Eröffnungsfeier in Peking Ein perfider Versuch der Täuschung

Meinung | Düsseldorf/Peking · Der offizielle Start der Olympischen Spiele in Peking war so, wie ihn Kritiker im Vorfeld erwartet hatten: zynisch und verlogen. Der Höhepunkt war die Entzündung der Flamme durch eine uigurische Langläuferin. Das Signal an die Welt: Seht her, hier wird niemand benachteiligt.

Olympia-Eröffnungsfeier 2022: Die schönsten Bilder von der Eröffnungsfeier der Winterspiele
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Die Bilder von der Eröffnungsfeier in Peking

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Es ist der Höhepunkt einer jeden Eröffnungsfeier bei Olympischen Spielen. Am Ende der Zeremonie wird die Flamme entzündet, die zwei Wochen lang im Olympiastadion der jeweiligen Ausrichterstadt brennt und die Aktiven an den olympischen Geist erinnern soll. Auch in Peking war es ein Höhepunkt – allerdings auf perfide Art, die einer heuchlerischen Eröffnungsfeier die Krone aufsetzte.

Es war der chinesischen Langläuferin Dinigeer Yilamujiang vorbehalten, zusammen mit einem nordischen Kombinierer, die Flamme in eine riesige Schneeflocke zustecken. Wo das Problem liegt? Dinigeer Yilamujiang ist Uigurin, kommt aus der Region Xinjiang, in der laut Berichten von Nicht-Regierungsorganisationen Hunderttausende ihrer Volksgruppe in Internierungslagern festgehalten und gefoltert werden. Das war ein klares politisches Statement der chinesischen Regierung bei den laut IOC-Präsident Thomas Bach doch so unpolitischen Spielen. Die klare Botschaft, die Präsident Xi Jinping und dessen Volkspartei in die Welt senden wollte: Die Menschenrechtslage ist doch gar nicht so schlimm.

Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking war also genau das, was viele Kritiker im Vorfeld erwartet hatten: eine Schönfärberei der Lage. Keine Frage, die Show sah toll aus, aber Anspruch und Wirklichkeit klafften weiter auseinander als eine schmelzende Gletscherspalte in den Alpen.

Was sollen von dieser Eröffnungsfeier die Menschen denken, deren Freiheit, deren Rechte, ja deren Leben die Staatsmacht mit den Füßen tritt, die sie interniert oder einschränkt? Schöne, bunte Welt?

China wollte mit der Show bescheiden wirken, verzichtete auf das ganz große Tam Tam. Auch die Flamme, die einfach nur in eine Schneeflocke gesteckt wurde, soll das symbolisieren. Ökologisch und minimalistisch soll es rüberkommen. Dass derweil allein für die Skipisten seit Monaten die Schneekanonen auf Hochtouren laufen und das Wasser aus einem Reservoir 60 Kilometer durch die Berge gepumpt werden muss? Oder das Naturschutzgebiet einfach beschnitten wurde, um die Anlagen für die Spiele zu bauen? Darüber soll hinweggetäuscht werden.

Dazu passt auch, dass China sich die Schneeflocke als Symbol für diese Spiele ausgewählt hat. Ein Gebilde, dass aus vielen verschiedenen kleinen Teilchen besteht. Dazu das Motto: „One World, one family“ – alles geht nur gemeinsam. So soll es rüberkommen. Zynisch, wo doch Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Noch zynischer wird es übrigens, wenn man sich die Spitzen der Flocke genau ansieht. Sie ähneln Olivenblättern, die in China für Frieden und Harmonie stehen. Na dann...

Ach ja, dann war da übrigens noch das Bild von Xi Jinping, dem mächtigen Herrscher in China. Er wurde just dann von den Olympic Broadcasting Services (einer Tochterfirma des IOC, das das Weltbild von den Olympischen Spielen steuert), klatschend in Szene gesetzt, als unten im Stadion die kleine Delegation aus Hongkong einlief, jenem Land, das China wieder unter die eigenen Fittiche nimmt und in dem es die Demokratiebewegung niederschlagen ließ.

Apropos IOC: Präsident Thomas Bach kam bei seiner Rede natürlich nicht aus den Lobessalven für den Gastgeber heraus. „Wir können dieses neue Kapitel der Sportgeschichte nur dank unserer gütigen Gastgeber schreiben, der Menschen in China, denen wir von ganzem Herzen dafür danken, dass sie uns alle so herzlich empfangen haben“, sagte er. Kritische Worte? Suchte der Zuhörer vergebens – wie schon seit Jahren.

Und bei all dem lief im Hintergrund der legendäre Song „Imagine“ von John Lennon, in dem er singt: "And the world will be one" – „und die Welt wird eins sein“. Perfider und verlogener geht es nun wirklich nicht mehr.

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