Von den Colts bis Vikings Das waren die neun Höhepunkte der NFL-Saison

Düsseldorf · Die Minnesota Vikings haben 2022 ein historisches Comeback und auch das beste Spiel des Jahres geliefert. München veranstaltete das erste Spiel in Deutschland. Die Colts machten einen TV-Analysten zum Cheftrainer. Das und mehr waren die Highlights der regulären Saison der NFL.

 Seahawks-Receiver DK Metcalf im Duell um den Ball mit Jamel Dean von den Buccaneers beim NFL-Spiel in München.

Seahawks-Receiver DK Metcalf im Duell um den Ball mit Jamel Dean von den Buccaneers beim NFL-Spiel in München.

Foto: AP/Matthias Schrader

Für 18 der 32 NFL-Teams ist die Saison 2022 vorbei – denn sie haben sich nicht für die Play-offs qualifizieren können. Doch auch sie haben während der 17 Spiele umfassenden regulären Saison dazu beigetragen, dass es wieder viel Spektakel gegeben hat. Wir haben einige Höhepunkte gesammelt.

Minnesota Vikings mit historischem Comeback

In der NFL legt man sich Statistiken gerne mal so zurecht, dass sie beeindruckend und nach etwas Historischem klingen. Überspitzt könnte es zum Beispiel heißen: Die Minnesota Vikings sind das erste Team, das an einem Samstag im Dezember nach einem Rückstand von 33 Punkten zur Halbzeit noch in der Verlängerung gewonnen hat. Doch dieses Comeback der Vikings gegen die Indianapolis Colts am 17. Dezember war wirklich historisch, ganz ohne unnötige Kriterien wie dem Wochentag. Der 39:36-Sieg nach 0:33-Pausenrückstand war nämlich das größte Comeback der 102-jährigen NFL-Geschichte. Das lag zuvor bei 31 Punkten. Diese fantastische Aufholjagd der Vikings war zudem ein weiterer Tiefpunkt einer katastrophalen Colts-Saison. Aber dazu später mehr.

Damar Hamlin erholt sich nach seinem Herzstillstand

Es war ohne Zweifel der schlimmste Moment der NFL-Saison: Damar Hamlin von den Buffalo Bills bricht nach einer normalen Verteidigungsaktion gegen die Cincinnati Bengals plötzlich zusammen und muss noch auf dem Feld reanimiert werden. Doch das schnelle und perfekte Eingreifen der Teamärzte verhindern das Schlimmste: Nicht nur Hamlins Leben kann gerettet werden, auch neurologisch trägt der 24-Jährige keine Schäden davon. Schon Tage nach dem Vorfall erholt er sich im Krankenhaus rasant, kann bald wieder selbstständig atmen und auch wieder sprechen. Es war ein Horror-Szenario aufgezeigt worden, das letztlich so gut wie eben möglich ausgegangen ist. Bereits am vergangenen Sonntag beim Sieg gegen die New England Patriots drückte er seinem Team vor dem Fernseher die Daumen.

Das erste NFL-Spiel in Deutschland

Die NFL ist in den vergangenen Jahren auch in Deutschland immer beliebter geworden, das erste Spiel auf deutschem Boden am 13. November in München war daher folgerichtig. Drei Millionen Menschen hätten nach Angaben der NFL gerne ein Ticket gekauft. Am gesamten Wochenende war die Münchner Innenstadt fest in der Hand von tausenden NFL-Fans, die gemeinsam eine riesige Party feierten. Der Höhepunkt war dann der 21:16-Sieg der Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks in der Allianz Arena. In der kommenden Saison gibt es direkt die nächste Auflage der NFL in Deutschland – diesmal in Frankfurt. Und es gibt sogar Spekulationen über eine zweite Partie.

NFL in München: Eine Stadt im Football-Fieber
15 Bilder

München im NFL-Fieber

15 Bilder
Foto: Stefan Janssen

Das Spiel des Jahres: Buffalo Bills gegen Minnesota Vikings

Die Aufholjagd der Vikings gegen die Colts war nicht die einzige dieser Saison. Die Männer in Purpur und Gold lagen auch gegen die Bills zwischenzeitlich mit 10:27 hinten, gewannen aber noch 33:30 nach Verlängerung. Was das Spiel darüber hinaus besonders machte, waren die unglaublich vielen Highlights. Vikings-Receiver Justin Jefferson konnte man den Ball irgendwo hinwerfen, er pflückte alles runter. Selbiges galt auch für Stefon Diggs von den Bills. Bei Minnesotas Aufholjagd entscheidend waren dann ein 81-Yard-Touchdown-Lauf von Dalvin Cook sowie ein Fumble der Bills Sekunden vor dem Ende, den die Vikings zum 30:27 in der Endzone sicherten. Buffalo reichten aber 41 Sekunden, um selbst nochmal zu punkten und die Verlängerung zu erzwingen – wo dann wiederum die Vikings gewannen.

Unfassbare Catches

Odell Beckham Jr. hat „der beste Griff aller Zeiten“, wie es in einer TV-Werbung so schön hieß, zum Star gemacht. Doch dieser Catch aus dem Jahr 2014 ist in dieser Saison gleich mehrfach getoppt worden. Da wäre zum Beispiel der eben angesprochene Justin Jefferson, der in besagtem Spiel gegen die Bills einen Pass in Beckham-Manier mit einer Hand fing, während aber der Gegenspieler seine beiden Hände ebenfalls dran hatte. Doch Jefferson war stärker und hielt das Ei sogar fest, als er auf dem Boden aufprallte. Für viele solcher Highlights sorgte auch Pittsburgh-Steelers-Rookie George Pickens, vor allem mit seiner unglaublichen Akrobatik-Einlage gegen die Cleveland Browns. Das war aber noch lange nicht alles; unglaubliche Catches wie den von Beckham 2014 sah man in dieser Saison viele. Langweilig wurden sie nicht.

„Mr. Irrelevant“ deklassiert Tom Brady

Der als letztes ausgewählte Spieler eines jeden NFL-Drafts wird „Mr. Irrelevant“ genannt, weil er in der Regel selten überhaupt einen Kaderplatz bekommt und noch seltener eine aufsehenerregende Karriere hinlegt. Er ist eben häufig „unbedeutend“. Nicht so Brock Purdy, wie es scheint. Der Quarterback war „Mr. Irrelevant“ 2022, als er von den San Francisco 49ers in Runde sieben an 262. Stelle ausgewählt wurde. Doch aufgrund von Verletzungen durfte – oder musste – Purdy dann plötzlich doch ran, seit dem 13. Spieltag ist er Stammspieler bei den 49ers – und hat seither jedes seiner sechs Spiele gewonnen. Gleich sein zweites war das gegen Altmeister Tom Brady, dessen Buccaneers er mal eben mit 35:7 auseinander nahm. San Francisco geht nun mit Purdy in die Play-offs - mal sehen, wozu der Rookie noch in der Lage ist.

Joe Mixon mit fünf Touchdowns in einem Spiel

So richtig in Fahrt gekommen waren die Cincinnati Bengals vor dem 9. Spieltag noch nicht. Vier Siege standen vier Pleiten gegenüber. Dann aber trug sie Joe Mixon zu einem 42:21-Sieg über die Carolina Panthers, wobei ihm fast Historisches gelungen wäre: Mixon erzielte nämlich vier Touchdowns per Lauf und einen weiteren, indem er einen Pass fing. Dabei verpasste er nur knapp den Rekord von sechs Touchdowns in einem einzigen Spiel. Mit diesem Sieg im Rücken ging es für die Bengals in die spielfreie Woche, danach blieben sie unbesiegt.

NFL: Chiefs, Rams, Vikings, Patriots etc. - woher die Namen stammen
34 Bilder

Daher haben die NFL-Teams ihre Namen

34 Bilder
Foto: AP/Charles Krupa

TV-Analyst wird Cheftrainer

Es ist eine der verrücktesten Geschichten dieser Saison. Seit 1997 ist Jim Irsay Besitzer der Indianapolis Colts und noch nie hat das Team in dieser Zeit einen Cheftrainer während der laufenden Saison gefeuert. Das änderte sich 2022, als Frank Reich nach einem enttäuschenden Saisonstart bereits im November gehen musste. Das Verrückte kommt aber erst noch: Irsay holte als dessen Nachfolger Jeff Saturday, der einst erfolgreich als Spieler der Colts aktiv war, als Trainer aber keinerlei nennenswerte Erfahrung vorzuweisen hatte. Er arbeitete zu diesem Zeitpunkt als NFL-Analyst für den TV-Sender ESPN. Irsay sagte bei der Vorstellung Saturdays, er sei froh darüber, dass dieser keine Erfahrung habe, denn so habe er auch nicht „die Angst gelernt“, die mit dem Coaching in der NFL irgendwann komme. Der Besitzer ließ sich zu weiteren bizarren Aussagen verleiten, die für viel Kopfschütten sorgten. Geholfen hat der Trainerwechsel wenig, die Colts gewannen zwar ihr erstes Spiel unter Saturday, verloren dann aber ihre letzten sieben mit teils sehr peinlichen Auftritten. Die Saison der Colts war ein einziges Chaos.

J.J. Watt macht Schluss

Die meisten NFL-Spieler machen ihr Karriereende erst nach Ablauf der Saison bekannt. J.J. Watt, einer der besten Verteidiger, den die Liga je gesehen hat, machte es jedoch ein paar Wochen vorher öffentlich, nachdem er sein letztes Heimspiel absolviert hatte. So bestritt er seine letzten beiden Spiele in Atlanta und San Francisco und damit den einzigen beiden Stadien, in denen er zuvor noch nicht gespielt hatte. Schon bevor sein eigenes, letztes Spiel am Sonntag begann, wurde es für ihn emotional, als ihn ein Bild aus Pittsburgh erreichte: Dort spielen seine beiden Brüder Derek und T.J. und beide trugen bei der Ankunft an ihrem Stadion jeweils ein Trikot mit der „99“ von J.J. Watt. In seinem letzten Karriere-Spiel gelangen Watt dann auch noch stilecht zwei Quarterback-Sacks und er beendet die Karriere mit 114,5. Zwei Minuten vor dem Ende verließ er unter tosendem Applaus auch der gegnerischen Fans und Spieler (San Franciscos Tight End George Kittle hüpfte mit erhobenen Armen auf und ab) und mit tränenden Augen das Feld. Ein ganz großer Spieler bekam seinen verdienten Abschied.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort