Telekom-Skandal Justiz beschleunigt Verfahren

Bonn (RPO). In der Spitzelaffäre um die Deutsche Telekom will die Bonner Staatsanwaltschaft offenbar ein Ermittlungsverfahren einleiten. Nach Informationen unserer Redaktion soll schon in Kürze eine Entscheidung fallen. Ursprünglich wollte die Bonner Justizbehörde frühestens gegen Ende dieser Woche klären, ob ein Ermittlungsverfahren überhaupt notwendig sei.

 Offenbar wurden bei der Deutschen Telekom Führungskräfte über einen längeren Zeitraum bespitzelt.

Offenbar wurden bei der Deutschen Telekom Führungskräfte über einen längeren Zeitraum bespitzelt.

Foto: AFP, AFP

Der Konzern hatte in der vergangenen Woche selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und Unterlagen in erheblichem Umfang übermittelt. Unternehmenschef René Obermann kündigte derweil harte Konsequenzen an. Die Bundesregierung sicherte ihm ihre Unterstützung zu. Welchen Umfang die Affäre tatsächlich hat, blieb zunächst noch ungewiss.

Obermann sagte der "Bild"-Zeitung, falls sich die aktuellen Vorwürfe bewahrheiteten, widerspräche dies klar dem Verständnis der Telekom von Datenschutz. An die Adresse der Kunden sagte Obermann: "Die Daten unserer Millionen Mobilfunk- und Festnetzkunden sind sicher." Fälle von Fehlverhalten im Konzern "müssen aufgeklärt werden und harte Konsequenzen nach sich ziehen".

Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hat die Telekom mehr als eineinhalb Jahre lang Telefon-Verbindungsdaten eigener Manager und Aufsichtsräte auswerten lassen, um unliebsamen Kontakten zu Wirtschaftsjournalisten auf die Spur zu kommen. Damit sollten in den Jahren 2005 und 2006 undichte Stellen aufgespürt werden, die heikle Informationen aus den Führungsgremien weitergegeben hatten.

Die Telekom erstattete nach den Worten eines Sprechers am 14. Mai "de facto Selbstanzeige" bei der Bonner Staatsanwaltschaft, nachdem der Vorgang bekanntgeworden sei. "Die Anzeige ist das härteste Schwert, das wir als Unternehmen haben", unterstrich der Sprecher das Bemühen des Konzerns, die Affäre aufzuklären.

Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren

Die Bonner Staatsanwaltschaft prüfte am Montag noch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Strafrechtlich könnte es unter anderem um die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses gehen.

Unklar waren zunächst sowohl Auftraggeber als auch Umfang der Bespitzelung. Aus Unternehmenskreisen hieß es am Montag, möglicherweise seien die Verbindungsdaten nicht nur von Managern oder Aufsichtsräten vornehmlich der Arbeitnehmerseite überprüft worden. Möglicherweise erstreckte sich die Aktion auch auf Verbindungsdaten von Journalisten, die über die Telekom berichteten, beziehungsweise auf Daten von Firmenhandys der einschlägigen Publikationen.

Telekom-Vorstandsvorsitzender war in der fraglichen Zeit Kai-Uwe Ricke, Aufsichtsratsvorsitzender der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel. Ricke war im November 2006 von Obermann abgelöst worden. Nach einem Bericht des "Handelsblatts" soll der Auftrag zu der Aktion von Zumwinkel gekommen sein. Im "Spiegel" ließ dieser ab wissen, "die behaupteten Datenspeicherungen", falls es sie gegeben habe, seien nicht mit seinem Einverständnis erfolgt.

Das Bundesfinanzministerium begrüßte in Berlin die von der Telekom eingeleiteten Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Finanzminister Peer Steinbrück sei von Obermann rechtzeitig zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft informiert worden, sagte Ministeriumssprecher Torsten Albig. "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist das ein schwerer Vertrauensverlust, der umgehend aufgeklärt werden muss", erklärte Albig.

(ap)
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