DBS-Gala in Düsseldorf Meilensteine für den Behindertensport

Düsseldorf · Die Ehrung der Para-Sportler des Jahres fand erstmals in der Düsseldorfer Rheinterrasse statt. Andrea Eskau räumte zwei Titel ab. Der deutsche Behindertensport steht besser da denn je, wie der Abend zeigte.

 Andrea Eskau bei den Paralympics 2018 in Pyeongchang.

Andrea Eskau bei den Paralympics 2018 in Pyeongchang.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) hat die Para-Sportler des Jahres 2018 geehrt. Am Samstagabend in der Düsseldorfer Rheinterrasse standen die Helden der Paralympischen Winterspiele in Pyeongchang im Scheinwerferlicht. Andrea Eskau, deutsche Fahnenträgerin in Südkorea und sechsfache Medaillengewinnerin, räumte gleich zwei Titel ab: Die 47-Jährige wurde in der Online-Abstimmung von der Mehrheit der Fans zur Para-Sportlerin des Jahres 2018 gewählt. Und als Mitglied der Para-Ski-nordisch-Staffel, die bei den Paralympics Bronze gewann, nahm Eskau gemeinsam mit Steffen Lehmker und Alexander Ehler auch den Preis für die Para-Mannschaft des Jahres entgegen.

Para-Sportler des Jahres wurde Biathlet Martin Fleig (29). Im 15-Kilometer-Rennen der sitzenden Klasse gewann er paralympisches Gold. Als „Nachwuchssportlerin des Jahres“ setzte sich Denise Grahl (Para-Schwimmen) in Abwesenheit durch. Die 25-Jährige hatte dreimal Gold und einmal Silber bei der Para-Schwimm-EM geholt. „Es war ein großartiger Abend für den Behindertensport“, resümierte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher. Ihn dürfte freuen, wie sehr die Professionalisierung und Akzeptanz des Behindertensports voranschreitet – drei Indizien dafür:

Charakterstarke Sportler

Als Andrea Eskau von ihrem Sieg in der Kategorie „Para-Sportlerin des Jahres“ erfährt, kullern der sonst so abgeklärt auftretenden 47-Jährigen tatsächlich Tränen über das Gesicht. „Jetzt bin selbst ich, einmal im Leben, sprachlos“, stammelte Eskau, die im Sommer als Radsportlerin (Handbike) unterwegs ist und im Winter im Biathlon und Skilanglauf antritt. In Pyeongchang war sie mit zwei Gold-, drei Silber- und einer Bronzemedaille die erfolgreichste deutsche Starterin. Seit einem Fahrradunfall 1998 ist sie querschnittgelähmt. „Andrea Eskau ist das Maß aller Dinge und unglaublich diszipliniert. Sie ist einfach ein Idol“, schwärmte Beucher. Die Fans hatten Eskau deutlich mehr Stimmen als den weiteren Nominierten Anna Schaffelhuber (Para-Ski-alpin), Denise Schindler (Para-Radsport), Anna-Lena Forster (Para-Ski-alpin) und Andrea Rothfuss (Para-Ski-alpin) gegeben. „Ich kann es nicht glauben, die meisten meiner Fans sind in einer Generation, die nicht einmal eine Mailadresse hat!“, sagte Eskau. Sie hat den steten Aufstieg des Behindertensports miterlebt und maßgeblich geprägt: „Mittlerweile werde ich häufig auf der Straße angesprochen. In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich viel getan“, sagte Eskau, die die Sommerspiele in Tokio 2020 längst fest im Blick hat und so auch weiterhin eine gewichtige Rolle als Botschafterin des Behindertensports spielen wird.

Ähnlich wie Heinrich Popow. Der ehemalige Sprinter und Weitspringer erhielt drei Monate nach seinem Karriereende den Ehrenpreis des Deutschen Behindertensportverbandes. Popow, der auch als Teilnehmer der RTL-Show „Let’s Dance“ Bekanntheit erlangte, ist laut Beucher ein „Kümmerer, kritischer Geist und Botschafter des Para-Sports“.

Popow zeigte sich dankbar: „Der Sport hat mir alle Fragen beantwortet, wenn ich nicht weiter wusste. Ich hoffe, ich kann dem Verband viel zurückgeben.“ Und er betonte: „Mit einer Behinderung im Alltag umzugehen, ist quasi schon olympischer Sport.“ Mit stehenden Ovationen bedachten die Gäste die Worte des 36-Jährigen, der als Neunjähriger aufgrund einer Krebserkrankung sein linkes Bein verlor. Dass sich Martin Fleig gegen Top-Konkurrenten wie Makus Rehm durchsetzte, zeigt: Immer mehr Para-Sportler machen sich einen Namen. Nicht wegen ihres Schicksals, sondern dank sportlicher Leistungen.

Förderung und Akzeptanz

Mit elf Millionen Euro wird der deutsche Behindertensport 2019 gefördert – drei Millionen Euro mehr als bislang. Stephan Mayer (Bundesministerium des Innern) lobte den DBS für Sporterfolge und gesellschaftliches Engagement. Er betonte, die Erhöhung der Fördergelder sei eine Chance für die weitere Professionalisierung. Dass Partner und Förderer von behinderten Athleten zahlreicher werden, ist auch erkennbar. Im „Stockheim Team Düsseldorf“ etwa werden Athleten auf Olympia 2020 vorbereitet. Drei Rollstuhl-Tischtennisspieler von Borussia Düsseldorf gehören dem Team an.

Einige Baustellen gibt es aber, die sieht auch der unermüdliche DBS-Präsident Beucher: „Nur rund 20 Prozent der behinderten Menschen in Deutschland treiben Sport. Das wollen wir ändern.“

Der Gala-Abend in Düsseldorf

 Andrea Eskau mit Paralympics-Silber.

Andrea Eskau mit Paralympics-Silber.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Feinste Abendgarderobe, eine Live-Band, rund 400 Gäste und ein festlich geschmückter Saal: Der Rahmen für die Ehrung der Para-Sportler des Jahres war weitaus festlicher als es in den Jahren zuvor der Fall war. Seit 2010 war die Verleihung im Sportmuseum in Köln beheimatet. Der Umzug in die Rheinterrasse nun entpuppte sich als Meilenstein. Selbst genügend Platz für ungewohnt viel Glamour gab es. Nicht nur das Ambiente, auch die Gästeliste lässt auf den Stellenwert der Gala schließen. Oberbürgermeister Thomas Geisel freute sich über das mehrjährige Gastspiel der Ehrung in der „Sportstadt Düsseldorf“. Die FDP-Sprecherin für Sportpolitik, Britta Dassler (MdB), war ebenso angereist wie diverse hochrangige Vertreter deutscher Sportverbände. Nichtsdestotrotz waren es die Athleten, die im Mittelpunkt standen und mit echten Emotionen bewegten.

(ball)
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