Neue pro-europäische Partei Volt „Vor dem Weg zurück zu den Nationalstaaten habe ich Angst“

Köln · Volt ist eine neue Partei, die nicht nur für mehr Europa ist, sondern in jedem EU-Land vertreten sein will. Was möchte Volt sonst noch erreichen? Darüber haben wir mit dem Kölner Fabian Wallenfels gesprochen, der der Partei vor einem Monat beigetreten ist.

 Mitglieder von „Volt“ beim „March For A New Europe“ in Köln am 23. Juni.

Mitglieder von „Volt“ beim „March For A New Europe“ in Köln am 23. Juni.

Foto: Volt Deutschland

Herr Wallenfels, was verbinden Sie mit Europa?

Fabian Wallenfels Für mich ist Europa 50 Jahre Frieden und Wohlstand, der für unsere Generation total selbstverständlich ist. Auch wenn wir jetzt alle meckern, was in Europa nicht richtig läuft – man darf nicht vergessen, was uns Europa gebracht hat. Noch mein Großvater hat im Krieg auf Franzosen geschossen, das ist für mich unvorstellbar und darf nie wieder passieren!

Ist das heutige Europa für einige von uns zu selbstverständlich geworden?

Wallenfels Wir haben es nie anders kennengelernt, aber seit knapp fünf Jahren wird dieser Zustand massiv bedroht durch die populistischen Tendenzen. Der Brexit war das große Warnsignal. Für diese Werte müssen wir nun wieder kämpfen. Ich habe mich vorher nicht politisch engagiert, aber bei Volt hat es sofort Klick gemacht.

Warum?

Wallenfels Die Partei repräsentiert, wie ich denke und wofür ich brenne. Die Partei hat offene Strukturen, flache Hierarchien. Da habe ich das Gefühl mich einbringen zu können. Volt hat den Charakter eines Startups.

 Fabian Wallenfels engagiert sich seit einem Monat in der paneuropäischen Partei Volt.

Fabian Wallenfels engagiert sich seit einem Monat in der paneuropäischen Partei Volt.

Foto: Volt Deutschland

Welche Idee steckt hinter Volt?

Wallenfels Die Probleme unserer Zeit können nicht auf nationaler Ebene gelöst werden. Die großen Herausforderungen durch Populismus, Migration, Klimawandel und Jugendarbeitslosigkeit, das können nicht Nationalstaaten mit ihrem Egoismus lösen. Auch im EU-Parlament bestehen diese nationalen Egoismen weiter. Gestehen wir uns zu, dass wir dieselben Grundbedürfnisse haben. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten.

Und warum sollte das Volt besser gelingen als anderen Parteien?

Wallenfels Volt gibt es mittlerweile in jedem EU-Staat und in einigen weiteren europäischen Staaten. In einigen Ländern wie Deutschland, Bulgarien und den Niederlanden ist Volt bereits als Partei angemeldet. Wir treten bei der Europawahl 2019 zum ersten Mal an. Das Ziel ist es, in sieben verschiedenen EU-Staaten 25 Europa-Abgeordnete zu stellen. Damit könnte Volt eine eigene Fraktion im EU-Parlament bilden und wäre die erste pan-europäische Partei. Zwar gibt es bereits jetzt Fraktionen im EU-Parlament, aber das sind häufig Sammelbecken von Parteien, die nicht viel gemeinsam haben.

Möchte Volt mehr Befugnisse fürs EU-Parlament?

Wallenfels Genau. Das Parlament soll dann auch die Initiative bei der Gesetzgebung haben. Wir sind auch für EU-weite Steuern. Klimafeindliche Subventionen müssen abgeschafft werden, dafür brauchen wir EU-weite Steuern auf Dinge, die dem Klima schaden. Volt würde auch gegen die Steuerflucht von Unternehmen innerhalb der EU vorgehen. Es braucht ein einheitliches System, wie Steuern berechnet werden.

Lässt sich mit dem Thema Europa noch Politik machen kann? Das schreibt sich zumindest in Deutschland ja keine Partei groß auf die Fahnen.

Wallenfels Davon bin ich überzeugt. Gerade in unserer Generation gibt es eine große Leidenschaft, die gerade erwacht. Vor dem Weg zurück zu den Nationalstaaten habe ich Angst. Beim letzten Mal endete das in einer Katastrophe.

Auf der Homepage von Volt ist zu lesen: „Wir sind weder links noch rechts, wir finden Lösungen.“ Aber eine Haltung haben die Mitglieder schon?

Wallenfels Vorwärts. Links und rechts sind Kategorien von vor hundert Jahren, die massiv ideologisch aufgeladen sind.

Aber in diesen Tagen ist ein Bekenntnis zu Europa doch schon fast links.

Wallenfels Die meisten Mitglieder von Volt waren vorher nicht politisch engagiert. Die, die es vorher waren, decken ein weites Spektrum ab. Rechts sicher nicht, aber alles von links bis Mitte.

Wie will es Volt schaffen, Leute außerhalb der eigenen Filterbubble zu erreichen?

Wallenfels Wir gehen auf die Straße. Wir machen auch so genannte Listening-Touren. Wir befragen die Leute nach ihren Meinungen und Bedürfnissen zu Europa. Da gehen wir nicht nur in die studentischen und bürgerlichen Stadtteile.

Sie waren also auch schon in Köln-Chorweiler?

Wallenfels Das haben wir noch nicht gemacht, aber demnächst gehen wir nach Mülheim. Uns ist aber klar, dass die Zusammensetzung von Volt noch sehr homogen ist. Wie wir da ausbrechen können, darüber diskutieren wir, damit das nicht zum größeren Problem wird.

Viele Leute haben vielleicht gerade dringendere Probleme als die Stärkung Europas.

Wallenfels Europa ist für uns kein Selbstzweck, sondern Teil der Lösung der dringendsten Probleme. Wir wollen ja die nationale Politik auch nicht abschaffen. Nationale Probleme sollen natürlich weiterhin auf der nationalen Ebene gelöst werden. Aber die größten Probleme unserer Zeit, die betreffen uns ja alle und die müssen wir deshalb gemeinsam lösen!

Was lässt Sie glauben, dass es Volt in einem Jahr, also nach der EU-Wahl, noch gibt?

Wallenfels Es gibt viele Vereine, die europafreundlich sind, aber Volt will als Partei Politik machen. Und das sehr lösungsorientiert. Mich begeistert die Idee und die Energie, die da drin steckt.

Mit Fabian Wallenfels sprach Sebastian Dalkowski.

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