Debatte über Flüchtlinge Opposition zitiert Seehofer während des WM-Spiels in den Bundestag

Berlin · Während Millionen das WM-Spiel der Nationalmannschaft verfolgen, streiten CDU, SPD und Grüne darüber, ob Deutschland Flüchtlinge von der „Lifeline“ aufnehmen sollte. Die Reihen im Bundestag sind an diesem Nachmittag dünn besetzt - das nutzt die Opposition direkt aus.

Horst Seehofer im Bundestag.

Horst Seehofer im Bundestag.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Auf Antrag der Grünen hat der Bundestag am Mittwoch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) während des WM-Fußballspiels Deutschland gegen Südkorea zur Teilnahme ins Parlament beordert. Die Grünen-Politikerin Steffi Lemke begründete den Antrag damit, dass die Bundesregierung während der Aktuellen Stunde zum Thema Seenotrettung, "bei der es um Leben und Tod geht", nicht ausreichend vertreten sei. Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia Roth unterbrach daraufhin die Sitzung, um mit dem Innenminister Kontakt aufzunehmen. Seehofer habe sich mit Blaulicht auf den Weg gemacht, hieß es.

Nach rund einer Viertelstunde betrat Seehofer daraufhin den Plenarsaal und nahm auf der Regierungsbank Platz. Das Pikante an dem Antrag war, dass die Debatte während des Spiels der deutschen Nationalmannschaft gegen Südkorea stattfand. Abgesehen von den Grünen waren die meisten Fraktionen nur schwach im Plenum vertreten, so dass die Opposition über die Mehrheit verfügte.

Anlass der von der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde war das tagelange Tauziehen um die "Lifeline". Das Schiffe war tagelang mit rund 230 aus Seenot geretteten Flüchtlingen im Mittelmeer unterwegs, ohne einen Hafen anlaufen zu dürfen, bis Malta schließlich einlenkte. Am Abend legte das Schiff im Hafen von Valletta an.

Unterstützer und Gegner der Flüchtlingsretter im Mittelmeer stritten sich lautstark im Bundestag. Michael Brandt von der Linkspartei rief den Abgeordneten der Union mit hochrotem Kopf zu: „Hören Sie endlich auf, diese mutigen Leute wie Kriminelle zu behandeln.“ Thorsten Frei (CDU) lobte daraufhin ironisch Brandts „kabarettreife Leistung“. Er sagte, Schiffbrüchige müssten zwar gerettet werden. Sie hätten aber keinen Anspruch darauf, an ein europäisches Ufer gebracht zu werden. Die sogenannten Seenotretter ermunterten die Migranten durch ihre Tätigkeit, ihr Leben auf dem Meer zu riskieren. Den Abgeordneten der Linken, die seine Rede pausenlos kommentierten, rief er zu: „Quatschen Sie nicht die ganze Zeit dazwischen, das ist ja unerträglich.“

Auch Aydan Özoguz (SPD) und Luise Amtsberg (Grüne) lobten die Besatzung des Rettungsschiffes „Lifeline“. Özoguz sagte: „Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie man diese Menschen hier kriminalisieren kann.“ Das Schiff eines deutschen Hilfsvereins erhielt am Mittwoch die Erlaubnis, einen maltesischen Hafen anzusteuern. Das Schiff soll aber beschlagnahmt werden.

Unklar ist, wohin die Flüchtlinge kommen. Mehrere Länder haben angekündigt, dass sie einige Migranten aufnehmen. Deutschland wird dagegen nach den Worten von Seehofer keine Menschen von der "Lifeline" aufnehmen. Das Schiff habe die Einfahrtgenehmigung nach Malta erhalten, zudem hätten sich acht EU-Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt, sagte Seehofer im Bundestag. "So dass sich jedenfalls nach momentanem Stand eine Handlungsnotwendigkeit für die Bundesrepublik Deutschland derzeit nicht ergibt." Die Regierung werde das aber "sehr im Auge behalten". Sie werde sich auch künftig von dem Grundsatz "Humanität und Ordnung" leiten lassen.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittag noch gesagt, die Bundesregierung prüfe die Aufnahme eines Teils der 230 Menschen auf dem Schiff. Darüber seien Gespräche in der Bundesregierung im Gange. Seehofer sagte, man müsse abklären, wie man einen Präzedenzfall verhindere. Eine weitere Frage sei, was mit dem Schiff und der Besatzung geschehe. „Über die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen entscheiden nicht die Schlepper, sondern demokratisch gewählte Regierungen.“ Der Bundesinnenminister betonte, durch eine mögliche Aufnahme der 234 Migranten von der „Lifeline“ in Europa dürfe kein „Präzedenzfall“ geschaffen werden.

(wer/dpa/rtr/AFP)
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