Düsseldorf Afghanische Fußballer: Deutschland wird im Strafraum verteidigt

Düsseldorf · In Düsseldorf wurde am Wochenende eine Meisterschaft afghanischer Mannschaften ausgespielt.

Volley nagelt Vahid Ahmadi den Ball in den Winkel. Ein Traumtor aus sechs Metern mit dem schwächeren rechten Fuß, aber der 21-Jährige jubelt nicht. Es ist ja nur das Warmmachen vor dem Finale. Aber Vahid ist glücklich, das ist er immer, wenn er Fußball spielt. "Wenn ich spiele, dann bin ich der wahre Vahid", sagt er. Zu Hause in Afghanistan, da ging das mit dem Fußballspielen nicht so einfach wie an diesem Tag beim Afghan-Cup in einer Düsseldorfer Sporthalle.

Acht Mannschaften, ausschließlich Fußballer afghanischer Herkunft, spielen an diesem Tag eine Meisterschaft für afghanische Fußball-Teams aus. Die Teilnehmer kommen aus Düsseldorf, Neuss, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Ludwigshafen; sogar aus Belgien und Dänemark sind sie angereist. Sie haben sich Namen wie Fortuna Kabul oder Afghan United gegeben. Auf der Tribüne hocken ein paar Zuschauer, die Musik in den Pausen ist zu laut, es riecht nach Schweiß, bei einer Mannschaft kreist Kebabfleisch auf der Tribüne – das ist Amateursport. Es geht um stattliche Pokale. Und darum, Jugendliche und junge Erwachsene durch Sport zu integrieren, sagt Ahlem Seleman. "Sie sollen weg von der Straße, die gibt es nämlich auch in Deutschland", sagt der Organisator des Turniers und Trainer der Düsseldorfer Mannschaft Fortuna Kabul – eine Art Fußball-Sozial-Projekt für afghanische Fußballer in Düsseldorf. Vahid Ahmadi gehört dazu.

Er sitzt auf den roten Holzbänken in der Sporthalle, schaut sich das Halbfinale des Turniers an und denkt darüber nach, wie er hierher gekommen ist. Seine Geschichte ist typisch für viele der rund 56 000 Afghanen in Deutschland. Mit 17 wollte er weg aus Herat, seiner Heimatstadt in West-Afghanistan, weg vom Krieg, raus aus der Perspektivlosigkeit, er wollte lernen, studieren. Vahid reiste illegal nach Deutschland ein und landete im Gefängnis bei der Polizei, die ihn in ein Heim weiterschickte. Trotzdem findet er: "Die Leute waren sehr freundlich."

Doch er war alleine in einem fremden Land, bis ihn Ahlem Seleman vom Düsseldorfer Verein Afghaneurosport in dem Heim Fußball spielen sah. Vahid passte perfekt zu Fortuna Kabul. "Gerade bei ausländischen Jugendlichen kann man mit Sport sehr viel erreichen", sagt Seleman, der so selbst 1983 in Deutschland heimisch wurde. Er nahm Vahid ins Team auf und schickte ihn zum Bezirksliga-Klub Agon 08 Düsseldorf.

Vahid wohnt jetzt im Internat in Düsseldorf-Kaiserswerth. Im Sommer ist er fertig mit dem Fachabitur, er will dann Maschinenbau studieren. "Ich musste extrem viel lernen, um weiterzukommen", sagt er und ahnt: Das mit dem Studium könnte kompliziert werden. Seinen Asylantrag haben sie zweimal abgelehnt. Die offizielle Duldung muss Vahid alle drei Monate verlängern. Aber: Er hat einen Spielerpass. Sein Deutschland verteidigt Vahid Ahmadi im Strafraum.

(RP)
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