Kinostart „New Mutants“ Drittklassige Beerdigung der X-Men

Burbank/Kalifornien · Trotz einer langen Entstehungsgeschichte enttäuscht der Film „New Mutants“. Statt einer innovativen Neuauflage erwartet das Publikum eine Art Horrofilm mit den Zügen eines B-Movies.

 Maisie ­Williams, Henry Zaga, Blu Hunt, ­Charlie Heaton und Anya ­Taylor-Joy (v. l.) spielen mit ­Verve, können den Film „New Mutants“ aber nicht retten.

Maisie ­Williams, Henry Zaga, Blu Hunt, ­Charlie Heaton und Anya ­Taylor-Joy (v. l.) spielen mit ­Verve, können den Film „New Mutants“ aber nicht retten.

Foto: dpa/Claire Folger

Die lange Vorgeschichte von Josh Boones „New Mutants“, der nun mit dreijähriger Verzögerung ins Kino kommt, lässt nichts Gutes erahnen. Nun bringt Disney+ den Film auf dem unsicheren Corona-Kinomarkt heraus und kündigt das Ende der X-Men-Ära an. Statt Neuanfang ist „New Mutants“ der Abgesang auf ein Franchise, das in den letzten 20 Jahren rund sechs Milliarden Dollar eingespielt hat.

Im Kanon der Superhelden-Blockbuster ragten die die X-Men-Filme stets heraus. Die Geschichte der Mutanten, die um Identität und gesellschaftliche Anerkennung ringen, war eng mit der Historie des 20. Jahrhunderts verknüpft. Michael Fassbenders von Leid gestählter Magneto, der in „X-Men: Apokalypse“ das Konzentrationslager Auschwitz hinwegfegt, gehört nach wie vor zu den großen Kinofiguren des neuen Jahrtausends. Mit der cineastischen wie kommerziellen Wucht der Vorgänger kann (und will) „New Mutants“ in keiner Weise mithalten. Boone dimmt die Erwartungshaltungen gezielt herunter und nutzt ein B-Movie-Format, das mehr Horrorfilm als Fantasy-Spektakel sein will.

Ähnlich wie Magneto wird auch die Dani (Blu Hunt) Zeugin eines Massakers im Indianer-Reservat der Cheyenne, bei dem ihr Stamm ausgelöscht wird. Als einzige Überlebende wacht sie in einem Hospital auf, in dem sich die Ärztin Dr. Reyes (Alice Braga) um die Eingliederung von Mutanten-Jugendlichen kümmert. Die aggressive Schwertkämpferin Illyana (Anya Taylor-Joy), der schuldgeplagte Düsenmann Sam (Charlie Heaton), der Latino-Feuermann Roberto (Henry Zaga) und die Werwölfin Rhane (Maisie Williams) leiden unter traumatischen Erfahrungen, die den kontrollierten Einsatz ihrer Kräfte verhindern.

Durchaus schlüssig buchstabiert Boone das Grundmotiv der X-Men als radikal pubertären Selbstfindungsprozess durch, in dem die jugendlichen Mutanten um die eigene Identität ringen. Aber die inneren Dämonen mutieren zu wenig überzeugenden Monsterfiguren, die es in einem effektgeladenen Finale zu bekämpfen gilt. Auch wenn talentierte Jungstars wie Anya Taylor-Joy („Emma“) und Maisie Williams („Game of Thrones“) sich mit Verve in ihre Rollen werfen, fehlt es „New Mutants“ deutlich an inhaltlicher Tiefe und dramaturgischer Dichte. Man wird wohl nie erfahren, wie viele Test-Screenings, Re-Shoots und Umschnitte dieser Film in den letzten drei Jahren durchleiden musste.

Aber für ein herausragendes Franchise wie „X-Men“ ist „New Mutants“ eine Beerdigung dritter Klasse.

New Mutants USA 2020 – Regie: Josh Boone, mit Blu Hunt, Anya Taylor-Joy, Maisie Williams, 94 Min.

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