Doping-Experte bei WM in Russland unerwünscht Politik fordert nach „skandalösem“ Einreiseverbot für Seppelt Reaktion der Fifa

Berlin · Die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, Dagmar Freitag, hat die Verweigerung eines Visums für den ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt für die WM in Russland heftig kritisiert und den Weltverband in die Pflicht genommen. Auch andere Politiker werden deutlich.

„Ich bin gespannt, wie Herr Infantino jetzt darauf reagiert. Schließlich gibt die Fifa ja vor, die Einreise von Journalisten zur WM ermöglichen zu wollen“, sagte SPD-Politikerin Freitag am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Fifa mit ihrem Präsidenten Gianni Infantino hatte tags zuvor bestätigt, Seppelt die Akkreditierung für das WM-Turnier gewährt zu haben. „Wir streben immer an, Medienvertretern die besten Voraussetzungen zur Berichterstattung über alle Fifa-Turniere zu bieten“, hatte der Weltverband mitgeteilt.

Russland hatte das Visum für den Investigativ-Journalisten für ungültig erklärt und diesem die Einreise zur WM verweigert. Seppelt stehe auf einer Liste der in Russland "unerwünschten Personen". Hintergrund für die Aktion ist offenkundig die Aufdeckung des Staatsdopingsystems in Russland, an der Seppelt maßgeblich beteiligt war. Sein Film "Geheimsache Doping: Wie Russland seine Sieger macht" hatte die Aufdeckung des russischen Dopingskandals zur Folge.

Via Facebook hatte Freitag, die auch Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag ist, die Entscheidung Russlands als „nicht nur völlig ungerechtfertigt, sondern geradezu skandalös“ bezeichnet. Die Tatsache, dass Seppelt das russische Dopingsystem ans Licht gebracht habe, werde ihm jetzt offenbar zum Verhängnis, sagte Freitag.

„Einmal mehr macht das Vorgehen der russischen Behörden aber deutlich, was es für den Sport bedeutet, internationale Topveranstaltungen an Staaten zu vergeben, in denen Meinungs- und Pressefreiheit bestenfalls auf dem Papier existieren“, kritisierte die Sportausschuss-Vorsitzende.

Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, forderte Russland auf, das Einreiseverbot für Seppelt aufzuheben. "Russland sollte die Verweigerung des Visums für Herrn Seppelt korrigieren", sagte der CDU-Politiker dem Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntagausgabe), "sonst entsteht der begründete Verdacht, dass Russland entweder etwas zu verbergen oder ein Problem mit Transparenz und Fairplay im Sport hat oder beides."

Vor Röttgen hatte auch Stephan Mayer, der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), das Einreiseverbot scharf kritisiert. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte er: "Ich persönlich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass die russische Regierung entschieden hat, Hajo Seppelt, einen der unbestritten profiliertesten Sportjournalisten Deutschlands, nicht zur Fußballweltmeisterschaft einreisen zu lassen."

Dies sei ein "denkbar schlechter Vorbote für eine objektive und unabhängige Berichterstattung im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft", sagte Mayer, der im Bundesinnenministerium für den Bereich Sport zuständig ist.

Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel sieht nun den Weltverband in der Verantwortung. „Die Fifa hat betont, welchen hohen Stellenwert die Pressefreiheit für sie hat. Ich habe volles Vertrauen, dass die Fifa jetzt ihren Einfluss geltend macht, damit Herr Seppelt ungehindert aus Russland berichten kann“, erklärte der DFB-Chef am Samstag auf Anfrage der dpa.

FDP: Außenminister soll sich einschalten

FDP-Chef Christian Lindner forderte beim Parteitag in Berlin Außenminister Heiko Maas (SPD) auf, den Fall Seppelt zum Anlass zu nehmen, der russischen Regierung zu erklären, „was wir unter Presse- und Meinungsfreiheit verstehen“. Der stellvertretende FDP-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki, sagte in der „Welt am Sonntag“: „Außenminister Maas sollte den russischen Botschafter einbestellen und darauf hinweisen, dass auch während der WM eine freie Berichterstattung für Deutschland unabdingbar ist.“

Die russische Seite verteidigte ihre Entscheidung. Seppelt wolle die Reise zur Weltmeisterschaft nur nutzen, um Russland zu verleumden und sich selbst daran zu bereichern, sagte der Abgeordnete Dmitri Swischtschow der Agentur R-Sport. „Was will ein Mensch, der mit Dreck wirft, mit unbestätigten Fakten arbeitet und in Russland nur das Negative sucht?“, kommentierte das Mitglied des Sportausschusses in der Staatsduma.

Seppelt hatte mit seinen Recherchen maßgeblich dazu beigetragen, das russische Doping-System aufzudecken. Moskau hatte die Vorwürfe immer dementiert. Er habe aber nicht mit dieser Reaktion Russlands gerechnet, bestätigte Seppelt dem Portal „Salonkolumnisten“ in einem Interview. „Der Veranstalter ist die Fifa, und ein Vergabekriterium ist der ungehinderte Zugang für Medienvertreter aus aller Welt und eine freie Berichterstattung. Dass in diesem Fall Russland ein Visum verweigert, ist beispiellos“, sagte er.

(areh/dpa/SID)
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