Neue Hinweise auf Vergehen von Schleußer Minister soll Chef der WestLB vor Steuerfahndung gewarnt haben

Hamburg/Düsseldorf (dpa/lnw). Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat neue Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen des nordrhein- westfälischen Finanzministers Heinz Schleußer (SPD). Der Staatsanwalt Johannes Mocken sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", es lägen "neue Hinweise" darauf vor, dass Schleußer im Herbst 1996 den Chef der Westdeutschen Landesbank (WestLB), Friedel Neuber (SPD), vor einer Razzia der Steuerfahndung gewarnt habe.

Im "Fall Schleußer" will die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Kürze die Akten übergeben. "Sie sind sehr umfangreich und werden voraussichtlich diese Woche zur Verfügung gestellt", sagte Staatsanwalt Johannes Mocken am Sonntag auf dpa-Anfrage.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch wegen des "Anfangsverdachts", ein Dienstgeheimnisses verletzt zu haben, ein Ermittlungsverfahren gegen Schleußer eingeleitet. Der Minister ist auch Chef der Steuerfahndung. Er will sich gegenüber den Staatsanwälten erst zu den Vorwürfen äußern, wenn sein Anwalt die Akten eingesehen hat, wie Schleußer am Donnerstag sagte.

Nach Informationen der "Welt am Sonntag" lassen Hinweise aus dem Düsseldorfer Finanzministerium und der Staatskanzlei vermuten, dass nicht Schleußer allein als Nachrichtenquelle in Frage kommt. Sowohl der damalige Justizminister Fritz Behrens als auch mehrere Staatssekretäre und der Chef der Staatskanzlei seien "offenbar" vorab von der geplanten Razzia informiert gewesen. Staatsanwalt Mocken betonte jedoch, dass seiner Behörde "ernst zu nehmende neue Hinweise bisher allerdings ausschließlich zur Person des Finanzministers Schleußer" vorlägen. Worum es sich dabei handelt, sagte er nicht.

Im Hintergrund des Falles steht die Frage, ob Schleußer sich wegen eventueller Gefälligkeiten der WestLB zu einem heißen Tipp habe veranlasst sehen können. Der Minister hatte zugegeben, zwei Mal privat die Flugbereitschaft der WestLB genutzt zu haben. Angeblich behauptet die Witwe des damaligen WestLB-Charterpiloten eidesstattlich, Schleußer habe Neuber über die bevorstehende Razzia informiert. Dazu äußerte sich der Staatsanwalt nicht. Gegen den Piloten war vor seinem Tod wegen Steuerhinterziehung ermittelt worden.

(RPO Archiv)
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