Nach Düsseldorf Klavierfestival Ruhr kommt an den Rhein

Düsseldorf · Beim weltgrößten Pianofestival finden mehr und mehr Konzerte auch in Düsseldorf statt. In diesem Jahr sind unter anderem renommierte Pianisten wie András Schiff, Elisabeth Leonskaja und Rafal Blechacz vertreten.

Die "ExtraSchicht" im Ruhrgebiet
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Diese Ballade ist nur so gut wie der Mann, der sie vorliest. Die Mär vom Schiffer, der auf einer Insel strandet, bald als verschollen gilt, nach zehn Jahren heimkehrt und seine Frau in den Armen eines anderen findet — diese Story besitzt Elemente des Schaurigen, des Weinerlichen. Doch wenn einer sie gut vorträgt, haut sie einen um.

Als sich der Komponist Richard Strauss über "Enoch Arden" von Alfred Tennyson hermachte, konnte er nicht ahnen, dass sein Werk ein schwieriges Schicksal erleiden würde. Schon die Ballade galt als mühsam, Strauss' Melodram für Sprecher und Klavier erst recht. In Wirklichkeit ist es nur so gut wie der Mann, der am Klavier sitzt. Es war ausgerechnet der Wundermann und Sonderling Glenn Gould, der "Enoch Arden" von Strauss für hinreißend hielt und die erste Platte verantwortete — mit Claude Rains als Sprecher: eine Jahrhundertaufnahme von bannender Wucht, völlig unkitschig und deshalb tief wie der Pazifik.

Dass "Enoch Arden" jetzt beim Klavierfestival Ruhr im Düsseldorfer Robert-Schumann-Saal aufgeführt wird, hat nicht nur mit dem Richard-Strauss-Jahr 2014 zu tun. Es dokumentiert auch den Mut des Intendanten Franz Xaver Ohnesorg, auch jenseits der rein populären oder gar populistischen Programme sein Klavierfestival als dramaturgisches Experimentierfeld zu begreifen, das die Ernte auch von entfernten Äckern einfährt. So ganz ohne Netz und doppelten Boden geht so ein Abend natürlich nicht, deswegen wird "Enoch Arden" in Düsseldorf am Mittwoch, 14. Mai, 20 Uhr im Rahmen eines Strauss-Programms von dem Pianisten Gerhard Oppitz und dem weithin bekannten Schauspieler Friedrich von Thun dargeboten. Man hört, dass es noch einige wenige Karten gibt.

Wie nun schon seit vielen Jahren ist es Ohnesorg auch diesmal gelungen, vom 9. Mai bis zum 12. Juli eine fast flächendeckende Bespielung des Ruhrgebiets bis zu seinen Außenposten Düsseldorf und Wuppertal zu arrangieren. Bei solcher Intensität ist das Piano sehr im Forte zu vernehmen, und der Erfolg beim Publikum gibt Ohnesorg recht.

Zwar musste das Festival in den vergangenen Jahren manche Rückschläge hinnehmen, als sich die Sponsoren des ehrgeizigen Festivals und noch ehrgeizigeren Intendanten gelegentlich verschnupft zeigten, aber derzeit ist auch aufgrund neuer finanzieller Aktenlagen kaum eine relevante Wolke am Horizont zu erkennen. Auffällig ist allerdings, wie stark Ohnesorg im Jahr 2014 nach Düsseldorf expandiert. Dort sind — stets im Schumann-Saal — gleich mehrere Weltklassepianisten zu erleben, die das örtliche Angebot im Rahmen der städtischen Konzerte und der Heinersdorff-Konzerte massiv ergänzen.

So wird der Ungar András Schiff, fraglos ein Gigant der Gegenwart, am 16. Juni die letzten drei Beethoven-Klaviersonaten spielen. Der polnische Pianist Rafael Blechacz, der im Jahr 2005 den herausragenden ersten Platz beim Warschauer Chopin-Wettbewerb belegte, wird am 26. Mai zu hören sein, mit einem Programm aus Mozart, Beethoven und Chopin. Die große alte Dame des Klavierspiels, Elisabeth Leonskaja, wird am 23. Juni ein reines Schubert-Programm absolvieren. Und Herbert Schuch kommt mit den Kammermusik-Kollegen Mirijam Contzen (Violine) und Beate Altenburg (Violoncello) am 4. Juni zu einem Strauss-Korngold-Abend.

In den Konzerthäusern von Essen und Dortmund begeben sich weitere Höhepunkte des Festivals — die Stafette der Meisterpianisten ist lang, von Maria João Pires zu Martha Argerich, von Pierre-Laurent Aimard zu Krystian Zimerman, von Grigory Sokolov zu Marc-André Hamelin, von Leon Fleisher zu Daniel Barenboim.

Das gibt es in dieser Fülle und Verdichtung nirgends auf der Welt.

(RP)
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