Zukunft von CDU und CSU Am Sonntag entscheidet sich das Schicksal der Union

Berlin · In der Frage der Flüchtlingspolitik hat der Koalitionsausschuss keinen Fortschritt gebracht. Nun geht es um das Schicksal von CDU und CSU.

Olaf Scholz (l.), Angela Merkel und Andrea Nahles (r.) auf einem Balkon vom Bundeskanzleramt.

Olaf Scholz (l.), Angela Merkel und Andrea Nahles (r.) auf einem Balkon vom Bundeskanzleramt.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Schwarz-Rot-Gold - ausgerechnet in dieser Kombination von Blazern kommen Vize-Kanzler Olaf Scholz (schwarz), Kanzlerin Angela Merkel (rot) und SPD-Chefin Andrea Nahles (gelb) auf dem Balkon des Kanzleramtes zusammen. Es ist der Moment, in dem die Kanzlerin die beiden SPD-Spitzenpolitiker zum gemeinsamen Koalitionsausschuss bittet. Die Sozialdemokraten mussten noch einen Moment warten, bis die tief zerstrittene Union ihr Vorgespräche beendet hatte.

Die Szene symbolisiert das Ringen der großen Koalition: Zusammenbleiben für Deutschland. Entscheidendes letztes Gruppenspiel. Die SPD-Chefin sagt am nächsten Morgen, man habe „hart verhandelt“, beim entscheidenden Thema, der Flüchtlingspolitik gibt es aber keinen Fortschritt. Ein Ergebnis war auch nicht zu erwarten. Erst hat Merkel beim Europäischen Gipfel am Donnerstag und Freitag noch einmal die Chance, für eine solidarische Lösung bei der Verteilung der Flüchtlinge in Europa zu werben - verbunden mit einer Regelung, welche Länder unter welchen Umständen Flüchtlinge zurücknehmen.

Klar ist aber schon heute, dass Merkel nicht mit einer Lösung zurückkommen kann, die der CSU Bilder von Bundespolizisten bescheren wird, die an der Grenze Flüchtlinge vom Eintritt nach Deutschland abhalten können. Es bedarf also eigentlich eines Kompromisses, der regelt, in welcher Form Deutschland künftig mit bereits anderswo in Europa registrierten Flüchtlingen umgeht, um künftig weniger von ihnen aufnehmen zu müssen. Diesen Kompromiss gibt es aber nicht, noch nicht einmal zu einer gemeinsamen Erklärung oder zu einem gemeinsamen Signal können sich die Verhandlungspartner durchringen.

Für diesen Sonntag hat die CSU-Spitze ab 15 Uhr in München Parteivorstand und Landesgruppe im Bundestag zu einer gemeinsamen Krisensitzung zusammengetrommelt. Solche gemeinsamen Zusammenkünfte der CSU sind selten und dürfen als Alarmwarnung verstanden werden. Zuletzt sah sich die CSU bei der Griechenland-Rettung dazu veranlasst. Am Sonntag wird es offiziell um eine Bewertung der Ergebnisse gehen, die Merkel vom Flüchtlingsgipfel mitgebracht hat. In Wahrheit wird es um die Zukunft der Schicksalsgemeinschaft von CDU und CSU gehen und damit um den Erhalt der Regierung. Die Lage ist ernst, heißt es von allen Seiten und das ist mehr als eine Floskel. Längst laufen hinter den Kulissen Planspiele, wie es im Fall eines Bruchs von CDU und CSU weitergehen könnte.

SPD in einer misslichen Lage

Die CDU tagt gleichfalls am Sonntag – in Berlin. die Schwesterpartei will sich um 17 Uhr zum Präsidium und um 19 Uhr zur Vorstandssitzung zusammenfinden. Die CDU-Spitze wird auch Merkels Gipfel-Ergebnisse beraten und muss sich dann mit dem Votum der CSU in München befassen. Was macht die Schwesterpartei, sollte die CSU Innenminister Horst Seehofer tatsächlich mit dem Auftrag ausstatten, Zurückweisungen an der deutschen Grenze sofort in Gang zu setzen? Dobrindt, der Scharfmacher, hält bislang unbeirrt daran fest, dass ein Bundesinnenminister an deutschen Grenzen geltendes Recht umsetzen müsse. „Das ist seine Aufgabe.“ Auch im Koalitionsausschuss ließ er sich nicht davon überzeugen, dass die direkte Zurückweisung von asylbegehrenden Flüchtlingen an der Grenze durch Polizeigewalt weder deutschem noch europäischem Recht entspricht.

Nach dem Säbelrasseln der Vorwoche gab es in den vergangenen Tagen zumindest eine verbale Abrüstung von Seiten der CSU. „Ich sehe, dass diese verantwortungslose Verrücktheit, diese Fraktionsgemeinschaft, die eine Erfolgsgeschichte ist, in Frage zu stellen, auch bei der CSU einer besseren Einsicht weicht“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), unserer Redaktion. Manche in der CDU allerdings halten die versöhnlicheren Töne der Schwesterpartei für Taktik.

Der Unionsstreit wirbelt auch die Arbeit des Bundestags durcheinander. Die Haushaltswoche wird um einen Tag nach hinten verschoben, damit am Montag auch noch einmal die Fraktionen zur Flüchtlingsfrage tagen können. Sollte es zu einem Bruch der Unionsfraktion kommen, wird dieser dann an diesem Tag wohl vollzogen. In einer misslichen Lage ist die SPD. Sie kann nur abwarten, was bei den Beratungen der Union herauskommt, und dann braucht sie eine schnelle Taktik - entweder als Reaktion auf den Kompromiss oder als Krisenplan, wenn es knallt.

(qua)
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