur Aufgabe habe. „Nur so werden die Pflegfachkräfte in Deutschland ihre Interessen effektiv vertreten können.“

Ähnliche Pflegekammern gibt es bereits in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Bayern hat sich für das Modell eines Pflegerings entschieden, bei dem die Mitgliedschaft freiwillig ist. Im Gegenzug hat der Pflegering deutlich weniger Befugnisse.

Auch die Opposition im Landtag ist aufgeschlossen. Der Gesundheitsexperte der Grünen-Fraktion, Mehrdad Mostofizadeh, sagte: „Als Grüne sind wir bereit, an einem Pflegekammergesetz konstruktiv mitzuarbeiten. Dafür erwarten wir von Minister Laumann allerdings, dass er uns frühzeitig und umfassend in den Gesetzgebungsprozess einbindet.“ Kritik kam hingegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund: „Wir glauben nicht, dass eine Pflegekammer die Situation in der Pflege verbessern kann“, erklärt die Gewerkschaft. Bislang waren die Gewerkschaften die wichtigsten Interessensvertreter der Pflegekräfte in NRW.

Laut Laumann sind die schlechten Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte auch dem Umstand geschuldet, dass der Berufszweig „grottenschlecht organisiert“ sei. In einer repräsentativen Umfrage unter den NRW-Pflegern hatten sich zuvor 79 Prozent der Befragten für die Gründung einer solchen Interessenvertretung ausgesprochen.

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