Olympische Winterspiele in Peking So steht es um die Chancen der deutschen Biathleten

Düsseldorf · Im Biathlon-Weltcup lief es für die deutschen Herren zuletzt wieder recht erfolgreich. Die Frauen laufen jedoch der Konkurrenz deutlich hinterher. Die frühere Top-Biathletin Uschi Disl rechnet trotzdem damit, dass das deutsche Team bei Olympia eine gute Rolle spielt.

Biathlon Olympia 2022 - Kader: Die deutschen Teilnehmer für Peking
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Das ist der deutsche Biathlon-Kader für Olympia

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Foto: AP/Matthias Schrader

Die deutschen Biathletinnen gehören in diesem Winter nicht zu den Dauergästen auf den vorderen Plätzen. Die Leistungen am Schießstand sind nicht konstant gut und auch in der Loipe sind die Deutschen nicht schnell genug, um zuverlässig mit den Topleuten um die Podestplätze zu laufen. Denise Herrmann konnte noch nicht überzeugen, Franziska Preuß fiel über mehrere Wochen verletzt und wegen einer Corona-Infektion aus. Damit setzt sich der Abwärtstrend der vergangenen beiden Saisons in der erfolgsverwöhnten Wintersportdisziplin fort. Und das in der Olympia-Saison.

Bei den Männern hat sich das nach Weihnachten deutlich geändert. Benedikt Doll zeigte sich stark verbessert, wurde Zweiter im Sprint von Ruhpolding und gewann den Massenstart in Antholz. Auch Erik Lesser lief unter die Top Ten, ließ dann den Weltcup in Antholz aus, um vor Olympia noch mal Kraft zu tanken. Zu den Top-Favoriten für Olympia gehören sie dennoch nicht.

Aber müssen die schwankenden Leistungen mit Blick auf die Winterspiele wirklich Sorgen bereiten? Im deutschen Team ist man zumindest nach außen hin gelassen. Schon vor der Saison ist niemand im Deutschen Skiverband (DSV) davon ausgegangen, dass ihre Biathletinnen oder Biathleten den Weltcup dominieren könnten. Zudem betonten alle Trainer immer wieder, dass der Fokus auf Olympia liegt.

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Und auch Deutschlands einstige Top-Biathletin Uschi Disl glaubt, dass mit deutschen Biathletinnen und Biathleten in Peking durchaus zu rechnen ist. „Bei Olympia kann sich das Blatt komplett wenden. Da hat schon so manche aufgetrumpft, die vorher nicht zur Weltspitze gehörte und so mancher Favorit hat Nerven gezeigt“, sagt Disl.

Nicht als Favorit zu dem Saisonhöhepunkt zu fahren, sei ohnehin immer von Vorteil. „Dann ist die Anspannung weniger, du kannst dich voll auf den Wettkampf fokussieren und ihn entspannt angehen, was das Wesentliche bei Olympia ist“, sagt Disl. Ihr selbst sei es 1998 in Nagano so gegangen, als sie vor Olympia richtig schlechte Wochen hatte, schon abgeschrieben war und dann drei Medaillen holte.

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Bei den Frauen sind weiter Herrmann und Preuß die Hoffnungsträgerinnen auf Podestplätze, daran hat auch die bisherige Saison nichts geändert. „Bei den Männern sind Benni Doll und Erik Lesser sehr erfahren und können immer eine gute Rolle spielen“, ist sich Disl sicher. „Benni Doll kann fünf Treffer wahnsinnig schnell schießen, und dann hat er mal wieder drei Fehler“, da komme es dann auch auf die Tagesform an. Herrmann und Preuß sieht Disl vor allem in der Loipe stark. „Ihnen kann man ruhig eine Medaille zutrauen“, sagt sie optimistisch.

Herrmann zeigte zum Saisonstart stark schwankende Leistungen und zog sich dann kurz vor Weihnachten und auch nach dem Jahreswechsel zum Lauf- und Höhentraining zurück, ließ dafür Weltcups aus. Sie sagt ganz offen, dass sie ihre Saison bewusst anders aufgeteilt hat als im Vorjahr. Zu Olympia will sie in Topform sein. Dafür waren schon vor der Saison Auszeiten und Höhentrainings eingeplant. „Zu unseren Zeiten gab es noch keine so individuelle Vorbereitung. Da sind wir als Team gestartet und haben uns gemeinsam auf die Höhepunkte vorbereitet. Heute ist das anders“, sagt Olympiasiegerin Disl.

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Foto: afp

Dass sich Herrmann in der Höhe vorbereite, kann sie aber verstehen. „Da muss jeder selbst in seinen Körper hineinhören. Wenn man spürt, dass man in der Höhe Anpassungsschwierigkeiten hat, dann ist das der Weg, den man wählen muss, um besser vorbereitet zu sein. Auch die Norweger und Schweden trainieren dieses Mal vor Olympia viel in der Höhe.“ Für andere sei es wiederum wichtig, in der Wettkampfroutine zu bleiben. „Ich bin zum Beispiel immer lieber bis zum Schluss alle Wettkämpfe gelaufen, um die Situation, mit hohem Puls am Schießstand zu stehen, zu haben“, sagt Disl.

Insgesamt müsse man dem jungen deutschen Team Zeit geben. „Nach den Erfolgen in den 90er Jahren sind die Deutschen ja sehr verwöhnt. Nach unserer Ära hatte man das Glück, dass es bei den Frauen immer ein Ausnahmetalent gab, aber die gibt es nicht wie Sand am Meer“, betont Disl, die in ihrer neuen Heimat Schweden selbst Kinder und Jugendliche im Biathlon trainiert.

Deswegen sei es nun nicht verwunderlich, dass die jungen Athletinnen und Athleten erst Erfahrungen im Weltcup sammeln müssten, um dann erfolgreich zu werden. „Im Weltcup muss man sich mit den ganzen anderen Abläufen, dem Rummel und den Medien erst zurechtfinden. Es ist leicht, gut zu sein, aber schwer, gut zu bleiben“, sagt Disl. Denn der Druck werde mit dem Erfolg immer größer.

Genau deswegen hofft sie, dass Biathletinnen wie Anna Weidel die Chance bekommen, sich im Weltcup zu entwickeln, um dann irgendwann auch bei Olympia um Medaillen zu laufen.

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