Grafenrheinfeld Eon will Kernkraftwerk vorzeitig abschalten

Düsseldorf · Der Energiekonzern Eon will das Atomkraftwerk im bayerischen Grafenrheinfeld schneller abschalten als theoretisch möglich. Der Leistungsbetrieb solle Ende Mai 2015 und damit rund sieben Monate vor dem gesetzlich vorgesehenen Laufzeitende eingestellt werden, teilte Eon am Freitag in Düsseldorf mit.

Zur Begründung verwies das Unternehmen auf die "mangelnde Wirtschaftlichkeit" des Kernkraftwerks. Nach Unternehmensangaben wurden die Bundesnetzagentur und der Netzbetreiber am Freitag über das Vorhaben informiert. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte eine "sorgfältige und wasserdichte Prüfung" der Auswirkungen der geplanten Stilllegung auf die Versorgungssicherheit in ihrem Bundesland.

Eine Eon-Sprecherin sagte AFP, im März 2015 hätten bei der dann anstehenden planmäßigen Revision neue Brennelemente eingesetzt werden müssen. Für die Monate danach müsste der Konzern dann etwa 80 Millionen Euro Kernbrennstoffsteuer zahlen. Das sei neben den Kosten für die Brennelemente der Hauptgrund für die frühere Stilllegung. "Ein primärer Punkt ist die Drosselwirkung der Brennelementesteuer."

Überlegungen zu einem vorzeitigen Aus des Akw waren bereits in der vergangenen Woche bekannt geworden. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte sich besorgt geäußert. Nach Angaben Aigners vom Freitag ist die Abschaltung im Frühjahr 2015 nach Einschätzung der Bundesnetzagentur aber beherrschbar, sofern dabei bestimmte netztechnische Vorkehrungen getroffen werden. "Ich erwarte, dass dies jetzt nochmals 'wasserdicht' abgesichert wird", ergänzte die Ministerin.

Der Netzbetreiber Tennet erklärte dazu, er werde die Auswirkungen auf die Netzstabilität wie gesetzlich vorgeschrieben prüfen. "Aktuell" gehe er davon aus, dass die Versorgungssicherheit nicht gefährdet sein. Tennet-Chef Martin Fuchs warnte aber vor den Kosten durch etwaige Stabilisierungsmaßnahmen. "Eine durch die vorzeitige Stilllegung von Grafenrheinfeld notwendige sehr deutliche Erhöhung von Eingriffen in den Markt würde auch diese Kosten stark ansteigen lassen." Diese würden von den Stromverbrauchern getragen.

Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn kritisierte Eon für die Ankündigung. Der Konzern versuche, "zusätzliches Geld für den Weiterbetrieb des Akw Grafenrheinfeld bei den Stromkunden herauszuholen". Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßte die Abschaltung, blieb aber skeptisch. "Das Aus für das Akw Grafenrheinfeld ist hoffentlich keine Nebelkerze, um hintenrum Geld für den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks zu bekommen", erklärte der Vorsitzender Hubert Weiger.

Große Energiekonzerne wie Eon und RWE kritisieren die Kernbrennstoff- oder Brennelementesteuer seit langem. Sie war im Jahr 2011 zeitlich befristet eingeführt worden und wird fällig, wenn Uran und Plutonium in Reaktoren zur kommerziellen Stromerzeugung eingesetzt werden. Die Firmen klagen dagegen auch vor Gerichten.

Nach derzeitigen Planungen läuft die Brennstoffsteuer erst Ende 2016 aus. "Für Grafenrheinfeld ist daher angesichts der verkürzten Restlaufzeit eine vorzeitige Stilllegung auch im Interesse der Aktionäre des Unternehmens unumgänglich", erklärte Eon.

Auf das Akw Grafenrheinfeld im Landkreis Schweinfurt entfallen nach Eon-Angaben 14 Prozent der bayrischen Stromerzeugungs-Kapazität. Der Reaktor liefert seit 1981 Strom. Nach dem Atomausstiegsgesetz, das die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin nach dem Unglück von Fukushima beschloss, verliert die Anlage zum 31. Dezember 2015 ihre Betriebserlaubnis. Spätestens dann müsste sie abgeschaltet werden. Dem Gesetz zufolge werden bis 2022 alle Akw stillgelegt.

(dpa)
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